Thema:
Re:Boah flat
Autor: KikjaR
Datum:19.11.18 20:08
Antwort auf:Re:Boah von token

>>Absolut. Das Grundkonzept der Gang in RDR2 bietet sich doch förmlich an, den Spielfluß auf mehrere Charaktere zu verteilen. Damit hätte man auch diesen gefühlten Immersionsbruch zwischen OW und Mission abgemildert. Dann kille ich die Hundertschaften von Gesetzeshütern eben mit Hosea, aber der Typ ist halt auch ein emotionsloses Arschloch ohne Moralkompass, da passt es dann auch. Trevor-like eben.
>>Mit Arthur mach ich dann die ganzen Nettigkeiten und Zeuchs was so ein wenig im Graubereich liegt. Dinge eben, die seinen schwankenden Charakter zwischen Loyalität und Eigenständigkeit widerspiegeln.
>>Jagdgedöns kann ich mir wunderbar mit Charles vorstellen. Schließlich ist das seine Welt und er kennt sich am besten in der Natur aus.
>>Und mit Sadie mach ich taffen Frauenscheiß und verhelfe der Emanzipation in dieser Zeit in die Puschen zu kommen.
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>Schön dass du das konkret runtergeschrieben hast (wobei du mit Psycho Micah meintest), dadurch kann ich vor allem etwas reflektieren dass bei mir beim Zocken eher unbewusst passiert ist.


Ahja verwechselt, Micah war's natürlich.

>Wenn ich einen Charakter spiele der aber auch Freiheitsgrade im Verhalten hat, dann bin ich beim Ausleben dieser Freiheitsgrade relativ konsistent. Heißt, mein Charakter hat einen gewissen moralischen Kompass, klar, mal ist er etwas pragmatisch in seinen Entscheidungen, manchmal auch etwas heuchlerisch, aber im Grunde bleibe ich mir so wie ich im Spiel auftrete relativ treu.
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>Ich denke das ist auch relativ normal, hat ja auch was mit Identifikation zu tun. Wenn jetzt ein Entwickler einen Spieler dazu zwingt mit seiner eigenen Rolle zu brechen, dann sorgt das gerne für hohe Wellen. Um mal Rockstar zu verlassen nehmen wir hierfür den Klassiker Last of us. Ich glaube nicht dass in der berühmten Streitszene das Problem ist dass die Spielfigur eine bestimmte Entscheidung trifft, sondern dass der Spieler dazu genötigt wird diese Entscheidung selbst nachzuspielen, obwohl er sie so nicht treffen würde. Ich denke wenn das Spiel diese Entscheidung in einer Filmsequenz zeigen würde, und der Spieler einfach nur mit den Konsequenzen leben müsste, dass die Szene weit weniger polarisiert hätte als sie es tat.
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>Ich zocke nun in RDR2 Arthur als Ehrenmann, und hier ist es nun genau so dass mich die Skripte zwingen aktiv Dinge zu "spielen" die ich so mit Arthur niemals machen würde, was mich wirklich stört und ärgert und die Illusion die ich mir von "meinem" Arthur mache bricht.
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>Und nun GTA5.
>Es ist in Spielen mit Freiheitsgraden im Verhalten auch so, dass ich dadurch dass ich meine Rolle quasi vom Start bis ins Ziel trage auch so, dass ich mich manchmal frage, was wäre wenn? Was sind all die Dinge die ich nicht sehe? Wie wäre wenn ich mich komplett anders verhalten würde?
>Und jetzt wird mir erst richtig bewusst was ich in GTA5 gemacht habe.
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>Durch mehrere Charaktere war es mir in GTA5 möglich alle was wäre wenn Szenarien auszukosten ohne dass meine Illusion von den Figuren und meine Immersion mit der Welt zerbrochen ist. Trevor war ein Psychopath. Ich fand Trevor als der Mensch der ich bin extrem abstoßend. Aber Trevor war auch mein "was wäre wenn"-Vehikel. Wenn ich ihn gesteuert hab, hab ich mich auch wie der allerletzte Hurensohn benommen. Ich konnte all das auskosten was ich sonst niemals gemacht hätte, ohne dabei meine Immersion zu zerstören. Ich hab mein Verhalten einfach seinem Charakter angepasst und das so richtig ausgekostet! Ich war dort wo ich Entscheidungen treffen konnte ein asoziales Schwein, ich hab nur zum Spaß Menschen überfahren, ich habe wahllose Massaker angerichtet, und ich hab mich dabei nur kaputt gelacht und kein bisschen schlecht gefühlt.
>Trevor war einfach eine Projektionsfläche für mein inneres Arschloch.
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>Und jetzt merke ich das erst, und auch, dass ein guter Teil der Abwechslung in GTA5 daraus resultierte, dass ich alle Aspekte des freien Spiels widerspruchsfrei auskosten konnte.
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>Und du hast vollkommen recht mit deiner Aufzählung, durch das Camp sind alle Charaktere mit ihren Schwerpunkten schon da. Wenn RDR2 die Story des Spiels und Metavehikel genau auf diese Charaktere aufgeteilt hätte, es hätte RDR2 wirklich enorm aufgewertet für meinen Geschmack, aller anderen Probleme zum Trotz.


Ja zu allem! Exakt meine ungeschriebenen Gedankengänge.
RDR2 hätte soviel mehr als nur wunderschöne Kulisse sein können.


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