Thema:
Re:AD(H)S und Medikamente flat
Autor: Buttplug
Datum:29.10.25 21:53
Antwort auf:Re:AD(H)S und Medikamente von sYntiq

>>Die Probleme in der diagnostik kamen eher daher, dass Ärzte halt nicht so genau drauf guckt haben und es dann halbherzig so gesehen haben wir du, bzw dir Ursache einfach falsch bewertet haben.
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>Ich weiss gar nicht ob ich das schon mal irgendwo geschrieben hatte aber es kommt soweit ich weiss dazu auch noch mit drauf an wie, nach welchen Standards etc. diagnostiziert wird und wie umfangreich die Diagnostik ist. Es wird da ja auch immer wieder dazugelernt.  Ich habe im Familien- als auch näherem Bekanntenkreis u.a. Leute mit AD(H)S, Autismus etc. Da kann eine Diagnostik des gleichen Patienten in Praxis A ein VÖLLIG anderes Ergebnis erzielen als in Praxis B einfach weil sich auf unterschiedliche Standards gestützt wir, unterschiedlich aus gewertet wird (oder wie du selbst sagst, einfach nicht genau hingeschaut wird)  Ebenso soll es schon ein riesiger Unterschied sein ob es eine Privat bezahlte Diagnostik ist oder eine von der Krankenkasse übernommene. usw usw....


Daher empfehle ich heute immer, direkt zu anerkannten Fachleuten zu gehen und im Zweifel auch eine vorher gestellte Diagnose mal absichern zu lassen.
Wie gesagt, ich bin ja selber ein gebranntes Kind, denn im Laufe meines Lebens gab es auch zig Fehldiagnosen (wobei sich das im Nachhinein als typisch für ADHSler raustellt - z.B. wurden viele im Laufe ihres Lebens mit Borderline fehldiagnostinizert)


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>Ein Beispiel welches bei mir mal erzählt wurde und irgendwie hängen geblieben ist:
>ICD-10: Autismus und ADHS schließen sich gegenseitig aus.

Das ist völlig korrekt! War bei mir auch eins meiner Probleme, da ich nach ICD-10 schon eine Asperger (ab ICD-11 nur noch ASS genannt) Diagnose hatte. Daher hat man sich zu der Zeit auch die ADHS Geschichte nicht mehr näher angesehen.
Ich habe dann trotzdem eine Diagnostik durchführen lassen und die Asperger Diagnose nicht erwähnt. Da kam dann ADHS auch deutlich raus. Hat mich dann irgendwie selber verunsichert, da ich ja nun beides hatte und das ja eigentlich nicht geht.
Also musste ich mich mal frei machen von der ganzen Einteilung in Schubladen. Sowohl ASS als auch ADHS wurden seitdem so etwas wie mein Spezialinteresse und ich habe alles zu dem Thema verschlungen und aufgesaugt und mich darin immer mehr gefunden.

>ICD-11: Autismus und ADHS können sich gegenseitig begünstigen, bzw. wer das eine hat hat vermutlich sogar auch das andere in irgend einer Form.
So sieht es aus! Es gibt durchaus Fachleute die der Meinung sind, dass in zukünftigen ICDs die beiden Diagnosen in ein Spektrum fallen werden.
Ich habe mich nach ICD-11 nochmals auf ADHS diagnostizieren lassen.

>Man kann sich vielleicht vorstellen dass die Diagnostik hier schon je nach ICD zu völlig unterschiedlichem Ergebnis kommen kann...
siehe oben anhand meines Werdegangs.
Ich denke allerdings schon, dass sowohl ASS als auch ADHS in beiden ICDs schon korrekt diagnostiziert werden, wenn man genug im Spektrum steckt. Lediglich Grenzfälle führen ggf. zu unterschiedlichen Ergebnisse.
Man muss fairerweise auch sagen, dass beide Themen ja noch gar nicht so lange intensiv erforscht werden. Aktuell tut sich da wirklich viel und hier sind nun eigentlich die Ärzte und Therapeuten gefragt, alte Weltbilder über den Haufen zu werden und sich den neusten Erkenntnissen zu öffnen.

