Thema:
The Messenger (Switch) flat
Autor: Shoryuken
Datum:28.11.18 10:07
Antwort auf:Durchgezockt Nr. 36 von wantan

War krank zuhause und hatte die Zeit. Spiel war länger bereits interessant für mich, beim Sale dann zugeschlagen.

Leider habe ich mich relativ schnell gefragt woher die Vergleiche mit Ninja Gaiden oder einem Metroidvania herkommen. Mit beidem hat Messenger IMHO wenig bis gar nichts zu tun.

Zwar beginnt es einigermaßen wie ein altbackener NES-Actionplatformer (ca. 1-2 Stunden lang), relativ schnell wird es allerdings zu einem modernen Vertreter der Sorte Spiel zu denen ich auch Super Meat Boy (und dem Quasinachfolger), VVVVVVV, Love, Kuso usw. zählen würde. 1-3 Screens müssen ohne Tod absolviert werden, danach rettet man sich zum Speicherpunkt. Und so weiter bis man an eine Stelle kommt wo entweder eine Cutscene abläuft, ein Bosskampf stattfindet oder ein Levelübergang stattfindet.

Nennenswerte Fähigkeiten oder Items gibt es kaum welche: den unintuitiven Doppelsprung hat man von Anfang an (Lampen hauen, dann kann man in der Luft nochmal abspringen - kann und muss noch geupgraded werden um das Spiel zu bestehen) und später kommt dann noch ein "Grappling Hook" dazu, der aber nur horizontal funktioniert.

Die Kernmechanik ist effektiv nur das Durchqueren der Welt mit Doppelsprüngen und Haken. Es gibt ansonsten nur noch ein Traversal-Item aber das ist super-situationsspezifisch und selten einzusetzen. Leidiglich der Doppelsprung kann noch etwas erweitert werden. Für mich problematisch: das trägt für ein paar Stunden (die Herausforderungen ziehen nach dem popeligen Anfang relativ zügig an und man absolviert schnell waghalsige Doppelsprung-Kombinationen über bodenlosen oder anderweitig tödlichen Gebieten) aber kann auf Dauer nicht motivieren. Die angepriesene 8/16-Bit Wechsel"mechanik" erscheint auch eher als Augenwischerei, denn der große Aha-Effekt bleibt aus. Oft werden lediglich zugeschüttete Gänge frei und andersherum. Das höchste der Gefühle sind dösige Lite-Puzzles bei dem man mal einen Parkour in verschiedene Richtungen absolvieren muss um einen notwendigen Schalter zu betätigen weil hin und wieder mal in DER ZUKUNFT(tm) eine Plattform existiert die in der Vergangenheit fehlt. Leider lahm.

Erschwerend kommt hinzu das diese Ideen im Verlauf des Spiels wirklich völlig totgeritten werden - denn natürlich (und hier verwechseln Leute wohl Metroidvania mit schnödem Action-adventure) wird man noch drölfzig Mal in die Areale geschickt um entweder "Schlüsselitems" zu holen oder Cutscenes zu triggern. Wie unausgereift das eigentlich ist, merkt man wenn man das dritte oder vierte Mal am gleichen Ort ist und der Spielablauf zu Spielzeitstreckung mutiert. Letztlich läuft es darauf hinaus das man alle Abzweigungen erforscht in denen keine Sammelobjekte liegen (werden auf der Karte angezeigt) und genauer genommen gibt es auch nur 3-4 echte Points of Interest bei denen auch was passiert (an einem sogar mehrfach, was eine identische und extranervige Extratour nach sich zieht wenn man nicht gleich mit allem bepackt antanzt).

Viele Stunden gehen für Backtracking drauf, aber leider ohne den großen Spaßgewinn - bereits absolvierte und "gelöste" Abschnitte werden halt nicht spannender wenn man da noch 17x durchgeschickt werden. Was auch daran liegt das das Spiel keine gute oder besser durchdachte Schnellreise anbietet und es quasi ein Level gibt von dem zuviele andere, relevante Orte zu erreichen sind. So spielt man halt die Anfangssequenz des Spiels immer wieder.

Dem Spiel mangelt es auch ansonsten sehr an Abwechslung, es gibt zwei Sequenzen in denen das "Räume durchqueren"-Gameplay aufgebrochen wird (beides Autoscroller-Abschnitte, yeah!). Eine Sequenz davon ist auch gleichzeitig eine der nervigsten Sequenzen im ganzen Spiel. Ansonsten wie geschrieben die immer gleichen Abläufe mit minimaler Abwandlung und dazu eine handvoll Gegner die auch nicht der Rede wert sind. Einen Grundstock von drei-vier Monstern haben die Entwickler sogar überall untergebracht. Dabei sind die Gegner hier auch nur Teile des jeweiligen Raumpuzzles und keine echten Bewohner eines bestimmten Gebiets. Wenn irgendwo horizontale Feuerbälle gebraucht werden, dann gibt es halt nur das eine horizontalfeuerbälleballernde Monster. Da man aber irgendwann sowieso durch Projektile schnetzeln kann rennt man oft einfach nur durch das Viechzeug durch.

Insgesamt würde ich das Spiel als diesen einen, besoffenen Verwandeten beschreiben mit dem man sich frisch eingetroffen für kurze Zeit unterhält und der sich im Laufe des Abends zutrinkt um dann stundenlang die alten Geschichten aufzuwärmen und letzten Endes nur noch nervt, bevor er endlich nachhause geht. Messenger ist leider genauso, ganz nett am Anfang und wenn man bereit für was Neues ist, dann kommt der eigentlich Schwerpunkt erst - wodurch sich Langeweile breit macht und zumindest ich auch ungeduldig wurde ob das Spiel noch was zu bieten hat (Spoiler: hatte es nicht). Ich empfand zudem viele der Musikstücke tatsächlich nervig, und ein interessanter Effekt war der Wechsel von der (imho) hässlichen faux-8Bit Optik in die sehr gelungene 16bit-Welt - jedes Mal wieder in 8 Bit spielen zu müssen war noch extra Demotivation on top.

Mir haben insgesamt die (auf dem Weg liegenden) Powerseal-Räume am Besten gefallen. Das ist dann Super Meat Boy in Reinkultur, sprich kniffelige Herausforderungen für Gummipunkte. Habe da 25 von 44 oder so geholt, das Spiel nur als lineare Aneinandereihung von diesen Räumen hätte mir deutlich mehr gefallen.

Bosskämpfe waren okay, auch hier wieder die Bosse zu viel / zu lange und teils mit fragwürdigen Zeitfenstern aber besser als das Kerngameplay allemal.

Der langwierige und sich gefühlt nur wiederholende Mittelteil reißt mir das Spiel total runter. War letztlich froh als es endlich vorbei war, gut gemeinte 5/10 von mir. Würde ich nicht nochmal spielen wollen.


< antworten >