Thema:
Re:Durch, was für ein Ritt flat
Autor: token
Datum:20.11.14 10:18
Antwort auf:Re:Durch, was für ein Ritt von Shoryuken

>>Ja, man stirbt in Alien.
>>Wobei es mich jetzt gerade bei dir, wo du hier von teilweise bockschweren Brocken schwärmst, wundert dass der Spielertod hier plötzlich ein Argumentationsvehikel für dich darstellen soll.
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>Wenn man es auf "man stirbt" runter bricht mag das komisch erscheinen. Wenn man sich aber mal die Spiele anschaut wird man vielleicht den einen oder anderen Unterschied feststellen wie/wodurch die Schwierigkeit entsteht und auch feststellen das man ein bspw. Völgarr und ein A:I überhaupt nicht vergleichen kann. Und das daraus resultierend auch durchaus das Abfeiern des einen und 0 Bock gegenüber dem anderen möglich ist.
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>Ich sehe nachwievor nicht warum die gut umgesetzte Alien-Lizenz plötzlich alles was ich an Schleich- und SurvivalHorror (Hass²) mit Crafting-Komponente (Über-Hass) und in Ego-Perspektive (Hass³) nicht mag, aushebeln soll. Wenn Du da noch einen Sportteil (Ultraaaaa Hass) unterbringen würdest, ist das so ziemlich der Kern von allem was ich höchstens unter Androhung von Gewalt freiwillig spiele.
>

Gut, das ist schon eine differenzierte Darstellung die ersichtlich macht, dass du dieses Spiel hassen wirst.

>Ich sehe jetzt aber auch nicht ein 30 Euro zu droppen um dann zu sagen: Überraschung! ist halt Amnesia (was ich wirklich superscheisse finde) mit Alien auf unmögliche Länge gezogen (was übrigens auch ein KO-Kriterium ist).
>

Amnesia scheiße zu finden ist auch keine gute Grundvoraussetzung ;)

>>Aber das ist der Punkt, das Problem ist nicht der Tod oder die Wiederholung, denn das ist alles halb so wild. Das Problem ist dass du die Sachen in der Regel immer packst, danach aber reif für die Klappse bist.
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>Und das ist genau warum geil?
>

Aus dem gleichen Grund warum ein Fallschirmsprung geil ist.
Man stirbt tausend Tode vor Furcht, hat sehr intensive Gefühle, wird aber auch mit Momenten außerordentlich brachialer Euphorie beglückt.
Es ist ein Nervenkitzel der deiner Gefühlswelt erfolgreich eine Gefahrensituation vorgaukelt, die jedoch keine echte Gefahr impliziert.

So bietet sich einem eine außergewöhnliche Erlebniswelt die auf eine Scheibe gepresst ist.
Diese Form von Mutprobe mit seiner unglaublich gelungenen Immersion die mich komplett aus dem Wohnzimmer in den Weltraum gebeamt hat, hat mich bewegt wie kaum ein anderes Spiel zuvor.
Das ist der Kern der Faszination, den Alien Isolation wirklich hervorragend aufs Parkett bringt.

Und doch ist es für dieses Spiel nur das spielerische Fundament, das seine wahre Pracht und Herrlichkeit, erst durch die gelungene Transformation des ersten Alienfilms in ein interaktives Erlebnis entfaltet.
Ich _bin_ Ripley, unterwegs in einem zeitlosen Sci-Fi-Design, und spüre den Horror und Terror der das Alien zur Kultfigur gemacht hat am eigenen Leib.
Ich habe vor dieser digitalen Figur wirklich Angst, Ehrfurcht, ich begreife durch und durch, dass dies die abgefuckteste Killermaschine des Universums ist, und diese Drecksau hat es auf mich abgesehen.
Mein Schrecken zeichnet ihren Charakter.

Ich erlebe die Entwicklung von Ripley nicht indem ich Sie nachspiele, sondern indem ich sie selbst in einer natürlichen Form erfahre.
Es sind nur zum Teil die neuen Gadgets die meine Akionen in diesem Universum definieren, sondern ich selbst, wie ich abhärte, wie ich Instinkte entwickle, wie ich Strategien entwerfe, wie ich mein Vorgehen (gezwungenermaßen) so anpasse, dass ich überlebe.
Ich _beobachte_ insofern keine Charakterentwicklung die mir als Geschichte präsentiert wird und die mir so nur _erzählt_ wird, sondern bin selbst der Charakter dieser Geschichte, mit dem einzigen Unterschied, dass der Tod für mich keinen Schlusspunkt sondern einen Erfahrungswert mit Lerneffekt darstellt, den ich dauerhaft für den weiteren Verlauf mitnehmen kann.

Dementsprechend sind diese ganzen Unterstellungen davon dass es unfair ist oder dass der Zufall eine viel zu große Rolle spielt, faktisch falsch.
Man wird in eine Situation geworfen der man nicht gewachsen ist, und um zu überleben, MUSS man wachsen. Und wenn man wächst, bekommt man zunehmend Kontrolle, alles ist im Fluss, die Art wie man sich bewegt, die Dinge auf die man in der Umgebung achtet wenn man sie scannt, die Geräusche die man als bedeutungsvoll herausfiltert, die Deckungen die man im Hinterkopf behält usw.
Passagen die im ersten Anlauf der pure Horror waren, erweisen sich beim erneuten Spielen mit dem zum Schluss herausgebildeten Erfahrungsschatz und Fähigkeitsportfolio als vollständig kontrollierbar.

Und das ist für mich einer der schönsten Aspekte des Gamings, wenn ich das Regelwerk eines Spiels in dessen Verlauf so adaptieren kann, dass sich Automatismen und eigene Denkmuster entwickeln, und ich nach deren Herausbildung erkenne, dass dem mechanischen Hintergrund eine unglaubliche Eleganz inne wohnt.

Diese Eleganz wird AI vielerorts abgesprochen.
Und genau das ist eine krasse Fehleinschätzung.
Auch wenn ich des öfteren euphorische Schilderungen von mir gebe und oft mit diesem Medium sehr viel Spaß habe, verwende ich den Begriff Meisterwerk nicht inflationär. Mir ist der Unterschied zwischen verdammt guter Unterhaltung und einem kleinen Kunstwerk wohl bewusst.
Alien Isolation ist ein Meisterwerk.


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