Thema:
Re:Ich habe mit zwei der Game Directors über die Gewalt. flat
Autor: token
Datum:18.06.18 11:34
Antwort auf:Re:Ich habe mit zwei der Game Directors über die Gewalt. von suicuique

>Ich kopiere mal meinen Beitrag von weiter unten auf den niemand geantwortet hat:
>
>Bei Filmen will ich gar nicht widersprechen (siehe zb Gewalt in Filmen von Scorsese).
> Ich bin nur SEHR unsicher ob das in einem interaktiven Medium auch so wirkt wie man es annimmt. Nach meinen eigenen Erfahrungen im persönlichen Umfeld sieht es eher so aus, dass Leute bei denen es den gewünschten Effekt auslösen würde das Spiel links liegen lassen und diejenigen die es kaufen jede Tötung genüsslich auskosten.


Hier erkenne ich mehrere Probleme. Zum einen ein nicht belastbares Bauchgefühl als Gradmesser. Zum anderen die Problematik einer Rezeption die konträr zur Intuition des Werkes liegt, beim Medium Film klein zu reden und beim Medium Spiel aufzubauschen.
Zum Film, Werke wie Full Metal Jacket ist ein Gassenhauer bei einem Publikum dass das nicht zermürbend sondern geil findet, bei einem Starship Troopers ging selbst die Bundesprüfstelle den Weg dem deutschen Publikum hier nicht zuzutrauen den Unterschied zwischen Satire und Nazi-Propanganda zu erkennen, man darf gar annehmen dass dieser Unterschied nicht mal von den Prüfern erkannt wurde.
Und wenn wir zum Film gehen, der unreflektierte Torture Porn war in diesem Medium zeitweilig ein Massenmarkt-Geschäft.

Davon ab sehe ich den Umstand dass es ein Publikum gibt das ob solcher Inhalte eine unreflektierte und verherrlichende Rezeption mitbringt nicht als Problem des Werkes mit der sich die Macher auseinander setzen müssen, sondern als etwas das grundsätzlich immer gegeben ist. Es gibt immer dieses Publikum das solche Inhalte nicht reflektiert sondern feiert, als Entertainment begreift wo Gewalt keinen Kontext hat sondern spaßiger Selbstzweck ist.
Der Treppenwitz ist hierbei, dass auch derjenige der die nun "unangenehme" Gewalt reflektiert, im Kontext von Spielen welche die Massenabschlachtung als Entertainment fahren selbst Teil dieses Publikums ist, das Gore und Geschmacklosigkeiten als gute Unterhaltung feiert.
Und der Grad der dort vollzogenen Explizität ist relativ, wir wissen wo wir herkommen, wir wissen welcher Pixelmatsch früher indiziert wurde, wir wissen wie merkwürdig es war als Gegner plötzlich Einschusslöcher bekamen usw.

Diese technische Entwicklung steht nicht still, dass ein TLoU solche Kaliber rausholen muss um Explizität als verstörendes Vehikel inszenieren zu können, liegt hier vor allem auch daran dass die Explizität etablierter Fungewalt schon auf einem derart hohen Level ist.

Und das ist das meines Erachtens groteske, diesen Umstand weiterhin nicht zu reflektieren, aber dem Spiel dass der Gewalt Intimität und ein Gesicht gibt, und so eben für einen großen Teil des Publikums diese Reflektion ins Gesicht drückt, als problematische Geschmacklosigkeit begriffen wird.

IMO ist es genau umgekehrt, und der eigentliche Vorwurf resultiert daraus dass man in seiner eigenen Heuchelei entlarvt wird, und das nicht möchte. Weil Spiele Spaß machen sollen. Lass mich in Ruh mit dem was ich da tu. Ein ähnlicher Block sind meines Erachtens nach die Jagd-Mechanismen in vielen Spielen welche dann die Rehkitz-Diskussion Triggern, och nö, animal kill, die Schweine, 900 brachialst perforierte Menschengegner im gleichen Spiel sind hingegen usual business. Und im Anschluss das Salami-Brötchen.


Wie gesagt, mich würde hier mal wirklich interessieren wie der Kritiker das "Problem" definiert, und zwar ohne Bauch und Gefühle und ohne Ausblendung dessen was für ihn okay ist, und was das eigentlich ist, was er als okay begreift.


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