>Absolute Zustimmung! Ich bin nicht diagnostiziert, habe also offiziell "nichts". Bei mir gibt es eine Art Verdacht dass ich im Spektrum bin. Also AD(H)S oder Autismus oder sogar beides habe. "Eine Art Verdacht" weil: Durch eine Person im Bekanntenkreis welche u.a. autistisch ist und die ich bei der (mehrfachen!) Diagnostik unterstützt und begleitet habe, habe ich einige Tests die diese Person machen musste auch "spasseshalber" mitgemacht die da wohl einige Tendenzen zeigen. In Gesprächen dieser Person mit ihrer Therapeutin, mit den Diagnostikärzten etc. wo ich zwar nicht bei bin aber halt auch von mir/über mich erzählt wird, gibt es sowohl von Therapeut- als auch Arztseite aus den Verdacht und die Empfehlung auch mal eine Diagnostik zu machen.
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>Allein dieser Verdacht hat bereits Einfluss auf mich. Es existiert plötzlich eine mögliche Erklärung für SO viele Dinge in meinem Leben. Wie muss das dann erst für Leute sein wo es nicht nur den Verdacht gibt sondern die entsprechend diagnostiziert wurden?

Mindblowing. Ich bin sehr tief in den Themen drin und mir fallen immer wieder neue Dinge aus meinem Leben ein (bis in die früheste Kindheit), die ich nun einordnen kann. Unterbewusst wusste ich schon immer, dass ich irgendwie anders bin - hatte aber nie eine Erklärung für das Sein, das Denken und die Emotionen. Zudem denkt man ja (zumindest dachte man das in seiner Jugend), dass alle die Welt so wahrnehmen. Böse Fehleinschätzung.

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>Ich bin noch nicht komplett 100%ig sicher ob ich wirklich eine Diagnostik machen möchte. Auf der einen Seite: Teuer, und ich bin jetzt fast 50 und mein bisheriges Leben lang ja bereits "irgendwie" klargekommen. Ausserdem könnte sich je nach Ergebnis diese mögliche Erklärung in Luft auflösen und ich wäre quasi wieder am Anfang.  Auf der andere Seite habe ich aber auch irgendwie Angst das es so läuft wie bei der Person aus meinem Bekanntenkreis: Ein Leben lang halt "irgendwie" mit klar kommen und  dann plötzlich von einem Tag auf den anderen der komplette Zusammenbruch und inzwischen schon seit ein paar Jahren geht dann so gut wie gar nichts mehr. :/

Oh Mann, das kann ich gut nachvollziehen. Bei mir ging die Spirale auch immer weiter nach unten - ich früher (wohl auch aufgrund meines ADHS) sehr sehr produktiv und beruflich erfolgreich. Je älter ich wurde, desto mehr schlugen die Nebenwirkungen und Komorbiditäten (Depression und Angststörungen sind ja schon fast Standard - wobei ich seit meiner Jugend Depressionen habe und das oft gar nicht mehr richtig benennen konnte weil es zu mir gehört).
Meinen Haupt-Job konnte ich irgendwann nicht mehr ausüben, ich habe zum Glück schon immer ein zweites Standbein (Arbeit mit Hunden) gehabt, was ich dann hochgefahren habe und was mich aufgebaut hat.
Der Zusammenbruch kam aber trotzdem. Ich denke aber schon, dass die späte Diagnose gut hilft, weil man sich selber nicht mehr ganz so für einen Idioten hält.
Wie gesagt und den Schlüssel hast Du ja auch schon gefunden, man kann auf einmal viele erklären und verstehen.
Ich begreife das Ganze auch nicht als Krankheit sondern einfach als eine Art des Seins. Das Hirn funktioniert halt in Teilen anders und das passt in die heutige Welt nicht ganz so optimal rein.

Es gibt ja gute Anlaufstellen um sich selber zu informieren, gerade die großen ADHS Vereine.


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>>Insofern ist die Arbeit mit wirklich gutem Ärzten ohne Scheuklappen wichtig, die halt kaum zu finden sind und jahrelange Wartezeiten sind die Folge.
>>Diagnostik würde ich daher auch nur in entsprechenden adhs ambulanzen durchführen, wo man auch mal links und rechts guckt.
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>This!
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>Die Person aus meinem Bekanntenkreis stand für ihre erste Diagnostik fast 3 Jahre auf der Warteliste. Da das Ergebnis dann, höflich ausgedrückt, sehr fragwürdig war, hat diese Person weitergeguckt und eine Praxis gefunden die komplett auf ADHS und Autismus spezialisiert ist, nach neuesten Kenntnissen und Standards arbeitet, auch mal links und rechts guckt etc. Auch dort musste diese Person 6 Monate bis ein Jahr warten bis es los ging aber der Unterschied der Diagnostik gegenüber der vorherigen ist wie Tag und Nacht.


Die Sache mit den Wartezeiten ist echt schlimm geworden. Viele der großen Ambulanzen nehmen nur noch Leute aus dem näheren Umkreis auf die Warteliste und auch dann dauert die Wartezeit gern mehrere Jahre.
Die kleinen Praxen für Selbstzahler halte ich für Grenzwertig, zumindest nachdem was ich von Betroffenen gehört habe, die sich dort haben diagnostizieren lassen - teils echt unseriös.


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