Thema:
Detroid Become Human (spoiler) flat
Autor: phaxy
Datum:22.12.18 11:18
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 36 von wantan

Boooooooaaah ey.
Man kann jetzt nicht behaupten, dass es zur Scifi-Prämisse noch nicht genug Vorlagen gibt.
Man kann jetzt nicht behaupten, dass zu Begriffen wie "Bewusstsein" nicht genug postuliert und diskutiert wurde.
David Cage schafft es, beides spannungsfrei und weit zu umschiffen.
Stattdessen öffnen Markus' und Karas Stories mehrere Klischee-Konservendosen, so dass mir dort sämtliche Empathie gefehlt hat. Die Charaktere in Connors Strang waren zwar auch mies, aber Connor hat gepasst.

Dabei startet Detroid genau nach meinem Geschmack:
Ein Blick in eine potentielle nicht allzu ferne Zukunft. Das Intro bzw. auch Connors erste Mission macht schon was her. Ich mag es, wenn sich Entwickler einen Kopf machen müssen, wie es in 20 Jahren aussehen könnte; wie sich eine Gesellschaft entwickelt (Makroebene) und wie z.B. einzelne alltägliche Objekte ausstehen können (Mikroebene). Aber nach kurzer Zeit stellt man fest, dass das Worldbuilding sehr oberflächlich ist.
Von der allgegenwärtigen unglaubwürdigen Beziehung zwischen Androiden und Menschen angefangen, und am anderen Ende bei den Zeitungsartikeln. Zweiteres behandelt nämlich genau zwei Dinge: Androiden/Cyberlife rauf und runter und davon losgelöste Themen, die schon im Jahr 2018 in aller Munde sind. So ist es einfach zu unkreativ. Im Zweifelsfall ein bisschen Hologramme hier und "Rassenkonflikt" dort. Fertig ist die Welt.

Markus steigt bei Jericho gefühlt binnen Minuten zum Anführer auf und endet irgendwie in Bibel-Symbolik.
Überhaupt macht Detroid imo zu viel Brimborium, um zu vermitteln, wie groß - oder vielmehr wie bedeutungsschwanger viele Szenen sind.
Und jeder der anderen Charakter-Stories zeigt früher und später Fremdschämmomente, die ich nicht geglaubt hätte anno 2018 nochmal zu sehen. Emotionen mit dem Holzhammer. Hat nicht funktioniert.

Bei den Dialogen kam ich mir auch dezent veräppelt vor.
Wenn das Spiel möchte, dass die Beziehung sich jetzt gerade in eine Richtung entwickeln soll, dann ist es offenbar überhaupt nicht ausschlaggebend, welches der oft kryptischen Dialogoptionen ich wähle.
Ungefähr wie bei Fallout 4. Oder liege ich falsch?

Was Detroid meiner nicht vorhandenen Design-Kompetenzen nach weitaus besser gemacht hätte; eine Beschränkung auf zwei Stories:

Connor gegen Markus oder Connor gegen Kara

Es hätte beiden mehr Raum zum Atmen und zur Entwicklung gegeben, als es jetzt gegenwärtig der Fall ist.
Auch hätten dann vermutlich die einzelnen Szenarien komplexer ausgearbeitet werden können. Auch spielerisch.
Oder wir sparen uns einen interaktiven Gegenpart zu Connor. Vorteil: ich kenne meine eigenen Schritte nicht und hätte wirklich "zu ermitteln". Es würde (Achtung, festhalten) vielleicht tatsächlich sowas wie Spannung entstehen. Kara würde ich im Zweifelsfall komplett streichen.

Ich habe mich sowohl von der Handlung als auch vom spielerischen Part über weite Strecken einfach nur gelangweilt. Und das will wirklich was heißen.
Als sich der Plot zuspitzt war es zwar etwas besser, aber ich gehe davon aus, dass ich auch hier erst wieder QDs Arbeit zu schätzen weiß, wenn ich merke, wie die Handlung auch hätte verlaufen können.

Tja, schon schade.
Von der Präsentation abgesehen ist der Sprung von Heavy Rain gar nicht mal so groß.

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