| Beeindruckend (aber nicht als Videospiel) - Spoiler |  |
Was für ein verstörend guter Ritt. Herausstechen tut es für mich aber nicht als Videospiel, sondern über seine ernsthafte Thematik, die sehr sensibel und fundiert umgesetzt wurde. Definitiv ein Spiel, was etwas zu sagen hat und über die Grenzen seines Mediums hinausragen wird. Teilweise konnte ich mich sogar in den Psychosen der Hauptfigur wiedererkennen und ich denke, dass das jedem so gehen wird, der schon mal durch ein emotionales Tal gehen musste oder mit psychisch erkrankten Menschen konfrontiert wurde. Besonders gut hat mir dabei gefallen, dass das Spiel sehr schlüssig aufzeichnet, warum Senua dem Wahnsinn verfällt.
Ebenfalls bemerkenswert ist der Bezug zur nordischen Mythologie, der glaubwürdig in den Krankheitsverlauf eingeflochten wurde. Man kann hier leicht ableiten, weshalb Psychosen (häufig) mit religösen Wahnvorstellungen verbunden werden. Hier gibt das Spiel IMO sogar recht eindrucksvolle Antworten (für mich als Laien). Generell wird ein recht wertiges Psychogramm der Hauptprotagonistin dargestellt, das kaum Fragen offen lässt. In diesen Punkten ist das Spiel IMO für das gesamte Medium herausragend. Technisch beeindruckt es ebenso. Aber dazu wurde hier ja eigentlich schon genügend geschrieben.
Jetzt kommt allerdings das ABER: Spielerisch ist es maximal zweckmäßig, stellenweise sogar leicht nervig. Vor allem dem Kampfsystem fehlt es an Feinschliff. Alles fühlt sich etwas zu behäbig an, manchmal hatte ich außerdem das Gefühl, dass ich "wie auf Schienen" kämpfe. Davon ab wiederholen sich Gegnertypen zu oft und zum Ende sind die Fights unnötig in die Länge gezogen. Auch bei den Rätseln bin ich nicht komplett überzeugt. Venom06 hat das ja schon ganz gut erklärt. Mir hätten clevere Physikrätsel z.B. weitaus besser gefallen. Runen-Symbole in der Welt suchen kann auf Dauer etwas eintönig werden.
Eine kompromisslosere Ausrichtung als "Walking Simulator" hätte diesem Titel IMO besser gestanden. So täuscht es vor ein "Core-Spiel" zu sein, was aber nur halbherzig daran heranreicht. Man bekommt einen Walking-Simulator, der mit zweckmäßigen, nicht komplett ausgereiften Gameplay-Elementen besetzt wurde. Das reicht aus, um die großartige Erfahrung zu tragen, aber ist nicht zu 100% konsequent zu Ende gedacht.