Thema:
Re:Also für mich genau andersherum flat
Autor: JPS
Datum:21.11.18 13:32
Antwort auf:Re:Also für mich genau andersherum von token

>Da aber auch nur innerhalb von Missionen, schaust du dir den Erlebnisbericht von hoover2701 an siehste, dass auch er sich frei bewegt und individuell erlebt.

Ich spiele RDR2 auch so ähnlich, bin nach 40 Stunden gerade mal in Kapitel 3, empfinde das Spielerlebnis aber trotzdem nicht so toll wie es im Beitrag von hoover2701 klingt - auch ganz unabhängig von funktionierenden oder nicht funktionierenden RPG-Elementen.

Die erlebte Geschichte ist vom Ablauf schon realistisch und kann so im Spiel passieren, sie hört sie sich aber in dieser niedergeschriebenen Variante IMO besser an, als ich diese kleineren Elemente abseits der Hauptstory im Spiel tatsächlich zum Großteil erlebe.

Wenn ich einen aggressiven Farmer, von dem es im Spiel jede Menge gibt, erschieße, stelle ich mir halt keine komplette Story rund um das Grab seiner Frau und traurigem Hund vor, sondern sehe eher dass der Typ keine Chance hatte und seine Aggressivität daher überhaupt nicht zum Kräfteverhältnis passt. Das ist als würde ein Erstklässler einem Profiboxer ins Bein beißen - allein diese Unstimmigkeit killt für mich schon jeden Ansatz aufkommender Phantasie oder Empathie.

Wenn man es gut schreibt, kann man jedes Spiel so klingen lassen, als würde man darin die tollsten Abenteuer erleben. Das haben ja auch einige dieser Previews gemacht, bei denen sich diese Aufgaben, die sich aus der Spielwelt ergeben, revolutionär angehört haben. Das was ich mir beim Lesen dieser Previews darunter vorgestellt habe, war aber halt - trotz der bereits eher skeptischen Grundeinstellung gegenüber Rockstar - wesentlich mehr als mir das Spiel tatsächlich bietet.

Wobei sich das jetzt vielleicht schon wieder zu negativ anhört - ich hatte auch schon tolle Erlebnisse bei der freien Erkundung, diese kommen aber leider nicht annähernd so häufig, als dass sie mein Spielerlebnis wirklich deutlich prägen würden. Ist eher so, dass ich längere Zeit herumreite, dabei viele von diesen Skript-Zufallsereignissen der Qualität "Schlangenbiss", "Typ am Lagerfeuer" oder "Überfall einer Bande" habe und dann alle paar Stunden Mal wirklich auf etwas stoße, das sich einmalig und außergewöhnlich anfühlt.

Dabei erwarte ich IMO auch gar nicht besonders viel. Eine Mine in der ich nach einer Sprengung einen Goldklumpen und einen Bergarbeiterhelm mit Licht finde oder ein Haus in dem ich eine Mutter um ein besonderes Gewehr erleichtere, während sie mir mit ihren Söhnen droht oder ein Haus in dem sich der Sohn eines gewalttätigen Säufers unterm Bett versteckt, während ich die Bude ausräume, ist dabei schon durchaus ausreichend.

Wobei bei der letzten Stelle schon wieder nicht das möglich war, was ich machen wollte, nämlich dem Sohn den Brief seiner geflüchteten Mutter geben. Man kann das zwar im Dialog ansprechen, aber nicht wirklich mit dem Brief beweisen/untermauern, obwohl das für mich der logischste Schritt wäre.

Irgendwie reizt es mich auch trotzdem gerade noch so viel, dass ich weitermache und auch die Spielwelt abseits der Haupt-Story erkunde, aber es ist halt nicht so, dass mich das irgendwie wegblasen würde oder das Spiel einen echten Sog auf mich ausüben würde, durch den ich jede freie Minute darin verbringen will.

>Ich denke mit ff. trifft DE schon des Pudels Kern wo sich die Geister beim OW-Spiel von RDR2 scheiden:
>Wenn man also keine spielerische Relevanz erwartet sondern nur "Unterhaltung" bietet RDR2 ein gefühlt unerschöpfliches Füllhorn an Abwechslung wenn man einfach nur durch die Gegend streift und die Karte aufdeckt.


Dieses unerschöpfliche Füllhorn an Abwechslung sehe ich leider nicht. Gerade bei der Detailverliebtheit in anderen Punkten und nach Previews/Reviews hatte ich da eine deutlich höhere Erwartungshaltung, die darüber hinausgeht, dass ich im freien Spiel alle 1-2 Stunden mal etwas erlebe was mich halbwegs begeistern kann.

Wirklich begeistert bin ich aber eigentlich nur von der Grafik und von der stellenweisen Detailverliebtheit, nicht von dem was es tatsächlich an spielerischen Möglichkeiten oder regelmäßig an außergewöhnlichen Dingen in der Spielwelt zu entdecken gibt.

>Entsprechend früh hab ich mich in RDR2 ins Missionsspiel geflüchtet um mir zumindest seine inszenatorischen Stärken abholen zu können, aber auch da wurde ich nicht warm sondern mit zunehmender Spielzeit immer wütender, diese Komponente ist dann auch ohne wenn und aber rein spielerisch extrem faul gelöst worden die eigentlich bei jedem Spiel das so drauf ist zu massiven Abwertungen führen würde. Dieser Aspekt ist rein spielerisch noch stumpfer umgesetzt als bei The Order.

Zumindest das funktioniert für mich momentan noch - wenn mir das freie Erkunden zu blöd wird, erlebe ich in den linearen Story-Missionen ziemlich regelmäßig Highlights, die meine Stimmung wieder verbessern. Sicher auch nicht durchgehend, aber deutlich häufiger als bei der freien Erkundung. Die Open World Erwartungshaltung muss man dabei aber halt am Eingang abgeben.


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