Thema:
Landstalker (u. MWIII) flat
Autor: strid3r
Datum:06.02.15 23:58
Antwort auf:Durchgezockt Retro-Edition Nr. 1 von Rac

-Wall of Text incoming-
Wie geplant war das abschließende Spiel meines Mega Drive Action Adventure Abstechers Landstalker. Fast 20 Std. hat's wohl insgesamt und ohne FAQ oder sonstige Lösungshilfen gedauert. Ganz genau kann ich's nicht sagen, da ich nur die in-game Uhr als Richtwert habe (letzter Save lag bei ca. 18:30 Std.). Auf jeden Fall war es beeindruckend umfangreich für ein Action Adventure aus dieser Zeit.
Dass ich aufgrund des Rufs sehr gespannt auf das Spiel war, wäre wohl eine Untertreibung. Aber -ich nehm's mal direkt vorweg- so wirklich packen konnte es mich leider nicht.

Es fängt gut an, mit einem netten Intro samt Einführung in die Spielwelt, die erstmal einen lievevoll gestalteten Eindruck macht und auch die ersten paar Dungeons haben mir zugesagt. Die Probleme, bei denen es sich nicht nur um Kleinigkeiten handelt, offenbaren sich allerdings spätestens ab der Mitte.
Am kritischsten stellten sich für mich das Kampfsystem und das Platforming dar.

Nachdem ich jetzt einige AAs gespielt habe, in denen die Kämpfe nicht gerade die Stärke der jeweiligen Spiele waren, hat Landstalker es trotzdem noch geschafft, mich hierbei negativ zu überraschen. Spätestens ab dem Punkt, wo zum ersten Mal Skelette auftauchen, fangen Gegner an extrem zu nerven. Es fällt auf, dass Gegner recht willkürlich austeilen und auch abwehren und es keine 100%ig verlässliche Vorgehensweise gibt, ohne Schaden aus bestimmten Konstellationen rauszukommen. Das liegt vor allem daran, dass Gegner Hiebe mit einer recht großen Reichweite haben und diese oftmals direkt nach Treffern ausführen, wogegen man dann nichts machen kann. Die verlässlichste Taktik ist es noch, Gegner an die Wand zu bringen und pausenlos auf sie einzudreschen, das ist aber nicht überall möglich. Bei Rittern, die blocken können, bringt dies nebenbei nichts, da diese mit ihrer willkürlichen Abwehr ständig den Rhythmus durcheinander bringen. Da hilft es dann nur zu hoffen, dass man lediglich 1-2 Treffer einsteckt. Besonders schlimm wird's, wenn es sich um einen engen Raum handelt und ein Gegnerpulk auf einen losgelassen wird. Da der eigene Schwerthieb durch zu große Nähe zu Wänden verhindert wird, was eigentlich auch generell verdammt nervig und vor allem unnötig ist, sind dies Situationen, wo es dann komplett willkürlich zugeht. Höhenunterschiede können nebenbei auch zu sehr unberechenbaren Situationen führen und manchmal haut ein höher stehender Gegner irgendwo in die Luft, trifft einen und man selbs rutscht im "Idealfall" auch noch dank des Treffers  genervt durch den Eingang, durch den man den Raum gerade betreten hatte, wieder zurück in den vorherigen, weil die Entwickler den Gegner intelligenterweise direkt vor der Tür platziert haben.
Dass eigene Angriffe keinen vollkommen festen Schadenswert haben und es manchmal drei, manchmal vier Treffer für einen Gegner braucht, ist auch nicht unbedingt hilfreich. Totalausfälle wie den großen Ritter mit dem Hammer, der mit seinen Erdbeben selbst die Wiederbelebgung durch Friday ewig verzögern und einen in einen wunderbaren stunlock bringen kann, gibt es natürlich auch.
Insgesamt war ich einfach recht erstaunt darüber, wie schwach das Kampfsystem ist und während ich die Mängel bei z.B. Story of Thor noch damit abtun konnte, dass ab und zu Schaden zu nehmen in einem AA nicht derart schlimm ist, dass Spiel es vor allem damit ausgleicht, dass sich die Kämpfe zumindest gut anfühlen, war ich bei Landstalker ab der Hälfte durchgehend davon genervt. Es macht keinen Spaß, es ist permanente Willkür und wird vor allem überstrapaziert. Dass man in dem Spiel sogesehen fast 9 "Extraleben" plus Heiltränke mit sich rumtragen kann und dementsprechend, trotz der ganzen Mängel, absolut keine Sorgen machen muss, hat durchaus seinen Grund. Einzig zum Ende hin wird es wieder erträglicher, wenn man die meisten Gegner mit 1-2 Hieben von der Mattscheibe fegt und diese garnicht mehr zu einer "Gefahr" werden können.

