Thema:
Re:Videospiele sind keine Kultur weil sie "Schund" sind flat
Autor: Felix Deutschland (deaktiviert)
Datum:08.03.14 00:30
Antwort auf:Re:Videospiele sind keine Kultur weil sie "Schund" sind von fianna

>>Schöne These aber ziemlicher Quark.
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>>Phantastische Literatur etwa wie wir den Terminus heute verstehen ist eigentlich eine Erfindung der deutschen Romantik und wurde als solche auch lange Zeit wahrgenommen, für Byron, Shelly, für Baudelaire, Verlaine, Rimbaud, fin de siecle allgemein, Huysmanns usw. war deutsche Romantik sozusagen der Inbegriff der phantastischen Literatur, die sog. "Gothic Novel" heisst so, aufgrund der Deutschenbegeisterung englischer Schrftsteller. Die Bronté-Schwestern wären nichts ohne Eichendorff und Tiek, Mary Shellys "Frankenstein" nichts ohne "Faust". Gustav Meyrink, Max Brod, Paul Leppin, Alfred Kubin, Franz Kafka, überhaupt die ganze Prager deutsche Literatur, der Expressinonismus usw. sind weitere Highlights der Phantastik spezifisch deutscher Prägung im zwanzigsten Jahrhundert, die das beste sind, was die phantastische Literatur zu bieten hat. Der Faschismus hat da überhaupt nichts "erfunden" im Gegenteil, deren ganzer schwülstige Mystizismus konnte überhaupt nur aufgrund der auch durch die "schwarze" Romantik geprägte V orliebe der Deutschen für kräftigen phantastischen Irrationalismus auch bei den Intellektuellen so gut gedeihene. Einige der besten Science Fiction-Romane der Nachriegszeit stammen übrigens von Ernst Jünger, seines Zeichens strammer Nazi und der wahrscheinlich einzige deutsche Surrealist von Weltrang.
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>Du hast wahrscheinlich Recht und ich habe deine Antwort auch provoziert, aber ich musste die These irgendwie einleiten. Für die Genre Genese fehlt mir auch das Wissen. Dazu wollte ich auch keine Aussagen treffen, mir gings um den Nachkriegspulp. Also darum, warum es keine Liebe für Schund gibt. Danke trotzdem für die Ausführungen.


Selbstverständlich lieben die Deitschen den Schund, nur halt nicht den Schund, den du gern hast. Arztromane, Fickgeständnisse, Promibiografien - das ist halt alles sehr zeitgeistig auf heutzutage moderne, bedingungs- und auslöserlose offenheit und eine Art nervöser Paranoia, zum Glücklichsein gezwungen zu sein. Klingt jetzt sehr schwurbelig. Die Nazis haben zwei sehr wichtige Sachen getan bzw. ausgelöst: Erstens haben sie quasi alle Leute, die gescheite Bücher schreiben, Filme drehen und Witze erzählen können, vergrault oder gleich umgebracht. Schonmal blöd. Dann gab es durch den zweiten Weltkrieg erstmal wichtigere Sachen als Intelektualität - was nicht heißt, dass es sie nicht gegeben hat, sie war aber sehr an der Bevölkerung und deren Gemütszustand verhaftet, die in Deutschland zurück blieb (Wenn man dem Ulk zugeneigt ist, kann man das natürlich doppeldeutig verstehen). Ein Schriftsteller wie Arno Frank bspw., extrem "bundesrepublikanisch" intellektuell, aber auch irgendwie ein Aussen- bzw. danebenstehender, hat auch innerhalb von (nicht nur im weitesten Sinne) "phantastischen" Rahmen (Atomkrieg, es gibt einen Roman von Arno Frank, der quasi "The Last Man on Earth" ist, nur halt dass der Last Man on Earth de facto Arno Frank ist und nicht Schmitz' Willi oder der Denzel) erzählt.

Videospiele werden als Schund angesehen, weil sie das WIRKLICH objektiv betrachtet oft genug auch sind. Wolfenstein 3D mag technisch wegweisend sein, auch über das Medium hinaus, aber es ist auch (und in erster Linie) dummer Scheiß für Idioten. Wolfenstein 3D wurde nicht gemacht, um die Grenzen virtueller Realität fundamental zu verschieben, sondern um Nazis abzuknallen und einen Kampfroboter mit dem Kopf von Hitler. Schund ist nicht gleich "wertlos", aber es ist nunmal Schund. Ich glaub, das willst du gar nicht in Frage stellen.

Ich tu mich nur selber manchmal selber seltsam schwer damit, wie sinnstiftend das operieren im U- und E-Kultur-Dogma ist (Nämlich gar nicht, ausser wenn doch). Es fordert schon einiges an Überwindung, selbst "for arguments sake", keine klare Trennlinie zwischen Jules Verne und Frank Schätzing zu ziehen.

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>>Nene, wenn man "Phantastik" auf Herr der Ringe und Pulp einschränkt, mag die These vielleicht hinhauen, aber auch diese gäbe es nicht ohne die Romantik spezifisch deutscher Prägung.
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>Ich wollte auch nicht behaupten, dass die Nazis diese Genre erfunden hätten, sondern hab vielmehr gemutmaßt, dass sie das Interesse daran vielleicht verdorben haben. Aber das ist nicht mein Thema, sondern nur die Einleitung.


Ja, vielleicht steckt da durchaus eine Fragestellung in der Behauptung, über die es sich lohnen würde, länger nachzudenken. Aber die Ideologie hat sicherlich nicht "Phantastik" als literarisches Metagenre aus den Köpfen derer verdrängt, die es hätten schreiben können - siehe oben, die "Verdrängung" war viel konkreter. Ein Land wie die USA, das nie von einem fremden Land kapputgebombt wurde auf eigenem Territorium, dass nicht den Flüchtlingsbewegungen ausgesetzt war wie es sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa gab, hat eine andere Mentalität und einen anderen Erfahrungshorizont, andere Generationskonflikte und Utopien (Sowie Dystopien). Das soll jetzt nicht verstanden werden a la "Hurhurhur, die Asis", sondern einfach als Tatsache, weder positiv noch negativ. Natürlich kommt man am Ende der Kausalketten, warum in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg die Sachen anders waren als anderswo, zwangsläufig zu den Nazis, aber man kann damit halt, auch wenns krachig klingt, nicht alles restlos wegerklären.

Inwiefern dein eigenes Interesse an "pulpiger", düsterer und gewalt fetischisierender Unterhaltung im Umkehrschluss vielleicht von den Amis geprägt ist, wäre ja auch eine interessante Frage. Es gab ja schon Leute wie Michael Ende oder Faßbinder mit "Welt am Draht" und so. Wahrscheinlich war da auch innere Rebellion gegen pädagogisch korrekte Absichten der Fiction am Werk, weiß man's? Wäre natürlich interessant, zu wissen, warum du die Dinge magst, die du magst, und das dann in den Kontext dessen zu setzen, was du geschrieben hast. Zum Gück ist das hier ja genau der richtige Sammelthread dafür!!11

>Es fällt nur auf, dass es in dem Bereich in der Nachkriegszeit fast nichts gab, was den Mainstream erreicht hat. Bei mir ist es jedenfalls so, dass der phantastische Aspekte der Computerspiele ein Grund dafür ist, dass ich mich irgendwann dafür interessiert habe.

Ich hab gern mittags nach der Schule Tele5 geguckt, das hat gereicht.


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