Thema:
Viel Qualität auf allen Ebenen aber kein Meilenstein flat
Autor: tHE rEAL bRONCO 2ND
Datum:07.05.18 14:16
Antwort auf:GOD OF WAR - Boy, Play this Game! Yes Sir! #2 von magus

Mich hat God of War richtig begeistert. Von Anfang bis Ende liefert dieses Spiel teils sensationelle Production Values, ein famoses Gameplay und ein gelungenes Narrativ. Nichts ist schlecht, alles ist zumindest gut oder sogar RICHTIG gut. Hey, ich konnte kaum aufhören zu spielen (trotz Arbeit bis zum Umfallen, diverser Termine und privater Verpflichtungen die in den letzten zwei Wochen recht zeiteinnehmend waren) - das alleine sagt alles über die Qualitäten von God of War aus. Zudem konnte ich weder Kratos noch das erste God of War leiden, weswegen ich die Nachfolger gar nicht erst angefasst habe. Dass die aktuelle Inkarnation von Kratos mich so überzeugen konnte, spricht eindeutig für Cody Balrog und sein Team:*

[https://pre00.deviantart.net/d6a9/th/pre/i/2016/038/b/a/balrog_character_select_super_street_fighter_2_by_viniciusmt2007-d9qxy9p.jpg]

Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, einen zeitlosen Klassiker, eine bombenfeste 10/10, oder eben einen Meilenstein vor meiner Brust zu haben. Diesen allerletzten Schritt gehen Atreus und Kratos leider nicht. Dazu sind die für mich wichtigen Elemente dann doch nicht gut genug um mich spielerisch wie emotional über die Main Quest hinaus bei der Stange zu halten.

Ich habe hier im Thread öfters mal eine Referenz auf The Last of Us oder Bloodborne/Souls entdeckt und einiges an God of War erinnernt tatsächlich daran. Allerdings ist speziell The Last of Us immer noch auf einem anderen Niveau, wenn es um die Vermischung von Gameplay & Story/Storytelling zu einem für das Medium herausragenden Gesamterlebnis geht. Ihr seht schon, das ist Kritik auf hohem Niveau und bevor ich hier Äpfeln mit Birnen vermische (denn die Spiele lassen sich nur oberflächlich miteinander vergleichen), möchte ich das an 2-3 Beispielen erklären.

Kampfsystem und Leveldesign sind die zwei wichtigsten Eckpfeiler, die mich bei der Stange gehalten haben. Midgard als Hub und die zahlreichen anderen Abschnitte sind auf Looten, Leveln und Kämpfen ausgelegt. Durch die Wucht der Kämpfe, taktische Vielfalt und den Verzicht auf Backtracking (bzw. wenn es passiert, dann gibt es immer ein spielerisch interessanten Twist, der alte Locations nicht langweilig werden lässt) macht das einfach Spaß ohne Ende. So muss das sein, und ich rechne es dem Spiel hoch an, dass die Kämpfe herausfordernd sind. Auch die "Rätsel" sind spaßig, da sie zwar einfach sind, mich aber nicht für dumm verkaufen. Durch das herausragende Environmental Storytelling mit "jaw-dropping" Momenten ist das einfach ein geiler Mix. Allerdings finde ich hier etwa Dark Souls noch etwas motivierender, da Tode auch wirklich Konsequenzen haben. Der letzte Speicherpunkt ist nicht weit, auf dem zweiten/dritten von vier Schwierigkeitsgraden (ich weiß nicht mehr genau, was ich gewählt habe, ich glaube aber den zweiten, haha) gibt es sogar während der Bossfights Rücksetzpunkte.

Dass die Gegenervielfalt eingeschränkt ist wird aber später zu einem Problem. Da hätte es durchaus mehr sein dürfen als primär rein farblich unterschiedliche Varianten von hundertfach auftretenden Angreifern. Auch gegen Ende fand ich einige Aufgaben (Beispiel: ) eher nervig, da sie sich nach Spielzeitstreckung anfühlen und eher holprig in das Narrativ eingebunden sind. Deswegen war ich zum Schluss auch froh, dass es vorbei war. Ich hatte keine Motivation mehr, die verpassten Sachen zu suchen oder Locations zu finden.

Damit einher geht auch die enttäuschende Belohnung für das Öffnen von optionalen Portalen. Ich habe mir kleine, cool anzusehende Orte erhofft. Bekommen habe ich zwei langweilige Locations, die 1:1 die bisherigen Kämpfe unter schwerern bzw. NERVIGEREN Bedingungen wiederholen. Zumindest soweit ich es probiert habe, denn da hatte ich recht schnell keinen Bock mehr (Beispiele: ). Klar gibt es auch coole optionale Gebiete (Beispiele: ) aber viele der optionalen Aufgaben sind eher durchschnittlich (Beispiele: ). Das alles hat mich nicht motiviert, auch nach dem Abspann unbedingt alles abgrasen zu wollen.

Das Upgrade-/Skill-System hat mich auch nicht überzeugt. Ich wusste nie ob es sich auszahlt, Geld und XP zu sparen oder doch in gefundenes Zeug zu investieren. Oft stand beim Crafting, dass mir dieses und jenes fehlt - ohne zu wissen wo ich das überhaupt herbekomme (mittlerweile weiß ich das allerdings schon). Und nach dem Spiel hatte ich einfach keinen Bock mehr, weil man viel von dem nötigen Zeug für richtig tolle Rüstungen an nervigen Plätzen bekommt (siehe vorigen Spoiler). Mit Metroidvania-Design kann man mich jagen, und da ich das erst nach ein paar Stunden gecheckt habe, fiel die Motivation bzgl. Looten/Leveln deutlich ab. Man kann viele Stellen erst später erreichen, aber nicht immer wird deutlich wann und wieso (jetzt nicht). Kommt man zurück, ist die Belohnung meistens nicht so befriedigend. Das fand ich sehr, sehr schade. Das ist aber wohl eine Frage des Geschmacks. Das löst etwa Bloodborne bzw. Souls etwas interessanter.

Und nun abschließend zur Narration: God of War macht das gut, aber eher durch die Inszenierung als ein tiefgreifendes Verständnis von Erzähltheorien. Da kommt God of War nicht einmal auch nur in die Nähe der Qualität von etwa The Last of Us, verglichen damit wirkt dieses Spiel eher wie eine Michael Bay-Version. God of War reißt mit, hat ein paar nette Ansätze bleibt insgesamt leider zu oberflächlich und plump. Dass Kratos andauernd "Boy" sagt, mag gewollt sein - unabsichtlich komisch ist es aber auch. Die Charakterentwicklung von Atreus riecht man auch Meilen gegen den Wind. Ich habe jetzt keine Lust, einzelne Szenen herauszupicken aber manchmal hat mir der Story-Fokus ein wenig gefehlt. Ja, das Ziel ist simpel und geerdet (bring die Asche rauf auf den Berg) und man erlebt eine emotionale Reise, die auch druchaus mitzureißen vermag. Aber unterm Strich, wenn man genauer über einzelne Charaktere und deren Motiovation nachdenkt, ist das alles recht unspektakulär und konventionell erzählt. Außerdem fand ich es unglaublich unbefriedigend, dass man zum Zuschauen gezwungen wurde, als (HEAVY SPOILER!!!)


* Ja, von videogamedunkey geklaut aber das habe ich mir auch schon vor ihm gedacht :-D


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