Thema:
Karriere und Zocken - meine Gedanken flat
Autor: tralalu
Datum:24.05.19 01:47
Antwort auf:Das Leben verspielt von Optimus Prime

Hi,
toller Schrieb, und sehr umfangreich, weswegen ich jetzt auf die Schnelle gar nicht auf alles eingehen kann und unbedingt muss. Nur kurz zum Thema Arbeit und Zocken:

Es ist ja doch oft so dass in vielen Bereichen, bei fortschreitender Karriere (Promotion zähl ich da mal dazu) die Arbeitsprojekte langwieriger, schwieriger und komplexer werden - und wie du schon richtig schreibst die Erfolgserlebnisse seltener, härter erkämpft, aber deswegen leider nicht automatisch befriedigender werden, auf eine unintuitive Weise (quasi der inverse Dark Souls Effekt :) Man kämpft und kämpft und kämpft, aber statt Euphorie ist oft am Ende höchstens Erleichterung da, dass nur "wenig" schief gegangen ist. Und das ist ja der Positivfall, Projekte gehen natürlich auch oft schlecht aus, und dann muss man sich erst aus den dunklen depressiven Katakomben der Karriere, Schritt für Schritt rausziehen.

Deswegen find ich es komplett richtig und wahrscheinlich auch gesund dass das, was du und ich von Games in der Freizeit erwarten und "rausziehen", sich mit der Zeit wandelt. Wo früher, in der Schule, in der Uni oder bei frühen Jobs der schnelle Zock und das gewonnene Online match am Abend ausgereicht haben, um nen schlechten Tag uff Maloche wieder aufzuhellen, bringt mir das als instant "Erfolgsersatz" heutzutage so gut wie nichts mehr. Dazu hab ich mich als Mensch zuviel verändert, und haben sich meine Ansprüche verschoben, nach dreißig Jahren Zocken. Deswegen passiert es mir nur noch sehr, sehr selten dass ich ein Spiel als Erfolgssubstitut überhaupt noch in Betracht ziehe. Es bringt mir inzwischen soger mehr Befriedigung, ein Hosenloch zu stopfen, als ein für mich belangloses Spiel aus Komplettierungszwang einzuschmeißen! Peinlich, wenn das mein jüngeres Ich wüsste...

D.h. ich zock nur noch...
a. Zur Entspannung (entweder gemütlich wie bspw. Reiten in Zelda, Autofahren in GTA oder hochkonzentriert in Quake3, Ikaruga, Ridge Racer etc)

b. sozial (eh klar)

c. wenn ich ein Spiel wirklich interessant finde, also zB innovativ, individuell, persönlich (Indiegames!)

Im Umkehrschluss habe ich absolut KEINERLEI Geduld mehr mit Durchschnittsware! Dafür gibt es einfach zuviel richtig geiles Zeug im Leben (Games, Filme, Bücher, Serien, und natürlich dieses ominöse Real Life) als dass ich auf die bescheuerte Netflixempfehlung höre und mir eine dieser furchtbar durchschnittlichen Zeitverschwendungsserien angucke, und mit Games geht's mir genau so. Ein Game muss mich entweder entspannen oder erheben. Ich hab da auch keine Skrupel mehr Sachen abzubrechen wenn ich merke dass es mir weder Entspannung noch Erleuchtung bringt, lieber ein Game ist nur Geldverschwendung, als Geldverschwendung UND Zeitverschwendung.:D
Andersherum bin ich sehr geduldig geworden mit Sachen die vielversprechend sind, aber vielleicht roh und "schlecht" in der Umsetzung.

Deswegen versteh ich total dass man mehr und mehr Befriedigung aus kreativeren Hobbies bekommt, oder einfach aus dem Erlernen von neuen Dingen. Nach Jahrzehnten des Zockens ist man halt einfach erfahren, anspruchsvoll und nicht mehr so leicht zu überraschen. Ein neuer Impuls von außen kann da Wunder wirken.
Ich bin ja der Überzeugung dass zu den schönsten Sachen die man haben kann, die Entdeckung und die Überraschung gehören (also, natürlich die positiven!) Eine Entdeckung die man nicht vorhersehen konnte, ein Glück das nicht erwartbar war, eine schöne Überraschung die vielleicht nicht direkt "verdient" ist. Das kann ein evolutionäres Detail sein wie eine interessante Balancing-entscheidung im neuen Smash Bros, etwas großes und revolutionäres wie bspw Resident Evil 4 damals, oder einfach ein Genre an Games was man bisher gar nicht richtig ausprobiert hatte (Landwirtschafts Simulator2 in da house!). Oder eben ein komplett neues Hobby! Aber rein statistisch ist es doch wahrscheinlicher, überrascht zu werden wenn man ab und zu was neues ausprobiert. :)

(Sidenote: Es ist schwierig sich selbst ne schöne Überraschung zu bereiten, aber es ist wahnsinnig simpel jemand anderem ne schöne Überraschung zu machen. Deswegen ist ja Wichteln so geil, sogar mit Schrott :)


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