Thema:
Re:Ich würde es gerne mehr mögen flat
Autor: Guy
Datum:24.08.17 07:27
Antwort auf:Ich würde es gerne mehr mögen von Ness

>Sonic Mania ist eine schöne Liebeserklärung an die alten 2D-Sonic-Titel, aber das birgt für mich sowohl positive als auch negative Aspekte. Auf der einen Seite ist Sonic Mania für mich wahrscheinlich das beste 2D-Sonic und zeigt wunderbar die Stärken der Reihe (abwechslungsreiche Ideen, phänomenaler Soundtrack, hohes Tempo, viel Charme), aber es führt mir auf der anderen Seite auch deren zahlreiche Schwächen vor, da Sonic Mania einen Tick zu sehr auf Nostalgie setzt und alte Teile zitiert.
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>Das fängt dabei an, dass die Bonus Stages an Langeweile kaum zu übertreffen sind und wenig Abwechslung bieten. Mir kann keiner erzählen, dass die Bonus Stage mit dem Einsammeln der blauen Kugeln unterhaltsam ist. Bei Sonic CD und bei Sonic 3 & Knuckles waren die Bonus Stages vielleicht noch nette Demonstrationen der Grafikpower, aber heutzutage sind sie für mich schlicht nicht spaßig und haben keinen spielerischen Mehrwert, sondern dienen lediglich Fans als Erinnerung an die alten Teile.
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>Auch das Game Over System ist mir zu altmodisch. Damit meine ich einerseits das Zeitlimit, das kaum ersichtlich wird, da die Zeit nicht runter läuft und einfach nur unnötig ist, aber andererseits meine ich damit insbesondere den Umstand, dass ich nach Game Over beide Level einer Zone nochmal spielen darf. Ich habe nichts gegen einen herausfordernden Schwierigkeitsgrad und spiele Level gerne öfters, um darin besser zu werden, aber es ist frustrierend und mir persönlich auch zu altmodisch, wenn man dazu gezwungen wird gleich zwei Level nochmal zu spielen, um den Boss einer Zone für paar Sekunden erneut versuchen zu dürfen. Speziell den letzten Boss der Oil Ocean Zone musste ich öfters versuchen. Die eigentlichen Level verlieren dadurch ihren Reiz und gewinnen nicht dazu, da man sie schon erfolgreich abgeschlossen hat und nur noch möglichst schnell zum Boss gelangen will. Gerade die Level der letzten Zone sind nicht gerade kurz und werden dadurch schnell nervig.
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>Hinzukommen die Probleme, die typisch für ein Sonic-Spiel sind und Sonic Mania leider ebenfalls mitbringt. Darunter fällt die schlechte Lesbarkeit der Level und Bosskämpfe. Häufig weiß man beim ersten Versuch nicht in welche Richtung man muss und stolpert eher durch die Level oder findet nur durch Zufall die richtige Herangehensweise bei einem Boss. In der Regel ist dies aber auch gar nicht nötig, da die meisten Bossgegner auch ohne irgendeine Taktik zu besiegen sind, indem man einfach stumpf herumprobiert und nach jedem Treffer die Ringe einsammelt. Zudem steht die hohe Geschwindigkeit konträr zu den Anforderungen an einen präzisen Plattformer. Der Spieler wird daher an vielen Stellen bewusst ausgebremst oder kann bei diversen Hindernissen nicht mehr rechtzeitig reagieren, worunter der Spielfluss häufig leidet. Entweder man hat keine Kontrolle und wird durch das Level geschleudert oder man hat Kontrolle, aber dann fühlt sich Sonic behäbig an und die Sprungpassagen spielen sich wenig präzise.
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>Sonic Mania ist sicherlich kein schlechter Titel. Es bietet nicht nur eine große Portion Nostalgie, sondern verfügt auch über eigene Ideen, weshalb ich verstehen kann, dass gerade ältere Sonic-Fans von Sonic Mania begeistert sind. Allerdings gab es in den letzten Jahren mehrere Titel, insbesondere im Indie-Bereich, die in meinen Augen wesentlich besseres Gameplay bieten und ältere Titel zeitgemäßer zitieren. Im direkten Vergleich haben mir dieses Jahr speziell Specter of Torment und Shovel Knight deutlich mehr Spaß gemacht. Letztlich hatte ich mich im Vorfeld sehr auf Sonic Mania gefreut und würde es gerne mehr mögen, als es der Fall ist.


Kann ich quasi alles so unterschreiben.
Mann muss nun aber dazu sagen, dass Spiele in den 80/90ern nunmal so waren.
Da war nix mit "ich kann jederzeit abbrechen und genau dort wieder reinspringen" und dass man nach verlorenen Bosskämpfen weit zurückgeworfen wurde war ebenfalls normal (wenngleich auch damals schon ein ewiger Kritikpunkt von Fachpresse und Gamern) - wohl einfach, um die Spiele zu strecken.
In der heutigen, schnellebigen, von ständiger Erreichbarkeit und ständigem Multitasking (Stichwort Smartphone) geprägten Zeit, wiegt sowas natürlich umso schwerer.
Hatte man das damals noch als Herausforderung gesehen, so wirkt es heute nur noch nervig.
Wir sind, was das angeht, zu echten Pussies verkommen.
Sogar ein SNES Classic Mini wird AFAIK Savestates oder zumindest eine "Rückspulfunktion" bieten.
Ich habe selbst bei Emus sowas bisher nie genutzt, weil ichs letztlich kontraproduktiv finde:
Einerseits will man Nostalgie, andererseits will mans leicht haben.
Dabei machte doch gerade das "Sich-an-einem-Spiel-die-Zähne-Ausbeißen-und-sich-nicht-unterkriegen-Lassen" einen großen Teil des Reizes aus (und damit der heutigen Nostalgie gegenüber diesen Titeln): Die verregneten Nachmittage vor Castlevania, Contra, Gradius, R-Type, Last Resort, Mega Man, Ghouls'n'Ghosts - oder eben Sonic, alles ohne Facebook, Whatsapp, ja sogar ohne Maniac-Forum (rückblickend unvorstellbar)!
Mit gesenktem Schwierigkeitsgrad, Save-States oder Rückspulfunktion definitiv nicht dasselbe!
Und genau da liegt der Hund begraben: Es wird heute NIE mehr dasselbe sein wie früher, die Zeiten sind anders, wir sind älter, haben weniger Zeit, Jobs, Familie, soziale Netzwerke, seltener wirklich lange Zeit für ein Game, zig Ablenkungen und daher heute auch andere Ansprüche an ein Game - und wollen bei Retro-Games nun daher quasi "Wasch mich, aber mach mich nicht nass" - das funktioniert nicht.
Daher soll mich im Zweifelsfall ein Game (wie Sonic Mania) dann lieber auch mal nass machen.
Das hat so oder so Vorteile: Entweder es trägt zur Nostalgie bei oder es törnt ab - und man hat dann wieder mehr Zeit für den heute ganz normalen Stress- und Multitasking-Wahnsinn des Tages! ;-)


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