Thema:
Meine Reise mit Kratos und Atreus flat
Autor: magus
Datum:26.04.18 17:49
Antwort auf:GOD OF WAR - Boy, Play this Game! Yes Sir! #2 von magus

beginnt schon viel früher als erwartet:

Es war einmal, in einem kleinem Städtchen Names Bad Salzuflen Ende der 80er Jahre.

Mein Vater kannte einen fahrenden Händler, der ihm immer irgendwelche überteuerten Sachen verkauft hat. Darunter befand sich eines Jahres eine Spielkonsole mit PONG und mein Vater, der Ende der 70er nach Deutschland gekommen ist, musste immer den neusten technischen Scheiß haben, weswegen er diese Konsole für mich gekauft hat. Ich kann mich bis heute daran erinnern, wie ich Matches gegen meinen Vater bestritt indem ich wie Wild an diesem Drehregler schraubte um den Pixelball zurückzuschleudern. Es war dieser Moment, in dem ich mich darin verliebte die Macht über Pixel auf einem Bildschirm zu haben. Ich drehte und drehte und die Pixel gehorchten meinem Willen! Ich kontrollierte was auf dem TV zu sehen war und ich staunte Bauklötze.

UNFUCKINGFASSBAR WAR DAS!  

Es war mein Einstieg in die Welt der Videospiele und der Tag an dem ich mein erstes Hobby für mich entdecken konnte. Irgendwann waren dann Videospiele nichts besonders mehr. Jeder spielt Videospiele. Ob am heimischen TV, PC oder am Smartphone. Videospiele waren allgegenwertig und sind inzwischen so normal wie jedes andere Hobby der Welt. Vorbei war die Zeit, in der man schräge Blicke bekam, wenn man gesagt hat, dass man lieber Videospiele spielt, statt nach draußen zu gehen. Jeden Monat, jede Woche, jeden Tag kommen dutzende, hunderte, wenn nicht sogar tausende Spiele auf den Markt, die einem die Macht über Pixel auf einem Bildschirm geben. Viele davon sind richtig gut und noch mehr sind einfach nur schnell produzierte Ware um uns unser Geld aus der Tasche zu ziehen.

Echte Magic Moments wie damals beim ersten Mal mit Chrono Trigger, Super Mario 64, dem T-Rex in der PS Demo, Shen Mue, FFVII, Terranigma, Gears of War, God of War, Resident Evil, Metroid Prime, Dead Rising, Half Life 2 und wie die Spiele nicht alle heißen, die ich niemals vergessen kann. Man muss heute teilweise mit der Lupe suchen um eines diese Spiele zu finden. Das soll nicht heißen, dass ich keinen Spaß mehr an meinem Hobby habe und alle Spiele scheiße sind. Ich bin schlicht der Meinung, dass wir Spiele heute nur noch konsumieren und sie schon lange nicht mehr das Staunen auslösen, wie damals, als ich zum ersten Mal an diesem Drehregler gedreht habe. Deswegen war z.B. Zelda BotW für mich eine Offenbarung, weil es das Kind in mir weckte und ich dieses Spiel wieder mit kindlicher Neugierde an ein Spiel herantrat, statt es einfach nur zu konsumieren und es danach auf einen Stapel zu legen. Das Schaffen wirklich nur wenige Spiele und ich habe das Gefühl, dass es jedes Jahr weniger werden. Ob es jetzt daran liegt, dass ich älter geworden bin oder ob die Spiele einfach nicht mehr das sind was sie mal waren, kann ich gar nicht genau sagen. Ich weiß nur, dass kaum noch ein Spiel wirklich starke Gefühle der Begeisterung in mir auslösen kann.

