Thema:
Ist wohl alles sehr anstrengend. flat
Autor: Matt
Datum:19.09.24 14:10
Antwort auf:Vier Wochen später ist sie endlich im Hospiz. von Matt

Das letzte Mal wach habe ich sie am Dienstagabend gesehen. Ich war gestern morgen eine Stunde bei ihr, gestern Abend kurz, da sie auch geschlafen hat und jetzt gerade, seit einer halben Stunde. Und sie schläft.

Sie war etwas unruhig mit der Hand. Nach 20 Minuten habe ich bemerkt, dass sie ein kleines Pflaster an einem Finger kleben hat. Manchmal ist es so trivial. Ich habs weg gemacht, sie öffnete kurz die Augen, ist dann aber doch wieder eingeschlafen, nicht ansprechbar, whatever.

Unfair, wenn man hört, dass sie gestern wach war und von einer der freiwilligen Helferinnen im Rollstuhl durchs Quartier geschoben wurde. Wenn man erfährt, dass sie gestern morgen im Rollstuhl sass und auch zu Mittag gegessen habe. Heute vormittag wohl auch. Ist wohl alles sehr anstrengend. So sitze ich nun einfach neben ihr, bin da, bin ruhig, lasse sie liegen, damit sie morgen wieder die Chance hat in den Rollstuhl zu sitzen.

Das Wochenende steht vor der Türe und der große Traum mit ihr mein Singlehaus zu dekorieren, wird leider nicht in Erfüllung gehen. Ich hätte sie so gerne einmal wach nach Hause und zurück gebracht. Klar, ich kann nichts dafür, ungeachtet dessen macht es mich betroffen, dass sie bewusstlos das Haus verlassen hat und nach inzwischen 5 Wochen keine Möglichkeit hatte zurückzukehren oder gar für sich einen wie auch immer gearteten Abschied von dem Ort zu finden, an welchem unsere Familie lebte. Hoffentlich bekommen wir die Gelegenheit dazu noch einmal. Ich werde das aber sicher nicht machen, nur um mein Ego zu befriedigen.
Vielleicht wäre das auch nur eine Qual für sie, sich bewusst zu verabschieden. Wobei ich nicht mal weiß, ob sie mich gerade erkennen würde.


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