Thema:
So, jetzt mal Butter bei die Fische flat
Autor: membran
Datum:31.12.14 13:02
Antwort auf:Bockt! Aber eigentlich nur eine bessere Tech-Demo, oder? von membran

>Aber sonst? Richtig "Spiel" steckt da eigentlich nicht drin. Es ist im Endeffekt >wie ein Minecraft, bei dem es kein Redstone gibt.

Nach einigen längeren Sessions kann ich das nur weiter unterstreichen. Abgesehen vom prinzipiell guten Dogfighting / Schiffsmanagement ist das Spiel, auf die umfassenden Spielabläufe und -möglichkeiten bezogen, ein Blender und in letzter Konsequenz simpler Grinder. Da ist nicht derzeit einfach noch nicht viel Fleisch dran.

Fangen wir mit direkt mit dem Guten an (Spoiler: danach folgt nur Kritik), dem eigentlichen Rumfliegen/Management mit dem Schiff und das Rumfliegen. Das ist der Kern des Gameplays und super gemacht. Das Dogfighting ist hammergeil, durch die ganzen, sich verschieden genug zu steuernden und stark pimpbaren Raumschiffe abwechslungsreich (gerade in kleineren Schiffen hat man nicht genug Platz, um alle verfügbaren Module und Waffentypen einzubauen - auf Vieles muss man verzichten, das schafft interessante Situationen, wenn man keinen Slot für Raketenabwehr/Heat Sink Launcher/zusätzliche Schildzellen findet). Das Schiffsmanagement während des Dogfightens und die damit verbundenen Möglichkeiten hat mich sofort an das selige TIE Fighter erinnert. Ständig Energieverteilung und Hitzeabgabe managen (und auch mal ein Heatsink abwerfen, um die gegnerischen Sensoren zu verwirren und fett wegboosten), Thruster-Systemausfall, Subsysteme des Gegners anvisieren, ihm die Frontschreibe rausschießen und in den Life-Support Timer zu zwingen, das ist schon großes Kino. Auch das Manövrieren selber (Pitch/Yaw/Roll und Thruster direkt nach oben/unten/links/rechts) ist spektakulär geil. Circlestrafing im Weltall, der Knaller. Per Oculus Rift und mit HOTAS Joystick noch mal drei Schippen besser.
Man merkt einfach, hier wurde am allermeisten Arbeit reingesteckt und das ist auch korrekt so, hält man sich damit doch wohl am meisten auf. Mir gibt es genug, um Freude damit zu haben, aber ich nehme Spiele dann auch einfach zu gerne auseinander, vor allem die, dich ich mag.

Soweit das Licht, jetzt der Schatten. Der ganze große Rest, die Missionen, die Fraktionen, das Drumherum - das ist dann doch etwas dürftig. Dieser Blick hinter den Vorhang nach einigen Spielstunden, der dann nur einen muffigen alten Heizungskeller offenbart. Da fühlte ich mich an die Szene der legendären Liebessaft-Folge der Simpsons erinnert, in der Homer & Marge zur Ehekittung in dieses Romantik-Hotel fahren, dann im tropfenden Versorgungsraum stehen und sich nicht sicher sind, ob das ein echtes Hotelzimmer ist ("Doch, Marge. Ich bin der
Hausmeister, und du bist - des Hausmeisters Weib"), oder auch an SimCity, als man zu Release nach und nach kopfschüttelnd durchschaute, wie billig das eigentlich alles aufgebaut ist (Sim Ströme etc pp).

In einem Wort: Randomness, und zwar in einer Form, die einem so penetrant entgegenspringt, dass es das Konstrukt dieses "lebenden" Universums in sich zusammenstürzen lässt. Weiter unten in diesem Ast hatte ich ja darüber geschrieben, dass sich die Faction-Verteilung in einem System durch Spieleraktionen verschieben (wie weit das ein Einzelspieler oder gar einer Gruppe von 50 Leuten bewerkstelligen können, steht noch zur Debatte - es ist z.B. noch gar nicht klar, wie oft ein sogenannter "Server-Tick" in einem System vorkommt, der dann die Spieleraktionen seit dem letzten Tick auswertet und etwas in diesem System verändert, wie Machtverhältnisse, Zustände wie Expansion/CivilWar, Trade). Ich hatte aus der Beobachtung, dass in meinem Stammsystem "Kremainn" die Pirate-Fraktion auf 0% Einfluss gesunken ist, abgeleitet, dass in den Resource Extraction Sites (RES) nur noch wenige Piraten und wenn, dann nur in Sidewinders spawnen bzw vermutet, dass der 97% Einfluss der einen Partei dafür gesorgt hat, dass keine Miner mehr vorhanden sind, weil diese Partei keine Industrieorientierung hat. Dem ist aber nicht so, wie ich nun herausgefunden habe, ich hätte mir meinen Aufbruch in ein anderes System also sparen können.