Und dann kam God of War. (Milde Spoiler aus den ersten 5 Stunden sind unmarkiert)

Fast Forward 20. April 2018. Ich habe mir zwei Tage zuvor God of War im PSN Store vorbestellt. God of War ist so eine Sony Serie, die wohl damals schon total geil gewesen sein soll, mich aber nie wirklich abholen konnte. Lag vermutlich auch daran, dass ich nach der PS2 die meiste Zeit eine Xbox360 hatte und trotzdem die meiste Zeit nur noch am PC gespielt habe. Ich hatte also einen oder zwei Trailer gesehen und war eher gelangweilt als begeistert von denen. „Einfach ein weiterer Sony Titel“ dachte ich mir. Die Diskussionen im Forum waren auch eher verhalten. „Was soll das mit der Kamera und der Junge nervt doch jetzt schon!“ schrien die einen „Wo sind die Blades of Chaos? Ich will keine Scheiß Axt!“ schrien die anderen. Irgendwas weckte aber meine Neugier und ich musste dieses Spiel haben. Ob es die krassen 10/10 Reviews waren (von denen ich nicht ein einziges gelesen, gesehen oder gehört habe) oder einfach langweile und die Hoffnung auf ein gutes Spiel, weiß ich nicht genau. Ist ja auch egal wie ich die Entscheidung gefällt hab, weil dieser Kauf schlussendlich einer der besten meines Hobbies war.

Ich startete dieses Spiel und direkt, von Beginn an, entwickelte sich so ein Sog. Ein Sog der mich packte und mich bis zum Schluss nicht mehr los lies. Ich wusste nicht woran es lag, aber ich konnte einfach nur schwer aufhören es zu spielen. War es die Grafik? Ja klar, super geil aber ich war doch noch nie so ein Grafik Fetischist. Das Kampfsystem? Kenn ich doch alles schon von Darksouls und anderen Vertretern. Die Story? Ja aber Witcher 3 ist eh besser, oder nicht!? Was mir aber immer wieder auffiel, waren die Emotionen, die das Spiel in mir auslöste und die Gänsehaut, immer wieder diese Gänsehaut.  Ich trauerte mit Kratos und seinem Sohn, weil meine Eltern auch schon von uns gegangen sind und ich an den Gesichtern und Stimmen der beiden ablesen konnte, wie schlecht es ihnen damit ging. Ich staunte mit dem Jungen jedes Mal, wenn er irgendwas entdeckte, was ihm seine Mutter mal als gute Nacht Geschichte erzählt hat. Ich machte mir Sorgen um den Ich lachte mit Sindri, Brock und Mimir über ihre Geschichten und empfand Mitgefühl und Sympathie für sie alle.  Ich war wütend, als mich die blöden Gegner umzingelten und meinen Bildschirmtot einleiteten. Ich verspürte das Verlangen nach Rache und Ich freute mich, wenn ich mit meiner Axt endlich dem letzten Gegner der Gruppe den Kopf abschlagen konnte. Ich verspürte Ehrfurcht (und ein wenig Angst) als der World Serpent zum ersten Mal auftauchte und anfing zu sprechen, dass man ganzes Zimmer gebebt hat. Ich hatte echtes Mitleid mit Freya. Ich hasste Baldur. Ich verliebte mich in die Schönheit der Umgebung. (Diese Licht und Partikeleffekte brachten mich immer wieder zum Staunen). Es wird ja oft davon gesprochen, dass einen ein Werk auf eine emotionale Reise mitnehmen möchten und God of War ist bei aller Liebe natürlich nicht der erste Titel der Emotionen in mir auslöst. Irgendwie ist es hier aber anders. Alles fühlt sich greifbarer und näher an und durch das Pacing gleicht das alles einer emotionalen Achterbahnfahrt mit so vielen schwer zu beschreibenden Erlebnissen, dass es schon irgendwie unangenehm ist, das gebotene nicht wirklich in Worte fassen zu können. Einfach auch deswegen nicht, weil man niemanden Spoilern will und man es jedem gönnt genau denselben Spaß an diesem Spiel zu haben. Man ist einfach so nah dran am Geschehen, das man schon total abgestumpft sein muss, wenn man keinen Spaß an der kompletten Reise der beiden haben kann.

