Thema:
Und durch flat
Autor: Slapshot
Datum:20.02.19 09:50
Antwort auf:Kingdom Come - First Person Medieval Sandbox RPG von Pfroebbel

Vorab mein spoilerfreies Fazit mit ein paar Sachen, die ich schon erwähnt habe (System PS4 Pro):

Das Spiel war sperrig
(Schlösser knacken, Alchemie, anfänglich der Kampf, Bogen schießen ohne "Zielhilfe"),

technisch teilweise grausam
(Abstürze, Ladezeiten, nachladende Texturen, ins Bild ploppende Hindernisse - das hat sich bei mir im Laufe des Spiels gefühlt immer mehr verschlimmert, Tiefpunkt war ein Ritt im Galopp in die obere Burg von Rattay - dort angekommen war der ganze Innenhof leer, erst nach und nach sind die ganzen Elemente wie Zelt und Arena ins Bild geploppt),

auch sonst imo keine Schönheit
(NPCs sehr generisch und gefühlt extrem viele Zwillinge unterwegs, Texturen wenn sie geladen sind auch nicht auf der Höhe der Zeit)

und das Speichersystem
(Speichern&Beenden; Speichern&Schlafen oder Retterschnaps)
ist wenigstens nervig.

ABER das war mir bald alles egal, weil mich das Spiel total abgeholt hat. Man wird nicht von Quests erschlagen und die, die es gibt haben eine gewisse Relevanz. Sie wirken sich auf die Spielwelt aus (und wenn es nur der eigene Ruf ist) und wie Charaktere mit einem umgehen. Sie funktionieren selten nach Schema F (reite nach X töte Y und komm zurück), aber die gibt es auch. Und ich hab sie gern gemacht. Schon allein, um den Kampf zu üben. Und wenn man den mal beherrscht, wird man zur unstoppbaren Kampfmaschine. Kann man natürlich auch kritisieren. Nach der steilen Lernkurve war das für mich aber auch ein Stück weit eine Befriedigung.

Dann die Spielwelt. Scheiß auf nachladende Texturen, Ruckler, reinpoppende Hindernisse: die wirkt auf mich zu 100 % authentisch. Die liefert mir ein Bild vom Mittelalter, wie ich es mir selber vorstelle (Quelle: Filme, Bücher, Burgen). Joa, die Sprache wirkt mitunter etwas zu modern ("FICK DICH!"), aber das lass ich als künstlerische Freiheit durchgehen. Manchmal muss halt das Design vor der Authentizität stehen. Geschenkt.

Die Story dient dabei als grobes Gerüst, die Ausgangssituation ist jetzt nicht sooo komplexes Storytelling. Auf der anderen Seite brauch ich keine komplexe Handlung. Ein in sich logischer Rahmen, der alles zusammenhält, reicht mir schon. Ob die Story jetzt durchgehend logisch ist... mei... am Ende ist es halt Open World und man triggert Ereignisse durch das eigene Handeln. Da kann es natürlich passieren, dass die Welt an sich in eigenen Facetten unlogisch erscheint. Ein Problem, das mit dieser Generation wahrscheinlich nicht mehr gelöst wird.

Dann natürlich noch die Spielwelt an sich. Die wirkt lebendig. NPCs gehen ihrer Arbeit nach, abends in die Kneipe. Die Schankmaid arbeitet, bzw. ihre Route ist logisch. Ein Beispiel hab ich ja schon erwähnt. Ins Spiel geschmissene NPCs folgen einer Route. Zumindest gefühlt. So kann ich z. B. NPCs folgen, die ich an Stelle X treffe und die sich dann mit mir an Stelle Y treffen wollen. Reite ich voraus, muss ich warten, bis sie die Strecke zurück gelegt haben.

In einem Fall bin ich auf der Strecke einem NPC begegnet, der mir zuvor entkommen ist. Laut Quest sollte ich ihn an Punkt X stellen. Auf dem Weg dorthin läuft er mir über den Weg und ich konnte die Verfolgung abbrechen, bzw. ihn an Ort und Stelle stellen. Kann natürlich auch sein, dass das ein getriggerter Event war, aber es hat sich unglaublich gut auf die Immersion ausgewirkt.

Auch das Thema Loot fand ich überzeugend. Man findet halt nicht in einem Hasenkadaver ein Schwert und 10 Gold, sondern Fleisch. Und später ein Fell, wenn man den Skill hat.

Tötet man einen Gegner lootet man seine Rüstung, seine Waffen (oder hebt sie vom Boden auf) und vielleicht noch etwas Gold. Man erhält aber nur das, was er wirklich am Leib trug. Super. Zerlumpte Banditen haben halt nur Lumpen, gut ausgebildete Söldner die edlen Rüstungsteile. Die muss man sich dann aber auch erarbeiten.

Das ist auch noch ein kleiner Kritikpunkt: bei den zufälligen Überfällen wird man schon recht früh im Spiel mit zu dem Zeitpunkt übermächtigen Gegnern konfrontiert. Eine Gruppe Kumanen kann schnell die ersten Schritte in die neuen Welt beenden. Eine Flucht klappt auch nicht immer. Bis diese Zufallsevents keine Herausforderung mehr sind, dauert es etwas zu lange. Wer nicht jede Gelegenheit zu speichern nutzt (Betten!!!!), wird sich an mancher Stelle in den Arsch beißen.

Auch etwas nervig fand ich noch, dass manche Quests (zu) wenig erklärt werden. Oder die reinen Sammelquests. Sammle x00 Fleisch für Y. Boah... Die sind vor allem nervig, weil Fleisch extrem schnell verrottet. Realistisch ja. Nervig aber auch. Manchmal sollte man den Realismus dem Spielspaß opfern. Macht man ja auch an anderer Stelle mit den Töpfen voller Essen. Die köcheln auch in Lagern, die schon vor Tagen ausgehoben wurden, munter vor sich hin.

Gut gefallen hat mir auch, dass man sofort sieht, welche Stats sich mit dem neuen Rüstungsteil oder Waffe ändert. Kein umständliches Vergleichsmenü, einfach im Inventar aufrufen anschauen und bei Gefallen anlegen. Dass das bei Truhen nicht funktioniert: schade. Überhaupt Truhen oder Händler. Das Pferd belädt man mit Viereck, die Truhe mit X. Da bin ich manchmal in der Eile durcheinander gekommen. Da hätte es mir besser gefallen, wenn man Gegenstände immer mit der gleichen Taste verschiebt. Noch besser hätte ich es gefunden, wenn man Gegenstände direkt vom Pferd in eine Truhe oder zum Händler hätte transferieren können, statt den Umweg über das Inventar zu machen. Aber das ist jetzt schon niggelig. Gerade das ganze System funktioniert schon relativ gut und besser, als in so manchem AAA-Spiel.

So oder so: Am Ende hatte ich einen Mordsspaß damit.

Der DLC, in dem man seine eigene Siedlung verwaltet, würde mich ja ziemlich jucken. Sind die anderen DLCs empfehlenswert?

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