Thema:
Warum die AFD im Osten so proftiert flat
Autor: Droog
Datum:04.09.24 21:55
Antwort auf:Politik in Deutschland und Europa, Nummer 29 von Lord Chaos

Mal der Versuch für ein paar Thesen und Erklärungen:

Es wird ja immer als Hauptursache für den Aufstieg der AFD gesehen, dass die neuen deutschen Bundesländer auf ländlicher Ebene im Stich gelassen oder herunter gewirtschaft wurden.

Ja, das stimmt durchaus. Sozioökonomisch wurde dort einiges versäumt, aber das gilt auch für Westdeutschland. Im Sauerland z.B gibt es etliche Komunen, wo es keinen Supermarkt, geschweige denn einen Dorfladen mehr gibt, ebenso muss man für den nächsten Arzt auch mal nach Arnsberg oder Menden. Die Leute sind überwiegend
stark konservativ, finden ihren politischen Anker aber immer noch überwiegend bei der Union. Im Münsterland gibt es in der Diaspora sogar Ortschaften, die man als grüne Hochburgen bezeichnen könnte.
Da stelle ich mir die nächste Frage: War es früher denn so viel anders/besser? Ich meine mich an Zeiten zu erinnern, wo Oma und Opa per pedes ordentlich Kilometer gemacht haben, um zum Markt, zum Landarzt oder in die Schule zu kommen.
Wünsche ich mir diesen Zeiten zurück? Nein, aber ein Leben auf dem Land bedeutet nunmal auch, dass man auf gewisse Vorzüge und Komfort des urbanen Stadtlebens eventuell verzichten muss, dafür hat man seine Ruhe, viel besser Luftqualität, viel Natur und es existiert oft eine deutliche größere Solidargemeinschaft.

Aber in viele in dieser Regionen herrscht im Osten dagegen eine signifikant größere Wehleidigkeit und Unzufriedenheit.
Das bringt mich zum nächsten Punkt: Die DDR war zwar ein Unrechtsstaat, aber jeder Bürger war dank Planwirtschaft vollkommen abgesichert. Man hatte Arbeit, die Leute wurden versorgt. Es fehlte, wenn auch auf niedrigerem Niveau als im Westen an nichts. Die Wende war für viele ein Kulturshock.
Heute glauben einige der Staat ist weiterhin in der Pflicht die Menschen vollumfänglich zu versorgen(DDR), mit allen Annehmlichkeiten der Freiheit die der Westen bietet.

Was imo auch die latente und auch offene Fremdenfeindlichkeit begünstigt, ist das in der DDR der Nationsozialismus nie wirklich aufgearbeitet. Rassismus und Faschismus gab es laut den Machthabern nicht auf der Ostseite der Grenze, sondern nur drüben.
Hier hat die Politik nach der Wende es verkackt, durch verstärkte Bildungsprogramme Präventivmaßnahmen zu ergreifen

Was der Wirtschaft im Osten außerdem schadet, ist der schlechte Ruf durch Lichtenhagen und Co und leider wird dieser auch bis heute immer wieder bestätigt, dass dort in vielen Ecken ein allgegenwärtiges ungemütliches Klima für Ausländer vorherrscht,auch wenn dafür sicherlich bei weitem nicht die meisten Menschen dort verantwortlich sind.

Ein Artikel aus der NYT:

[https://www.nytimes.com/2024/08/31/world/europe/germany-saxony-elections.html]

Some, like Anass Halime, 28, who moved to Görlitz six years ago from his native Morocco, have found the atmosphere too unwelcoming. He finally decided to move to the western part of the country, taking his information technology company and four jobs with him.

Despite having done everything he could — joining the volunteer firefighters, learning excellent German — he says he could no longer take the constant trickle of harassment he was subjected to as a foreigner. “Friends warned me about the East before I moved here,” he said.


Und wir reden hier von Görlitz, einer mittelgroßen, wunderschönen Stadt.


Die Problem sind IMO komplexer, als alles nur auf Vernachlässigung zurück zu führen. Es wird wahrscheinlich mehr tools als ein lösen der Schuldenbremse benötigen.

Was mir bei einer starken und politisch den Ton angebenen AFD außerdem Sorgen macht, auch wenn sie keine neuen Gesetze und Reform durchbringen kann, sind rechtsradikale Verbrecher und Schläger, die sich dann erst wirklich ermutigt fühlen die Sau raus zu lassen. In Sonneberg sind Zahlen von rechtradikalen Übergriffen seit es dort einen Landrat der AFD gibt, deutlich gestiegen.


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