| Saugeil - Wird besser und besser |  |
So, jetzt mal ein paar ausführlichere Eindrücke.
Ich bin in der Story noch nicht irre weit, was aber auch daran liegt, dass ich mir wirklich Zeit lasse und das Spiel genieße.
Ich erledige Nebenaufgaben, die ich im Camp bekomme oder mir unterwegs per Funk angeboten werden, säubere Camps von Plünderern und Rippern, fackele Infiziertennester ab oder streife in Geisterstädtchen im Mondschein von Haus zu Haus und erledige ein paar Freak(er)s. Es gibt immer was zu tun, überall ist was los, und trotzdem kann man alles in Ruhe angehen ohne gehetzt zu werden.
Die Missionen sind bislang schön abwechslungsreich und werden durch verschiedenste Aufgaben gut aufgelockert. Camps räumen, jagen, Kopfgeldmissionen, Verfolgungen, Lauschangriffe, Sammelkram, Sabotagen, dieses und jenes.
Mag sein, dass sich früher oder später vieles wiederholt, aber wie soll es auch anders funktionieren? RDR und GTA machen seit jeher nichts anderes und ja, beide lassen sich aufgrund der Struktur imho gut mit Days Gone vergleichen.
Das Crafting flutscht angenehm schnell on the fly, auch während der Fights. Ein Klick ins Wahlrad, Kategorie anwählen und Item per R2 herstellen, sofern Material vorhanden ist, fertig.
Wenn man also sieht, dass 3 Freaker auf einen zurennen und es unweigerlich zum Infight kommen wird, kann man instant per Overlay-Menü Heil-Items herstellen, benutzen oder auch bspw.seinen Baseballschläger mit Nägeln pimpen, um effektiver die Gegner zu plätten. Die Zeit wird dabei extrem verlangsamt, man hat aber nicht unendlich Zeit…
Ich hatte vor ein paar Posts mal angemerkt, dass irgendwas mit dem Surround-Sound nicht funzt. Lag daran, dass per default das "Setup" auf Stereo eingestellt ist. Sieht man aber nicht ganz einfach direkt im Sound-Menü, sondern dort nochmal unter einem kleinen Untermenü versteckt. Wenn man da dann aber unter den zahlreichen Formaten sein Setup auswählt, in meinem Fall 5.1 ...Bämmm!
Ich könnte mich im Spiel irgendwo einfach nur hinstellen, am besten Nachts, in irgendeinen Wald, die Anlage aufdrehen und genießen. Herrlich, wenn dann ein Unwetter aufzieht, der Wind durch die Bäume rauscht, peitschender Regen einsetzt und ein fettes Donnergrollen durchs Zimmer läuft, während irgendwo hinter einem ein Freaker kreischt, der einen erspäht hat. Nur. Geil.
Klasse auch die Musik, die bei Bedrohung durch Horden einsetzt, bei Annäherung an ein Feindes-Camp oder beim Auftauchen eines Riesen-Bären. Alleine akustisch wird dadurch extrem viel an Stimmung erzeugt und ein echter Mehrwert durch perfekte Surround-Abmischung geschaffen. Gegner sind exakt zu orten, drohende Gefahr von hinten kommt druckvoll durch die Boxen. Gierig grunzende Meuten hinter einen reichen für einen noch festeren Druck auf den Sprintbutton. Da möchte man sich nicht umsehen ;)
Die Waffen klingen geil, haben Druck und hören sich mächtig an, sowohl die eigenen als auch der Gegner. Explosionen hauen rein und vermitteln den Eindruck von Zerstörung. Nach der Explosion einer Rohrbombe oder Granate prasseln anschließend schon mal irgendwelche Teilchen vom Himmel. Richtig, richtig gut.
Was mir hier spielerisch so gut gefällt ist die Möglichkeit, die Aufgaben soweit es geht so zu lösen, wie man es möchte, ohne in ein zu enges Korsett gesteckt zu werden. Ich kann weitläufig eine Annäherung an mein Ziel planen, wenn mir der Weg durch die Mitte zu heiß ist. Ich kann „Verstärkung“ ins Banditencamp mitbringen, indem ich ein paar Freakers dorthin locke. Oder ich lasse meine Gegner, ob Mensch oder infiziert, per Schuss durch einen vergifteten Armbrustpfeil aufeinander losgehen und sich quasi selber aus dem Spiel nehmen. Schön gelöst, schöne open World.
Die Dynamik und taktische Finesse, die sich oft während der Fights entwickelt, erinnert mich sehr oft an TLoU. Auch da konnte man geschmeidig durch Türen, Fenster und Treppenhäuser jumpen, während man vom Gegner gehetzt wurde. Der Übergang von harten, offenen Straßen-Shootouts zu nahtlosen Häuserkämpfen und Stealth-Kills ist schön fließend. Es gibt immer eine Option, den Kampf zu seinen Gunsten zu entscheiden.
Im Laufe der Zeit gibt es hier und da Fähigkeitspunkte, die man überlegt einsetzen sollte, um neue Skills entsprechend seinem Spielstil anzupassen. Ich habe recht früh Focus, also die kurzzeitige Bullet-Time gewählt sowie die Fähigkeit, seine Nahkampfwaffen mit gefundenem Material reparieren zu können, was einen wirklich runden und schönen Kreislauf aus Fights, Loot und Waffenpflege ergibt.
Schön ist auch einfach nur die Welt an sich. Da ist so herrlich viel modelliert und hingebaut, das sieht nicht nach Baukasten oder irgendwie generisch aus. Überall liegt was rum, die Welt erzählt dadurch ihre eigene Geschichte und sieht aus wie aus einem Guss. Ich spiele auf der Standard-PS4 und bislang läuft alles wirklich sehr, sehr rund. Ich kann aber allen Base-Usern nur empfehlen, die Konsole einmal neu zu starten, wenn es doch mal plötzlich stark ruckeln sollte. Nach ein paar Stunden und vielen Starts aus dem Sleep-Modus hatte ich plötzlich Performance-Einbrüche, sobald ich mit dem Bike fuhr. Direkt nach einem Reeboot der Konsole lief aber alles wieder smooth und absolut sauber. Also, mal im Hinterkopf behalten, wenn’s plötzlich hakt.
Das Spiel ist nicht perfekt, es hat hier und da kleine Macken wie plötzlich tonal veränderte Dialoge, KI-Aussetzer (Wachen sehen tote Kameraden nicht, die plötzlich noch labernd neben ihnen standen) und hält allgemein nicht mit dem im Gegensatz dazu unfassbaren Polish und den wahnwitzigen KI-Routinen eines RDR2 mit. Ist aber alles verschmerzbar, weil es spielerisch kaum juckt und durch seine kleine Ecken und Kanten seinen eigenen Charme hat.
Ich habe mich lange nicht mehr so aufs Zocken gefreut wie mit diesem Spiel. Auch anderswo habe ich diesen Satz schon oft gelesen, aber wenn man von der Thematik auch nach dem drölfzigsten Anlauf noch nicht genug bekommen kann, sollte man sich das Spiel wirklich mal anschauen. Es macht nichts wirklich schlecht und ist bei weitem nicht perfekt, hat dafür aber so viele hervorragende Kernelemente und entwickelt einen tollen Sog.