Es wird einfach zufällig aus einem bestimmten Set möglicher Szenarien ausgewählt, wenn man in eine "Instanz" dieser RES springt. Mal sind nur Miner und System Authority Vessels da. Mal sind zusätzlich dazu Sidewinder-Piraten da, beim nächsten Mal Piraten in Sidewinder+Cobras und ganz selten die Variante mit den Cobra und Anaconda-Piraten. Die Bountys, die auf diesen liegen, sind klar gestaffelt und varrieren leicht mit dem "Level" des Gegners (Harmless/Deadly/etc): Sidewinders geben um 1500 Cr, Cobras um 15.000 Cr und Anacondas satte 75.000 Cr (und sogar das Doppelte für Deadly/Elite). Mit Hilfe der System Authority bekommt man die alle locker klein. Einmal in die Instanz gesprungen, bleibt dieses Szenario bestehen. Einmal nur Sidewinders da, bleibt es auch dabei - da tauchen nicht irgendwann andere Gegnertypen auf. Erwischt man den Anaconda-Spawn, sackt man in kürzester Zeit dick Kohle ein. Die Piraten spawnen nämlich endlos nach (das allein ist schon irgendwie seltsam) und lassen einen komplett in Ruhe, wenn man selber kein Cargo dabei hat. Erst wenn man sie oder einen ihrer Fraktionskollegen anballert, legen die los; vorher balgen sie sich mit den Cops (Leuchtfeuer in der Ferne führt einen direkt zu den Piraten).
Es ist also anscheinend völlig egal, wie die Mächteverhältnisse aussehen, es wird einfach gewürfelt, welches Szenario kommt - ich hatte bei meiner Vermutung einfach nur deutlich zu wenig Versuche durchgeführt (zwei) und bin davon ausgegangen, dass die Pirate Fraktion in meinem System "tot" war. RNG und kurze Versuchsreihen, der alte Fehler hat mich geblendet. Ich kehre auf jeden Fall nachher nochmal zurück in mein 0% Pirate Faction System und schaue, ob ich da nicht Anacondas würfeln kann.  So, nun die Frage - wie würfelt man neu? Supercruise und direkt wieder raus ist eine Möglichkeit. Noch schneller geht's allerdings direkt dortzubleiben - Save & Exit to Menu - Start Game. Hat den selben Effekt und fast keine Ladezeit, ist wohl noch im Speicher. Toll, oder? Exploit away, my friends.

Übrigens: In meinem neuen System gibt es gar keine "echte" Piraten-Fraktion (sowas wie "Rats" / "Syndicate" im Namen). Nur eine Federationspartei und drei Independent Fraktionen mit politischen Bezeichnungen (Left Wing Party, Green Party lol). Und das sind die Typen, die dort die Pirates spawnen (die von Haus aus "wanted" sind). Total gaga. Schießt man auf einen "Wanted", dann bringt man sämtliche Schiffe derselben Partei gegen sich auf, die gerade zugegen sind (später spawnende Schiffe glaube ich nicht). Das gilt sogar für die System Authority Vessels. Sind die z.b. von der "Kremainn FedCorp" und man schießt auf einen Wanted-Typen, der auch von der "Kremainn FedCorp" ist, dann ist man Freiwild für alle Cops, weil denen Alliertenstatus wohl wichtiger ist als der Wanted-Status. Aber keine Sorge, Reset der Instanz per Save/Reload hilft.

Eine ähnliche Krücke sind die Unidentified Signal Sources (USS). Die werden als mögliche Instanzen ständig während des Supercruises in der Nähe des Spielers, abhängig von der aktuellen Geschwindigkeit, direkt vor seine Nase gespawned. Das kann man exploiten, in dem man mit Minimalgeschwindigkeit supercruised, da kann man dann direkt reinspringen, ohne groß erst anfliegen zu müssen. Diese USS ziehen auch aus einem Set an möglichen Ereignissen und sind auch eng mit den Bulletin-Board Missionen verknüpft, man lese *bitte* die ersten zwei Seiten auf
[https://forums.frontier.co.uk/showthread.php?t=88615]. Es läuft nach Annahme einer Mission (mal ausgenommen von den Trade-Missionen, illegal oder nicht) dann oft einfach darauf hinaus, ein paar dieser USS abzugrasen, bis man die richtige erwürfelt. Ein paar Szenen wiederholen sich ständig. Das ist extrem billig gemacht und das Missionsdesign damit echt für'n Popo.

