Thema:
Re:Andere Meinung unerwünscht! flat
Autor: Sven Mittag
Datum:07.04.19 07:25
Antwort auf:Andere Meinung unerwünscht! von spinatihero

ARGH... ich frage mich, ob selektive Wahrnehmung und Argumentation eine Krankheit unserer Zeit ist oder dies einfach nur durch das Internet stärker wahrgenommen wird. Anyway:

Als Valve Steam auf den Markt brachte, profitierten Sie davon, dass mit Half-Life 2 sich die meisten PC-Spieler genötigt fühlten, den Client zu installieren, da Valve ihn eben verpflichtend gemacht hat und trotz Gemoser über die hinlänglich bekannten Probleme von gekauften Nutzngslizenzen niemand auf dieses Ausnahmespiel verzichten wollte. Hierbei hat es sich aber eben um das EIGENE SPIEL GEHANDELT. Niemand würde sich wirklich beschweren, wenn Fortnite exklusiv ist.

Valve selber hat ansonsten zum Pushen von Steam noch teilweise die eigenen Spiele (CS, Team Fortress und Half Life 1 samt Addons) verschenkt. Aber nicht in dem Ausmaß wie Epic momentan, da meist nur über sehr kurzen Zeitraum oder an die Alpha- oder Beta-Tester von Steam. Fremdsoftware über Valve selbst finanziert wurde dabei nie verschenkt.

Fremdpublisher wechselten danach (zunächst nur die Kleineren) zu Steam, da aus Publishersicht der Service nur Vorteile bot. Kein Wiederverkaufsmarkt, die Infrastruktur war extrem günstig (nur ein Anteil der Verkäufe, keine Produktionskosten) und eine für die damalige Zeit irrwitzige Marge. Die heute so schlecht dargestellten 70 % waren damals der absoulute Heilsbringer, als Publisher oder Entwickler nicht mal von den 30 % träumen konnten, die sich Valve mehrheitlich einverleibt. Zudem irrst du dich lieber spinatihero: der recht ordentliche Kopierschutz, der über Steam entstand, war ebenso ein gutes Verkaufsargument von Valve. Damals werkelte jeder irgendwie an seinem eigenen Kopierschutz. Die zugekauften waren meist schon zum Zeitpunkt des Spielereleases geknackt und unbrauchbar. Und gerade viele Hardware-gebundene Systeme, die recht gut funktionierten, waren für den Nutzer ein Graus. Wer erinnert sich nicht gerne an die DVD- oder CD-basierten Systeme, die mit vielen Laufwerken erst gar nicht funktionierten (z.B. Bleem!).

Danach sorgte aber vor allem der Service von Valve selbst, dass Sie sich nach und nach das heutige Monopol aufbauten. Nach anfänglicher Scheu nahmen viele Spiele die Vorteile wie einfaches Matchmaking oder Auto-Update (gab es davor nur seeehhrrr vereinzelt) wahr. Und durch die günstige Infrastruktur kamen die Steam-Sales nach und nach und der Nachteil des Wegfallenden Wiederverkaufsmarktes wurde durch sehr günstige Preise nicht mehr so stark wahrgenommen.

Du siehst in dieser Aufzählung kommt eins nicht vor: Exklusivdeals! Valve hat (bekannt) zu keinem Zeitpunkt ein Spiel für sein System exklusiv gekauft. Vielmehr war der Erfolg den günstigen Bedingungen des Systems geschuldet. Und GENAU hier ist das Problem, was eben viele sehen. Bei Epic ist dies nicht der Fall. Die "Vorteile" bei Epic halten sich sehr stark in Grenzen (höhere Marge für den Entwickler und ein geringeres Sortiment und damit mehr Übersicht). Nun entwickeln sie keine tollen neuen Features oder meinetwegen Eigenentwicklungen am laufenden Band, sondern erkaufen sich durch ihr Geld fremde Exklusivtitel und zwingend den Spieler damit zum schlechteren Client, sofern er diese Spielen will.

Deiner Logik folgend, dass Valve dies damals mit den günstigen Konditionen für Entwickler ähnlich getan hat, ist Mumpitz, da hier Epic NICHT die Deals exklusiv einkaufen müsste, sondern eben darauf bauen müsste durch ihre nachweislich besseren Verkaufskonditionen die Entwickler zu ködern.

Da macht halt nur eben keiner mit, da Niemand bei Verstand freiwillig auf den Gewinn über Steam - allein schon wegen der Userbase - verzichten will. Auch die Argumentation, man wolle erst die höheren Gewinne der Anfangsphase zu besseren Konditionen mitnehmen, ist leider ziemlicher Müll. Fälle wie Tomb Raider zeigen eigentlich recht gut, dass zeitexklusive Erscheinungen immer deutlich auf die Gesamtverkaufszahlen gehen. Und gerade bei Ubisoft würde dies absolut null Sinn machen, da es nach der Logik das schlauste wäre, die Spiele zunächst zeitexklusiv nur über den eigenen Store anzubieten (Spiele es die ersten 2 Monate exklusiv über den Ubi-Store), da hier der Gewinn NOCH höher wäre. Infrastruktur ist ja eh da. Und es hat einen guten Grund, weshalb dies kein Publisher bisher versucht hat. Bzw. selbst Microsoft mit ihren Titeln, was diesen Weg angeht, zurück gerudert ist: ES geht massiv auf den Gewinn und macht eben nur Sinn, solange Epic mit ganz ganz vielen Dollern winkt.

Klar, kann man nun sagen: Stell dich halt nicht so an. Epic versucht durch sein Geld eine Abkürzung? Installiere halt den Client und gut ist. Das Problem für mich ist aber wie in einem anderen Post schon gesagt: ich kauf nur eine Lizenz digital. Bei Valve bin ich mir durch das aufgebaute Vertrauen und die Marktmacht sehr sicher, dass ich mein Spiel auch noch in 10 Jahren spielen kann. Ganz ehrlich: den Epic Store mag es in 5 Jahren vielleicht nicht mehr geben und daher würde ich nie einen Euro hier ausgeben.


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