Thema:
Re:Walz started stark und begeistert flat
Autor: Kyo
Datum:08.08.24 13:05
Antwort auf:Re:Walz started stark und begeistert von ChRoM

>>Wenn man in den letzten 20 Jahren keinerlei Primaries näher verfolgt hat, könnte man tatsächlich diesen Eindruck kriegen!
>Das eine ist, was in der Öffentlichkeit passiert. Das andere, was hinter den Kulissen vorgeht und oft erst Jahre später rauskommt. Diese Story hier ist bekannt? [https://www.politico.com/magazine/story/2017/11/02/clinton-brazile-hacks-2016-215774/]


Ja, bloß war die Story schon immer ziemlicher Käse, weil Brazile da in melodramatischer Weise allerlei Zeugs zusammengeschmissen hat, das zum Teil ewig bekannt und zum Teil einfach falsch dargestellt war. Das ach so schlimme DNC-Abkommen des Clinton-Teams bezog sich zum Beispiel explizit auf die Zeit nach den Vorwahlen, wozu der obige Artikel aber nichts sagt.

Und nicht zuletzt ist sie dann innerhalb von Tagen zu dem, was die Leute da reinlesen wollten, explizit zurückgerudert:
“I found no evidence, none whatsoever” that the primaries were rigged, Brazile said during an appearance on ABC’s “This Week.”
[https://www.politico.com/story/2017/11/05/donna-brazile-rigged-democrats-clinton-sanders-244566]

Tatsache ist, dass die Kandidaten der letzten 20 Jahre allesamt Millionen von Stimmen von regulären Wählern auf sich vereinen konnten, bevor sie die Position inne hatten. Was da Parteieliten sich wünschen, spielte da keine große Rolle - Kerry war 2004 nicht deren Favorit, Obama 2008 nicht. Auch Biden war 2020 anfangs nicht der klare Wunschkandidat, da er schon damals als zu alt galt. Die Wähler bekamen ihren Mann trotzdem, selbst die schlechte Presse nach den schwachen ersten Vorwahlen konnte ihn nicht bremsen. Wenn man das alles durch die "aber Bernie!"-Brille betrachtet, übersieht man das natürlich. Dabei ist die Tatsache, dass nach 2008 auch die 2016-Primaries bis zur letzten Vorwahl und effektiv sogar bis zur Convention liefen, ein weiterer Beleg dafür, dass eben nicht die Parteispitze bestimmt. Obwohl die ständigen Angriffe des schon Wochen vorher fast sicheren Verlierers Bernie Sanders auf die spätere Kandidatin alles andere als hilfreich waren, ließ man ihn gewähren, damit die Wähler letztendlich entscheiden konnten.

In der Hinsicht sind die USA geradezu absurd demokratisch, wenn man das mit den paar Hundert oder Tausend Parteimitgliedern vergleicht, die bei uns die Kandidaten für ihre Partei bestimmen. Olaf Scholz wurde vom Parteipräsidium und dem Vorstand bestimmt, was dann von grade mal 513 Delegierten abgesegnet wurde. Obama, Clinton und Biden bekamen dagegen allesamt mindestens ~17 Mio. Stimmen von regulären Wählern, bevor sie die Partei in den Wahlkampf führen durften. Das ist so ein himmelweiter Unterschied, dass es echt ein schlechter Witz ist, das darzustellen als dass "sich der demokratische Führungszirkel hinter verschlossenen Türen darauf verständigt, welchen Kandidaten man unterstützen möchte".


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