Thema:
Kognitive Dissonanz / Tribalismus flat
Autor: Pfombo
Datum:17.01.25 10:53
Antwort auf:Re:Zwei tolle Videos von KO

>>The political spectrum is a myth - von The Market Exit, gut 15 Minuten lang. Dieses Video find ich noch viel interessanter.
>>https://youtu.be/MYoA1R38cuc?si=_A2QbaGhiLm12UPH
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>Interessanter Standpunkt das radikal rechts sowie radikal links oft einfach verschiedene Meinungen haben wollen.
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>z.B. der "rechte" Punkt mit der Migration, also an sich müßten die Linken Islam Gegner sein, wegen den kaum vorhandenen Frauenrechten, aber sie haben trotzdem keine Problem mit Migranten diesen Glaubens.
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>Oder Rechte für LGBTQ+ Menschen. Aber was wenn z.B. ein Transsexueller Mann der sich als Frau identifiziert in einer Frauen Schwimm Mannschaft alle Medaillen gewinnen kann?
>
>Die Linken sind für erneuerbaren Energien und Windräder, also müssen die Rechten dagegen sein. Was könnte man da wohl kritisieren. Ach ja, dafür müssen sehr viele Bäume gerodet werden und die Natur zerstört, und plötzlich sind die Rechten die Umweltschützer.


Ja natürlich, darum geht's mir ganz oft. Jeder hat Werte, aus denen sich seine Überzeugungen bilden. Wenn diese Überzeugungen vom "Gegner" bedient werden, wehren wir sie ab, und wenn diese Überzeugungen vom "eigenen Lager" missachtet werden, tolerieren wir das. BEIDES ist dann aber ein Verstoß gegen unsere Werte. Das sind dann innere Konflikte, die man aber nicht bespricht aus Angst. Konformitätsdruck. Kognitive Dissoziation nennt man das auch.

Das Mindeste, was man machen sollte, ist, solche Widersprüche gegen die eigenen Werte und Überzeugungen zu erkennen, sie zu respektieren und sie dann im eigenen Lager zu besprechen. Damit wieder etwas Selbstvertrauen und auch Lagervertrauen hergestellt wird. Wenn mein Lager nicht mit mir über (m)einen Wertewiderspruch reden will, diesen also nicht respektvoll behandelt, dann schwindet mein Lagervertrauen. Und je schmerzhafter dieser innere Wertewiderspruch wird, desto schlechter geht es mir. Und wenn dieses Schmerzventil nicht geöffnet wird, verlässt man das Lager.

Das Rechts-Links-Spektrum fördert dieses Lagerdenken, man denkt, man MÜSSE immer mit ALLEN Überzeugungen des Lagers übereinstimmen. Wieder Konformitätsdruck. Muss aber nicht zwingend so sein. Wenn dein Lager diesen Wertewiderspruch mit dir erkennt, respektiert und bespricht, geht's dir besser.

Man kann diese Lager des Rechts-Links-Spektrums auch gegen zig andere Wörter/Gruppierungen austauschen. Stamm, Clique, Geschlecht, Klasse, Glaubenszugehörigkeit, Spezies... Veganer zB haben den Wertewiderspruch innerhalb der carnivoren Menschenbubble erkannt, nämlich dass Massentierhaltung den Respekt vor Tieren verletzt. Sie hatten also eine kognitive Dissonanz, und sie mussten was tun: Entweder die carnivore Menschenbubble respektiert diesen Widerspruch und beendet die Respektverletzung von Tieren (tat sie nicht), oder sie verlassen die carnivore Menschenbubble -> Veganismus.

So easy ist das. Es sind immer die selben Muster.

Edit: Interessanterweise können Veganer aber noch ziemlich gut mit Carnivoren zusammenleben und reden. Was bei Rechts und Links eher selten der Fall ist. Hm... Will jemand weiterdenken?

Edit2: Es ist Tribalismus!

[https://de.m.wikipedia.org/wiki/Tribalismus]

Im angelsächsischen Sprachraum werden gegenwärtige politische oder allgemein gesellschaftliche Differenzen und Spaltungen als Tribalismus bezeichnet, so von Autoren wie Andrew Sullivan und Ezra Klein. Die „Stämme“, z. B. die „Ostküstenelite“ und das „Rust Belt-Proletariat“ grenzen sich als Milieu und Lager voneinander ab und gelangen nicht zu (nationalen) Kompromissen.[18]

Mit der sog. Identitätspolitik zersplittere die Gesellschaft in immer neue Kollektive, die für ihre partikularen Gruppeninteressen kämpfen (Tribalisierung).[19]


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