Daran ist die natürlich die perfekte Inszenierung des ganzen nicht ganz unschuldig. Mir ist auch erst sehr erst spät klar geworden, dass das ja alles eine einzige Sequenz ist und man eigentlich nur bei Ladebildschirmen nach dem Tod und beim Quicktravel mal einen Cut macht. Zusammen mit dem was aus den Lautsprechern gefeuert wird und was Musik, Voiceacting und Soundeffekte betrifft ist das alles auf einem Niveau, wo sich selbst die besten der besten noch lange was abhören und abschauen werden können. Die ganze Inszenierung ist einfach nur darauf ausgelegt einen zum Staunen zu bringen. Nicht am Anfang, nicht Mitten im Spiel, sondern die komplette Spielzeit über bekommt man immer wieder was vorgesetzt, was einem den Atem raubt. So vieles wirkt wie gemalt, anderes wie von Hand gebaut, modelliert und ins Spiel eingescannt und man erkennt so viele Details, das man sich allein in denen Stundenlang verlieren könnte. Der Sound ist so Over the Top und Glasklar und trotzdem ich hatte nie das Gefühl irgendwelche Samples vorgespielt zu bekommen, sondern alles wirklich auf dem Bildschirm zum Leben erwacht und die Töne wirklich dadurch entstehen, dass hier gerade jemand einen Schlag in die Fresse bekommt.

So manches Mal oft war ich einfach nur sprachlos und saß einfach da, mit offenem Mund und musste erst mal wieder zu mir kommen, weil es mich komplett in sich aufsaugte, dieses Spiel Namens God of War, von dem ich dachte, dass ich hier einfach nur ein gutes Spiel bekomme und niemals erwartet hätte das es mich SO umhaut und ich mir danach die Zeit nehme diesen langen Text dazu zu verfassen.

Last but not least: Das Gameplay, Pacing und das Kampfsystem. Einige haben sich ja beschwert, weil der Anfang viel zu „Insert Random Kritik hier“ rüberkommt. Ja, rückblickend gesehen ist das Tempo am Anfang wirklich das eines Rentners, der gerade an der Kasse zahlen will. Das ist aber IMO auch gut so. Das Spiel nimmt einem Anfangs wirklich erst mal an die Hand und lässt der Geschichte auch Zeit sich zu entfalten. Man wird nicht von a nach b gehetzt, wie zum Ende hin und auch Gegner sind eher rar gesät um einen auch die Zeit zu lassen die Welt, die Umgebung, das Kampfsystem und die vielen Gameplay Elemente zu verinnerlichen und so  erst mal auf sich wirken zu lassen. Während man also anfangs noch viel Zeit hat sich umzuschauen und viele ruhige Passagen kommen, zieht das Tempo zum Schluss richtig an, das Kampfsystem (Ich könnte wahrscheinlich einen genau so langen Post verfassen, nur über dieses Kampfsystem und wie es einen jeden Schlag spüren lässt und das man sich ständig wie mitten drin fühlt und einen Adrenalinschub nach dem anderen auslöst) öffnet sich immer mehr, es wird immer schneller, die Gegner immer werden mehr und härter und man ist wirklich kurz davor zu schreien „ICH WILL AUSSTEIGEN DAS IST EINFACH ZU KRASS UND ZU GUT!“ nur um dann im richtigen Moment die Handbremse zu ziehen um einen die Zeit zu geben, alles was man die letzten Stunden gesehen hat, zu verdauen.

Ich staunte also nicht schlecht als der Abspann über dem Bildschirm flimmerte, ich zum hundertsten Mal eine Gänsehaut bekam und mir auf einmal klar wurde, dass das Kind in mir gerade wieder losgelassen hat. Der Sog war weg und ich wusste nun, dass ich hier etwas besonders erlebt habe, was man nicht aller Tage erlebt. Ein weiterer Magic Moment meines Hobbies, den ich nicht so schnell vergessen werde und mich mit offenem Mund zurückgelassen hat, wie damals, als ich das erste Mal diese Drehregler gedreht und einfach nur gestaunt habe.

UNFUCKINGFASSBAR WAR DAS!


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