Wie schon anderswo geschrieben, das ganze Drumherum ist im Endeffekt ein glorifierter Stat-Screen, und kein detaillierter dazu. Fraktion A,B,C Friendly/Allied, Kill/Explorer/Trade Rang und die Tabellenkalkulation a.k.a Trade Routes, die man am Besten per externen PC Tool ("Slopeys") regelt.

Sollte man in diesem Spiel von "Endgame" reden? Spielplatz hin oder her, selbst in Minecraft kann man den Drachen am Ende töten. Also, worauf zielt man ab? Neben Statistikeinsträgen vor allem auf die dicken Schiffe und die fetten Upgrades. Und die kosten RICHTIG. Absurd viel, möchte man sagen 100 Millionen Credits und mehr für ein Schiff, und fette Upgrades gehen pro Stück auch schnell in die Millionen. Und der Unterhalt der Schiffe wird teurer, je größer sie sind. Hull Repairs gehen später in die Millionen, Wiederauftanken geht in die Hunderttausende, die Munition wird auch sehr teuer (50.000 für einmal Raketen nachtanken). Wenn man sein Schiff zerstört, werden später auch Millionensummen als Versicherung fällig.

Da fängt also der Grind an. Womit erreicht man die Credits? Im Endeffekt gibt es anscheinend derzeit nur zwei, vielleicht drei valide Wege: Trading, Mining und Exploring; wobei Trading meilenweit besser als die anderen beiden sind, im Endeffekt exploiten die Leute nur ein paar Handelsrouten mit Schiffen, die hunderte Tonnen Cargo transportieren können und bekommen für ein paar mal hin- und herspringen Millionen raus. Mining dagegen kostet mehr Zeit, man muss analog zu guten Traderouten die passenden Rohstoffvorkommen finden, dort stoisch Brocken absprengen und die dann alle einsacken und das Zeug dann verkaufen. Dazu muss man noch nichtmal zu den RES hin, einfach irgendwo in den Ring supercruisen und kein Schwein taucht dort auf, komplett alleine ist man dann. Könnte mir vorstellen, dass das sogar noch langweiliger ist als das stumpfe Hin- und Herspringen zwischen Handelsrouten, da kommt dann wenigstens schnell Kohle bei rum und die Gefahr ist relativ gering. Noch unklar ist mir gerade, wieviel Exploring bringen kann, aber da kauft man sich für 250K Cr diesen Scanner und kann das ganze System abscannen (mit dem Basic Discovery Scanner muss man innerhalb 500 LS sein, mit dem teuersten ist die Reichweite unbegrenzt). Kann gut sein, dass man da auch fett Kohle mit einfahren kann, aber das ist doch irgenwie auch mager auf Dauer, oder? Cosmo_Skit zumindest scheint diesen Weg ja derzeit zu gehen und nicht allzu toll zu finden, wenn ich das richtig mitbekommen habe.

Das Problem mit Bounty-Hunten ist, dass es nicht im selben Maße skaliert wie Trading und mit Abstrichen Mining. Money breeds Money. 20% Gewinn beim Handeln auf 100K Einsatz führt irgendwann zu 20% Gewinn auf 10 Millionen Einsatz. Die Bountys bei den Wanted-Raumschiffen bleiben statisch, wenn auch am Anfang hoch genug, um innerhalb weniger Stunden die erste Million zu scheffeln und damit den Trade anzufangen. Da habe ich nur keinen Bock drauf. Ich will nicht ständig jumpen und Preise in Docks vergleichen, ich will ballern. Wenig kann ich zu den Bulletin Board Missionen sagen (vielleicht skalieren die, wenn man im Rank aufsteigt), aber bislang ist die Belohnung *absolut* mickrig im Vergleich zu dem, was man schon in einem RES absahnen kann. Losziehen, zig Systeme und Raumstationen anfliegen, um Ware X zu finden, dann wieder zurück, um dann 7000 Cr einzustreichen? Wo ist da die Relation? Ich will geilere Schiffe, aber die Art und Weise, wie man sie im Spiel erreichen (und unterhalten!) kann, ist dröge. Mit Fokus auf Dogfighting wird man nicht uber-reich. Naja, ich versuch mal, die Anaconda-RES zu exploiten, har har.

Mal abgesehen von diesen Makro-Elementen, was nervt noch auf Gameplay Ebene?

- dass ständig Spielzeit gestreckt wird,  z.B. dadurch, dass für jeden Kleinscheiß an der Station andocken muss. Nachrichten / Missionen checken, Bounty einheimsen, Strafen abbezahlen, verfügbare Upgrades checken (nicht einbauen lassen, da verstehe ich ja, dass man dafür vor Ort sein muss). Mit Abstrichen fällt auch das langsame Anfliegen im Supercruise dazu, das finde ich aber nicht so schlimm, weil gut erklärt (Masse/FSD Beziehung) und kleines Mini-Game.

