Thema:
Metal Gear Solid V flat
Autor: phaxy
Datum:14.05.16 21:03
Antwort auf:Echt alt - Der ehrenamtliche Nicht-Durchzock-Thread #3 von phaxy

Erstmal: wahnsinn, die Steuerung funktioniert! In einem MGS!
Es spielt sich trotz des großen Aktionskatalogs so fluffig wie es nicht mal die meisten Spiele mit linearem Leveldesign auf die Reihe bekommen..

MGSV ist aber auch eine große Sammlung zusammenhangsloser Spielversatzstücke.

Erstmal verbindet es in Sachen Level- und World-Design, Dinge die IMO nicht zusammenpassen:
Open World auf der einen, Stealth auf der anderen Seite.
Makro auf der einen, Mikro auf der anderen Seite.

Ich mag es, wenn ich meine Optionen klar aufgezeigt (nicht vorgekaut!) bekomme und mich im vom Designer beabsichtigen Raum der Möglichkeiten bewege.
Dann habe ich Lust auf Experimentieren.
Wenn die Umgebung bzw. die Variablen so unübersichtlich sind, verliere ich persönlich die Lust, weil ich im Prinzip keinen Plan ausführe, sondern etwas überfordert halbblind hinein laufe und schaue was passiert. Notfalls halt der Raketenwerfer?


Und ich verbinde eine Open World auch immer mit Exploration, Details die aufzuspüren sind, ohne dass mich das Spiel explizit dahin lotst.
Wenn ich etwas Interessantes am Horizont sehe, fühle ich mich davon angezogen. Einfacher Grund: Neugierde.
Wenn ich nur ein paar Knochen in einer Höhle finde, baue ich mir die Vergangenheit selbst zusammen. Es muss noch nicht mal großartig mit der Story verknüpft sein.
Das ist ein Muss für ein Open World-Fundament. MGSV hat nichts davon.
 
Die Spielewelt ist belanglos und repetitiv. Der einsame Lichtblick ist hier kurioserweise das Finden von Rohstoffen und Co, obwohl ich mit diesem Meta-Game überhaupt nichts anzufangen wusste.
Was soll ich mit all dem Kram? Wozu soll ich Waffen weiterentwickeln? Wofür sollte ich Personal einsammeln? Wozu sollte ich die Basis ausbauen? Was ist ein gutes Ranking und wie erreiche ich es? Und warum sollte ich eines anstreben?
Das Spiel hat mir diese Fragen auch nach geschätzten 8 Stunden nicht beantworten können.
So steht außerhalb der Spielewelt also eine Ölplattform, mitten im Nirgendwo, auf der ich nichts von Belang anstellen kann.
Warum soll ich da überhaupt hin? Warum sollte ich mir diese ellenlangen Start- und Landesequenzen antun um dort hin zu kommen? Das Spiel weiß es nicht.
Charaktere (mit Betonung auf „Charakter“) gibt es bis dahin keine. Nur einen Erklärbär namens Ocelot, der überhaupt nicht der MGS-Lore entspricht.

Das iDroid-Menü mag auf den ersten Blick ganz gut aufgeräumt sein, es sei denn du möchtest was Bestimmtes wissen..
Wieso stehen mehrere fucking Menülayouts zur Option, komme aber an wichtige Dinge nur über Sucherei?
Die unnötige Informationsflut im Interface gipfelt schließlich darin, wenn alles zusammenkommt:
Die weibliche Computerstimme, Ocelot über Funk und der Ticker auf dem HUD. Sorry, WEM soll ich jetzt meine Aufmerksamkeit schenken?

Kojima war ja nie ein guter Storyteller, aber eines waren auch die teils arg fremdschämigen Cutscenes in MGS4 immerhin – unterhaltsam.
Hier gibt es ein Intro – und ein restliches Spiel, das vollkommen entkoppelt davon zu sein scheint.
Hole X, erledige Y. Kontext? Keiner vorhanden. Und wenn ich in-game kein Motiv präsentiert bekomme, was soll dann der Anlass sein es zu spielen?
Es versprüht -mal von den Kojima-typischen Witzeleien abgesehen- insgesamt den Charme einer Militärsimulation und es ist mir unerklärlich, wie ein Kojima sowas (nicht) schreiben kann.
Den Rest (hoffentlich nichts Wichtiges) gibt es wenig elegant über Kassetten. Das muss ein Witz sein.

Kojima kommt vom Regen in die Traufe und weiß mit all der jahrzehntelangen Erfahrung hier einfach nicht ein stimmiges Gesamtbild zu gestalten.
Und eigentlich ist es schon kleinlich über Credits-Sequenzen sprechen zu müssen, aber wenn sie so schamlos penetrant ausfallen, dann muss es Kojimas Art gewesen sein um Konami nochmal eine reindrücken.
Anders kann ich mir diese Selbstinszenierung nicht erklären.

Ich persönlich finde es verblüffend, dass es sich hierbei um eines der besten Spiele des Jahres '15 handeln soll. Ich meine ein Spiel kann nicht meinen Geschmack treffen wenn es trotzdem seine Stärken erkennen lässt...
Aber bei so funamentalen Konzeptschwächen muss ich mich über die Rezeption schon sehr wundern.

MGSV zeigt nochmal ganz hervorragend, wie schwer sich viele Entwickler noch tun, eine gut erzählte, ernstzunehmende Geschichte in ein "traditionelles" Spiel zu stecken. Hoffentlich wird das ohne MGS-Ballast besser.


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