Thema:
Mein Review (viel Text) flat
Autor: DS_Nadine
Datum:19.01.11 06:31
Antwort auf:Ghost Trick (DS) von BigStumpy

Wer's gern schön mag mit Bildern, Video, Links zur Demo etc guck hier:[http://www.demolitionsquad.de/videogames/2011-002.php]

Wer meint ich will nur Klicks schinden liest hier:

Ist irgendeiner der geschätzten Leser ein Freund von Phoenix Wright Ace Attorney, auch wenn er meint, dass der Serie langsam die Luft ausgeht? Oder mag hier irgendwer einfach nur spannende Geschichten und feine Knobelaufgaben? Dann hier geblieben, denn Ghost Trick - Phantom Detektiv ist das Spiel für euch!

Ghost Trick startet dort, wo ein Spiel normalerweise endet, mit dem eigenen Tod. Ohne jede Erinnerung umkreist ihr, eine körperlose Seele, euren Körper auf der Suche nach Antworten. Ganz vorne mit dabei: Wer bin ich und warum bin ich tot? Und dann gibt es da noch das hübsche Fräulein das versucht meine Leiche wachzurütteln. Eine Kommissarin wie sich herausstellt, die auch direkt über den Haufen geschossen wird.
Wenn man doch nur zumindest ihren Tod ungeschehen machen könnte, denn als Kommissarin weiß sie sicher was hier vorgefallen ist; zumindest mehr als eine umherirrende Seele mit Amnesie. So ein Zufall das mir meine neuen Geisterfähigkeiten genau das ermöglichen!
Zum Sonnenaufgang wird der Geist für immer verschwinden, bis dahin gilt es der Kommissarin bei ihren Ermittlungsarbeiten zu helfen um das Geheimnis um den eigenen Tod zu lüften.  

Der Held, Sissel, hat genau drei übernatürliche Fähigkeiten. Er kann mit seinem Geist in leblose Objekte in der Nähe springen und diese manipulieren, durch Telefonleitungen reisen und, last but not least, vier Minuten vor den Tod einer verstorbenen Person springen.
Um in einem Raum von A nach B zu kommen, muss da schon mal ein Ventilator manipuliert, sprich angeworfen, und flux mit der Seele in ein jetzt wegwehendes Stück Papier gesprungen werden. Wenn das Telefon klingelt sollte man das Gespräch belauschen und sich schnell entscheiden ob man dem Gesprächspartner folgen will und wenn man erst einmal eine Leiche gefunden hat und vier Minuten vor ihren Tod springt, dann gilt es zu manipulieren was das Zeug hält, um den bevorstehenden Tod abzuwenden.
Die Rätsel fordern dabei nicht nur Hirnschmalz, sondern in den Todesszenen auch ab und an ein wenig Timing. Da manövriert man sich schon einmal in eine Sackgasse, was einem das Spiel aber sofort durch die Blume mitteilt und einen kurz vor diese Szene zurückspringen lässt. Die Objekte im Raum beeinflussen um einen Prozess aufzuhalten oder einen anderen auszulösen, kombiniert mit einer extrem verwobenen, spannenden Story und Knobeleien, spielt sich wie ein Kind von Phoenix Wright und The Incredible Machine. Wer das selbst einmal austesten möchte besucht die Hompage zum Spiel, wo man den Anfang in einer Browserdemo selbst ausprobieren kann.    
 
Wem die beschriebenen Herausforderungen noch nicht reichen darf sich freuen, denn die Kombinationen und Verkettungen aus Todesfällen werden freilich immer wilder und die Geisterfertigkeiten zahlreicher. Der von Phoenix Wright familiäre 'nur noch ein Versuch' oder 'Ich schau nur noch eben kurz ins nächste Kapitel rein'-Drang macht aus dem gut 13 stündigen Abenteuer eine kurze Achterbahnfahrt.
Kapitel gibt es derer übrigens knapp an die Zwanzig, so dass jeder Storyabschnitt und Todesfall als Handheldhäppchen für Unterwegs geeignet ist. Nach jedem Kapitel gibt es ein Resümee ebenso wie zum Start des nächsten Abschnitts, so dass man auch nach längerer Pause immer wieder seinen Weg ins Spiel findet. Für die ganz harten Fälle gibt es auch ein Lexikon der Charaktere im Spiel, um die Übersicht nicht zu verlieren.      

Neben der überragenden Story, von der jeder Satz mehr ein heftiger Spoiler wäre, und den feinen Rätseln, überzeugt Ghost Trick auch in technischer Hinsicht.
Die Musik ist immer passend und spannend, vor allen Dingen begeistert aber die Grafik. Die Hintergründe sind eher aufgeräumt und einfach, die ebenfalls sehr flächigen Figuren beherbergen aber die besten Animationen es jemals am Nintendo DS zu sehen gab. Der Stil ähnelt sehr einem Another World, welches damals das klassische 2D Sprite gegen einen aus Vektorflächen errechneten Helden tauschte. Ähnlich groß ist der Sprung auch diesmal! Die Animationen sind alle Handüberarbeitet, absolut fließend und detailverliebt. Vom tänzelnden Kommissar, über fein animierte Objekte im Wind und, trotz der eher kleinen Figuren, ausdrucksstarker Gestik. Selbst wem der Stil nicht zusagt wird feststellen, dass er soetwas noch nicht gesehen hat.

Eigentlich hat eh noch niemand auch nur irgendeinen Teil des Spieles woanders gesehen. Denn auch wenn Ghost Trick hier und da leicht an andere Titel erinnert, ist nicht nur das Spielprinzip herrlich unverbraucht.
Lob gebührt im Übrigen auch der Übersetzung. Die ist nicht nur humorvoll und fehlerfrei, sondern gibt sich auch große Mühe den ein oder anderen Hinweis zu Rätsels Lösung unterschwellig beizutragen.

Wer dennoch Versuch um Versuch braucht den ein oder anderen Tod abzuwenden, der ist zumindest froh, dass bereits gehörte Dialoge markiert werden und nur auf Knopfdruck noch mal einblenden. Selbst bei den wenigen Gesprächen die nicht übersprungen werden können, darf man immerhin vorspulen.

Ghost Trick beinhaltet nicht nur ein frisches unverbrauchtes Spielprinzip, sondern ist ein wahres Wunderwerk im Zusammenspiel von Story, Settings und Rätseln. Nichts scheint für einander kompromittiert und die Rätsel fügen sich, im Gegensatz zu einem Professor Layton, organisch ein.
Trotz allen Lobes ist Ghost Trick nicht Makellos. Auch wenn man jederzeit zurückspulen kann, kann es frustig sein, sich für das ein oder andere Rätsel schon mal in eine Sackgasse begeben zu müssen um eine Information zu finden. Zurückspulen kann auch gerade dann ärgerlich sein, wenn man nicht genau weiß, was der jeweilige Geistertrick auslösen wird. So kann ich ein Rad 'drehen' lassen, aber in welche Richtung es rollt und welche Kettenreaktion es somit auslöst, ist unklar. Dieses Trial&Error und etwas künstliche Beschränktheit sind zwar störend aber leicht zu verkraften, zumal die Rücksetzpunkte fair platziert sind.
Das größte 'Manko', welches nicht wirklich eines ist, ist vermutlich auch der äußerst befriedigende Schluss; der ist so abgeschlossen das eine Fortsetzung schier unmöglich scheint - und die will ich lieber heute als morgen!
Die vorhandenen dreizehn Stunden lohnen sich aber und ergeben, dank eines völlig neuen Gesamtkonzeptes, nicht nur die Höchstwertung sondern auch unseren seltenen Award! 5/5


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