Thema:
Re:Warum ist moderne Ästhetik so bieder? flat
Autor: token
Datum:01.12.24 10:38
Antwort auf:Re:Warum ist moderne Ästhetik so bieder? von Kola

>Diese banale moderne Architektur ist entsetzlich. Die 50er- und 60-er Jahre hatten teilweise noch einen gewissen Stil, aber in den Jahrzehnten danach hat man jede Bautradition abgelehnt (bzw. das Bauhaus pervertiert) und jetzt entstehen allerorts solche Gebäude wie in der Hafencity. Der Kontrast zwischen der kleinen aber schönen Speicherstadt und dann diesem riesigen Baugebiet aus wahllos zusammengesetzten Quadern der Hafencity ist erschreckend. Das kriegst du jetzt auch nicht mehr abgebrochen.

Hier liefert auch die Baugeschichte Kölns zwei spannende Anekdoten.

Die eine ist Chorweiler.
Chorweiler hat eine der besten, wenn nicht gar die beste Infrastruktur der ganzen City. Zum einen weil es in ihrer Gesamtheit eine Plansiedlung war wo man durchziehen konnte, zudem hat sie einen nahezu perfekten Spot. Der Zugang zur Zentrale ist ebenso gegeben wie der Zugang zu Grünanlagen, mit dem Rad bist du ratzfatz in einem wunderbaren Naturschutzgebiet wie auch am See.

Die Siedlung selbst hat einfach alles, großes Shoppingcenter, einen Verkehrsknotenpunkt mit direktem Zugang zur Schnellstraße zur Autobahn, S-Bahn, U-Bahn und Busbahnhof. Schwimmbad, Bücherei, Park, Altenheim, egal was man sich ausdenkt, alles ist da, alles ist hochgradig durchdacht strukturiert.

Dieses Effizienzdenken der Funktionsplanung machte aber auch nicht beim Wohnraum halt, und um möglichst viele Menschen unterzukriegen wählte man das Hochhaus.

Resultat: Die beste Infrastruktur der Stadt ist ein Ghetto.
Niemand der Kohle hatte wollte dort wohnen.


Zweite Anekdote ist das Herkules-Hochhaus. Auch ein Funktionshaus, steht aufgrund seiner Geschichte gar unter Denkmalschutz dieser hässliche Block. Planung war Schickimicki-Behausung, herrje, die haben selbst ein Schwimmbad samt Sauna ins Dachgeschoss geflext.

Resultat: Wohnen tun da nur Sozialversager, Verrückte und verzweifelte Studenten.

Hoffe jedenfalls schwer dieser gesamtheitliche Minimalismus/Funktionstrend mit ohne jedwede individuelle Noten wo selbst ein Farbanstrich nicht mehr gewollt und zu anarchistisch ist, bekommt alsbald eine folgerichtige Gegenbewegung.


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