Thema:
Etwas einseitig flat
Autor: deros
Datum:01.08.14 01:07
Antwort auf:Die Möglichkeit, Dinge zu besitzen... von SidVicious

Eine DVD, ein Modul, eine Diskette - das sind alles keine inherent besseren Datenträger. Ganz im Gegenteil: Alles geht früher oder später kaputt. Pure Daten lassen sich hingegen innerhalb von Sekunden vervielfachen. Ein Spiel, das digital lebt, lebt ewig. Schon heute gibt es viele Titel, für die sich kein Publisher mehr interessiert, deren Rechtesituation ungenau ist oder deren Sourcecodes schlichtweg nie aufgehoben worden sind; die nur noch daher existieren, weil es im Internet eine Millionen ROMs und ISOs gibt, die für jedermann frei zugänglich sind. Präservierung von digitalen Inhalten ist digital am effektivsten.

Das Problem sind DRM-Maßnahmen. Aber die kommen und gehen - und die gab es zudem schon immer. Ob ein Spiel nicht mehr spielbar ist, weil ein Authentifizierungsserver offline ist, oder weil die Seriennummer verloren ist - wo ist da der Unterschied?

Kunden sind keine wehrlosen Geschöpfe, die alles mit sich machen lassen. Sollte man sie irgendwann ihres Besitztums entmächtigen, werden sie sauer. Löscht Amazon im großen Stile Bücher werden diese Kunden dem Kindle abschwören. Sollte Sony plötzlich hunderte Spiele aus deiner Bibliothek löschen, sieht das ganz genauso aus. Alternativen gibt es immer - und wird es immer geben.

Aber: Für viele Menschen gilt heutzutage ein ganz anderer Grundsatz, ein neues Verständnis von digitalen Inhalten. Und das lautet: Man muss überhaupt nicht alles besitzen. Bei Gütern wie Videospielen, die man oftmals ohnehin nur einmal spielt, reicht eine Dauerleihe wie etwa PS-Plus für viele völlig aus. Wenn ich ein Spiel gefühlt für lau bekomme, warum sollte ich mich noch dafür interessieren, dass es vielleicht irgendwann nicht mehr von mir spielbar ist? Wenn ich für 5€ ein Schnäppchen auf Steam schlage, interessiert es mich da wirklich, dass dieser marginale Geldeinsatz vielleicht irgendwann eventuell in 10 Jahren verschwunden sein könnte? Was hier stattfindet ist eine bewusste Entscheidung zu: "Nope, ist mir latte. Ich brauch das nicht." Das ist keine Enteignung, das ist die Feststellung, dass Spiele ein Konsumgut sind - wie ein Snickers oder ein Big Mac.

Digital ist nicht "Das Böse". Digital hat in vielen Bereichen sogar absolute Vorteile gegenüber physischen Produkten, insbesondere dann, wenn das Produkt ohnehin ein Digitales ist. Die bösen Situationen, die ausgemalt werden, in denen aufmal massenweise Spiele verloren gehen, in der das PSN plötzlich alternativlos offline ist, in der Xbox Live nicht mehr betrieben wird, in welcher Steam plötzlich tot ist und keine Wege gefunden werden, Spiele auch nach dem Ableben eines Services spielbar zu erhalten, ist derzeit nur ein Hirngespinst. Es kann passieren, klar. Genauso gut kann es aber passieren, dass deine frischgekaufte Blu-ray Disc innerhalb der nächsten 5 Jahre verlorengeht, zerbricht oder zerkratzt.

Das Problem ist aber nicht die Enteignung. Das Problem ist, dass sich viele Publisher nach wie vor erschreckend wenig für ihre Produkte interessieren - und es ihnen relativ egal ist, ob ihre Werke für die Nachwelt präserviert werden.


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