Thema:
AC: Odyssey flat
Autor: token
Datum:18.12.18 11:38
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 36 von wantan

Durchgezockt liegt natürlich im Auge des Betrachters, ich habe nicht das Maxlevel, auch mein Schiff ist nicht auf Max, mein Log ist noch voll mit Dutzenden Sidequests, auf der Map sind zig weitere Sidequests die ich triggern könnte, und wenn es um die Welt an sich geht sind da auch noch paar Inseln deren Land ich nie betreten habe, und auf denen halt auch weitere Aussichtstürme und weitere Sidequests warten.

Was ich abgeschlossen habe sind zum einen alle Main-Quests die unter dem Punkt "Odyssey" verankert sind. Der Kult ist Geschichte. Ich bin der Numero Uno Kopfgeldjägersöldner. Alle besonderen Tier-Kreaturen, Wunderwerke der Natur und die letzten ihrer Art, sind ausgelöscht. Der Rest interessiert mich nicht mehr.

Odyssey ist als Game eine Art Origins 1.5. Es übernimmt die Ausrichtung von Origins wo es im Kern ein fluffiges Lootgame ist und der ubische Beschäftigungskatalog in ein RPG-Modell geflochten wurde, und den Spam seines Beschäftigungskatalogs besser zu kaschieren weiß.
Hierbei gab es im Grunde an allen Fronten kleine Detailverbesserungen, nirgendwo etwas wirklich bewegendes sondern besserer Feinschliff bei Mechaniken oder etwas höhere Qualität im Telling, speziell bei Sidequests. So dass es dann in Summe all seiner kleinen Verbesserungen dann doch das spürbar bessere Game im Direktvergleich zu Origins ist, aber im Grundgerüst dennoch klar Origins bleibt und seine Ubi-Formel abspult. Wer damit noch nie etwas anfangen konnte, den wird auch Odyssey nicht überzeugen.

Neben diesen Verbesserungen gab es aber auch paar Remodellierungen. Das Kopfgeldprinzip gab es ja etwa schon in Origins, nur war es in Origins etwas endliches, etwas tatsächlich komplettierbares. Odyssey hingegen dreht manche Elemente auf eine Art Endlosschleife. Auch wenn man im Rang der Kopfgeldjäger ganz noch oben kommen kann und so immerhin eine Art sichtbaren Progress haben kann, kommen die Kopfgeldjäger aus dem Endlosgenerator und das hört niemals auf. Im Hinblick auf Eroberungsschlachten gibt es gleich gar keinen Progress mehr sondern nur das Endlosprinzip wo die Eroberung oder Verteidigung eines Landes schlichtweg Loot wirft und das war es und Reset. Auch die Auswirkungen von Eroberungen und Regierungswechsel sind nur Makulatur. Das ist ein Aspekt den ich nicht mag und mit dem ich nichts anfangen kann in einem SP-Game.

Tjoa, und sonst so?
Im Grunde kann ich Odyssey mit dem gleichen Wunsch abschließen wie auch schon Origins. Gebt mir bitte weniger, dafür in höherer Qualität. Die höhere Qualität bietet Odyssey ja im Vergleich zu Origins an, schafft es jedoch nicht die Probleme die so einen Wunsch motivieren zu lösen. Die Welt wirkt recht generisch. Ich hab teils wirklich das Gefühl gehabt eine Live-Action-Version einer Welt zu zocken die irgendjemand in einem Aufbaustrategiespiel wie Siedler zusammengeklickt, und dabei halt eher zweckmäßig unterwegs war. Es gibt Schatzkammern, aber während so eine Komponente in AC2 ein durchdesigntes Highlight war, ist es hier so dass wirklich ALLE gleich ausschauen, sogar strukturell, ich könnte nicht mal mit Bestimmtheit sagen ob gewisse Schatzkammern gar 1:1 wiederverwertet wurden. Und die Welt? Während ich in RDR2 das Gefühl habe, jeder einzelne Grashalm wurde einzeln gesetzt, ist es hier eher so dass ich diese Welt auch einem Random Generator zutrauen würde, und es wirkt auch irgendwo so, nur dass man hier und da halt diese Welt mit paar gezielt gesetzten Grashalmen im post process ergänzt hat, damit den Kohl aber auch nicht mehr fett macht. Auch bleibt dieser Moment aus wo einen eine Siedlung ins Staunen bringt, quasi der "St. Deniz-Novigrad"-Effekt den AC in der Vergangenheit durchaus hatte, hier aber selbst Athen einfach nur ausladender wirkt als andere Siedlungen, aber nichts hat was irgendwie unique ist, quasi der klassische Siedlungsbausatz in größer und das war es auch.
Kennt man eine Insel, kennt man im Grunde alle Inseln.
Und auch das Telling bei den Sides, klar, deutlich besser als der Abfall in Origins, aber dennoch nur das Prädikat zweckmäßig, etwas das von seiner Story tatsächlich so interessant wäre dass es rein durch die Erzählung motiviert ist da eher Nadel im Heuhaufen.

Was mich persönlich qualitativ am meisten gebockt hat, war die Jagd auf den Kult. Im Grunde basiert es auf dem Entdeckermodus, heißt, man bekommt Hinweise, muss aber selbst ein wenig schauen und überlegen und bekommt nicht alles proaktiv angereicht. In Quests ist dieser Entdeckermodus nichts was mich wirklich fordert, die Hinweise sind derart klipp und klar, dass es im Grunde nur darum geht mal kurz auf die Karte zu schauen und dann ist auch klar wo es hingeht, ist man in der Nähe des Triggers meldet sich auch der Adler. Ich mag den Ansatz dennoch lieber als die direkte Enthüllung, zumal es die Karte auch dann sauber hält wenn man zig Sides im Log hat. Aber wirklich spannend ist es dennoch nicht.

Aber beim Kult sind die Hinweise schon etwas kryptischer und die dahinter stehenden Aufgaben etwas abwechslungsreicher. Bei den Ostragon-Rätseln ist es mir schon zu kryptisch und von der Belohnung nicht motivierend genug, die hab ich ignoriert, aber der Kult trifft einen tollen sweet spot aus Anspruch und Machbarkeit und Varianz der Aufgaben.
Davon hätte ich auch gerne mehr gehabt und fand es bedauerlich dass der Content Kultisten zu einem Teil schon in die Quests eingewoben ist, wie auch zu einem nennenswerten durch reinen Zufall abgebaut wird, etwa wenn man ein ausgeschriebenes Kopfgeld beseitigt und dahinter ein Kultist gesteckt hat, oder aus einer Bierlaune heraus einen Staatsführer metzelt, und auch dieser ein Kultist war. Für mich aber dennoch der beste Part von Odyssey, mehr davon bitte.

Jemand hier beschrieb Odyssey als das perfekte Feierabendspiel, das würde ich so unterschreiben. Es ist spaßig, fluffig, treibend, nimmt einen aber auch nicht so sehr in Anspruch, kann man immer einlegen und sich auf ordentlichem Niveau unterhalten lassen. Allerdings ist es jetzt auch nicht sonderlich erinnerungswürdig, ich weiß jetzt nicht ob es bei versuchter Objektivität das bislang beste AC ist, dafür es so zu sehen gäbe es durchaus valide Argumente. Aber für mich persönlich war es jetzt nicht das AC das am meisten Eindruck hinterlassen hätte, im Gegenteil, es hat eigentlich obwohl es mich wunderbar unterhalten konnte, recht wenig Spuren hinterlassen.

Insofern würde ich damit schließen, guter Job Ubi, richtige Richtung, aber da geht immer noch mehr.


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