Für das Platforming hat das Spiel ja schon zu Zeiten des Release Kritik einstecken müssen und das finde ich, vor allem nachdem ich zuvor Light Crusader gespielt habe, welches in dem Punkt wirklich alles besser macht, auch sehr verständlich.
Landstalker bietet keinerlei Orientierungspunkte. Weder Platformen, noch die eigene Spielfigur besitzen Schatten (vermutlich hätte das Mehr an Sprites hier die Engine zum Stillstand gebracht). Auch sind die Hintergründe nicht so gestaltet, dass man anhand dieser Höhen abschätzen könnte, bzw. Platformen nur sehr selten so eingebunden, dass man die Hintergründe als Orientierung nehmen könnte. Beides Dinge, worauf man in Light Crusader sehr geachtet hat. Hinzu kommt, dass Sprünge aufgrund der meist kleinen Platformen und des sehr kurzen Sprungs der Spielfigur, ziemlich genau sein müssen und die Steuerung, die nur diagonale Bewegungen zulässt, auch noch etwas hakelig sein kann (zum Vergleich: bei LC funktionieren auch horizontale und vertikale Bewegungen und Sprünge sind sehr floaty, was durchaus positiv ist). Nebenbei gibt es noch eine völlig bescheuerte Autokorrektur an Kanten, die einem in 90% der Fälle wo sie einsetzt, nur dazu verhilft, in Abgründe zu segelen.
Die Folge von all diesen Details ist einerseits, dass man in Landstalker oft nicht den blassesten Schimmer hat, wo sich eine Platform im Verhältnis zu einem selbst befindet, Sprünge schwer abschätzen und (mangels Schatten) in der Luft auch nicht mehr korrigieren kann, somit sehr oft bestimmte Abschnitte nur per Trial & Error zu bewältigen sind. Andererseits bietet es auch etwas forderndere Aufgaben, als z.B. ein LC. Völlig unverständlich ist mir allerdings, wie die Entwickler, obwohl sie sich dieser Schwächen bewusst gewesen sein müssen, dann auch noch Stellen mit optischen Täuschungen einbauen konnten. Vermutlich Sadismus.

Obwohl sich das vermutlich ziemlich vernichtend anhört, haben mir die Platforming Rätsel eigentlich noch gut gefallen, eine große Schwäche des Spiels ist allerdings, dass es einen stellenweise für Fehltritte mit nervigen Gegnerpulks (die einen dann unten erwarten) und/oder überzogenem Backtracking abstraft, was evtl. erklärt, warum ein eigentlich so zu vernachlässigender Aspekt wie das Kampfsystem für mich so ein kritischer Faktor bei der Bewertung des Spiels war.

Das zuvor erwähnte Backtracking ist dann auch das Stichwort für den nächsten Punkt: die Dungeons. Oder besser, deren Aufbau. Das Spiel bietet keine Karten für die Dungeons, dabei hätte man sie hier um Welten nötiger, als bei jedem Zelda. Die Dungeons zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie unübersichtlich und verwinkelt sind, wenig bis garkeine einprägsamen Stellen bieten, die die Orientierung erleichtern würden und vor allem nicht so aufgebaut sind, dass man ein zentrales Hub hat. Gerade das ist fatal, da vor allem die 2-3 der späteren Dungeons eine Menge Backtracking erfordern, das Problem aber ist, dass man (oder ich zumindest) oft keinen Plan mehr hat, wo denn diese eine Tür war, für die man nun den Schlüssel bekommen hat, oder der Raum, wo man nun die neuen Boots anwenden kann. Vor allem nach längeren Pausen eine absolute Katastrophe und man wandert dann erstmal Ewigkeiten nochmal alles ab.
Das mag jetzt manch einer abtun, oder sogar positiv auslegen, ich fand's aber einfach lächerlich, dass ich letzten Endes vermutlich knapp die Hälfte der Spielzeit damit verbraten habe, orientierungslos durch die Gegend zu latschen. Das Ganze lässt sich nämlich nebenbei auch auf die Oberwelt übertragen, die ähnlich konfus ist (das Waldlabyrinth zu finden war so ein Spaß…).

Um mal abzuschließen: Landstalker stellt ein durchaus solides Spiel dar, welches vor allem beim Rätseldesign überzeugt, aber eben ein paar auffällige Schwächen hat. Es schafft imo auch einfach nicht, diese mit anderen Qualitäten auszugleichen. Schade fand ich hierbei speziell, dass die Spielwelt mich nach dem eigentlich sehr positiven Ersteindruck nicht für sich vereinnahmen konnte. Dafür ist sie vor allem thematisch und bei ihren Bewohnern nicht abwechslungsreich und detailliert genug, gibt es zu viele Wiederholungen und merkt man der Grafik insgesamt zu sehr gewisse Farbbeschränkungen an. Nach Merkator kommen eigentlich fast keine neuen Setpieces mehr und auch das bietet im Vergleich zum Anfang schon nicht viel Neues. Dass zumindest ich mich auch mit der Struktur der Welt nie wirklich anfreunden konnte, war sicherlich auch ein Faktor.
Hinzukommt, dass auch die Handlung ab einem bestimmten Punkt komplett belanglos wird, dass anfänglich recht nette Zusammenspiel des Heldenduos mit dessen Verfolgern lässt man gänzlich verpuffen. Was dann alles im sehr lieblosen Abspann kulminiert, den man kaum als solchen bezeichnen kann.
Ich kann den Status, den das Spiel bei vielen hat, durchaus aufgrund des Zeitpunktes der Veröffentlichung nachvollziehen. Es ist aber eines dieser Spiele, bei denen ich den Eindruck habe, dass der wichtigste Faktor eben die Nostalgie ist. War denndoch nett, den in Ansätzen ja Prototypen für Alundra endlich mal gespielt und diese Bildungslücke geschlossen zu haben.



Monster World III:
Hatte ich vor Landstalker noch eines kurzen Durchgangs gewürdigt, da ich es vermutlich gut über 15 Jahre nicht mehr gezockt haben dürfte. Die liebevolle Optik beeindruckt immer noch ob des Erscheinungsjahres (89). Kämpfe nerven dank gefühlter (oder realer, wenn man geschrumpft ist…) drei Pixel Reichweite, Trägheit, riesiger Trefferzonen und Zuckelgegnern. Dungeons sind heute eigentlich nicht mehr der Rede wert, wenn auch wie der Rest des Spiels intelligent strukturiert, wirkliche Rätsel fast nicht existent.
Insgesamt immer noch ganz nett und für einen kurzen Durchgang gut, der Nachfolger wischt allerdings übelst den Boden damit auf, wie mit wohl allen anderen MD AAs auch.


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