- Dass man eingebaute Upgrades nicht verstauen kann, sondern immer verkaufen muss, wenn man andere Dinge ausprobieren will. Manche dieser Upgrades sind schwer aufzutreiben. Ich will rumexperimentieren und das macht so keinen Spaß.

- Dass es keine "Bergung" von herrenlosen Container im Weltraum gibt. Das wird alles als gestohlenes Zeug markiert, selbst, wenn weit und breit keiner in Sicht ist. Ich würde es ja verstehen, wenn man es direkt einem anderen Schiff abzieht, per Lukenbrecher oder dadurch, dass sie es aus Angst rausrücken. So muss man das nach dem mühsamen Einsacken irgendwo auf dem Schwarzmarkt verkaufen (wenn man weiß, wo einer ist - die Galaxy/System Map schweigt sich da aus) und bekommt nur meist nur einen Bruchteil des Werts, sofern die Waren dort nicht verboten sind. Auch das Schmuggeln ist nur ein Bruchteil so herausfordernd, wie es einen die Youtube Videos weißmachen wollen. Klar, man KANN ohne Flight Assist und Cool Running auf die Station zuheizen und dann alles inklusive Thrusters ausmachen.  Oder man rauscht einfach per Silent Running mit Turbo Boost vor den Eingang und lässt ab und an ein Heat Sink raus und gut ist. Oder man fliegt zu einem Outpost, wo generell nie Cops rummachen.

- Überhaupt die Galaxy Map, geht es noch verwirrender? Man kann keine Notizen machen, nirgendwo wird gezeigt, wo ich schon mal war, man verliert ständig die Orientierung und wenn man sich eine Detailansicht eines Sonnensystems anzeigen lässt, wirft einen die Karte wieder auf den aktuellen Standort zurück und nicht dorthin, wo man gerade das System gechecked hat. Viel Glück, es wieder zu finden. Der Name war LHS 34-irgendwas.

- Die Interdiction Funktion, also das erzwungende Rausholen von Schiffen aus dem Supercruise, ist eine coole Idee. Doof nur, dass man einfach "aufgeben" kann, indem man die Geschwindigkeit rausnimmt, dann keinen 40 Sek Cooldown auf den Hyperdrive hat, sondern nur 10 und einfach mit zweimal boosten abhauen kann und wieder in den Supercruise wechseln kann. Per Heat Sink / Silent Running sowieso. Die NPC Gegner folgen einem sowieso nicht.

- Gimballed Weapons, also Waffen, die automatisch zielen, halte ich für gamebreaking. Das nimmt das ganze Fleisch aus der Dogfight-Suppe raus. Klar, man kann das z.B. kontern, per Heatsink - aber das sind nur temporäre und in der Anzahl möglicher Anwendung begrenzte Maßnahmen, ein Dogfight kann 10+ Minuten dauern und sehr schnell können meine Waffen wieder automatisch aufloggen. Sowas sollte nur Homing-Raketen in geringer Stückzahl vorbehalten sein! Der kleine Damage-Nachteil wiegt den Vorteil, dass einfach mal ALLE Schüsse treffen, auch wenn man nur generell in die Richtung guckt, einfach in keinster Weise auf. NPCs machen da sowieso keine Anstalten, das zu kontern.

- Stichwort Bounty. Es kann eigentlich auch nicht angehen, dass die Cops z.B. so fliegen, als wäre ich gar nicht da (die fliegen ihren Stiefel runter und gut ist) und eigenmächtig durch mein Feuer fliegen, einen kleinen Schuss abbekommen und schon bin ich Freiwild mit satten 200 Cr (in Worten: zweihundert), das man sofort schlachten muss. Selbst Stationen eröffnen dann sofort das Feuer, wenn man gescanned wird. Vor Ort kann man das Bounty nicht abbezahlen, man muss wieder zwingend andocken. Wenn man gescanned wird und gestohlene Ware dabei hat, bekommt man eine Strafe ("Fine"), die binnen 24h Echzeit zu bezahlen ist, bevor es in ein Kopfgeld umgewandelt wird. Warum wird das bei kleineren Friendly Fire Vergehen (und das war in dem Fall wirklich Friendly Fire, der Cop war grün auf meinem Radar, also friendly/allied) nicht genauso gehandhabt? Erstmal eine Strafe, bei weiterem Dauerfeuer oder Kill gibt's ein richtiges Bounty (und dann nicht nur mickrige 200 Cr!) und gut ist. So ist das wirklich dämlich und sorgt nur wieder für unnötige Trips zur nächsten Station.

Unterm Strich: Fliegen ist toll, das Drumherum scheint mickrig.


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