| Erlebnisbericht Reisetag 1: Roland Garros |  |
Hallo zusammen,
nachdem ich ja schon schmerzlich vermisst wurde (<3 an der Stelle), hatte ich ja angekündigt, ein bisschen was über meine Reise zu den Olympischen Spielen zu berichten. Aktuell sitze ich noch in Paris und bleibe noch bis Samstag. Es gab bereits ordentliches Programm, 1-2 Events werden wir bis zum Ende auch noch machen, jedoch will ich in kleinen Häppchen als eine Art Reisetagebuch hier berichten (auch, weil wir noch mitten drin sind und ich nicht weiß, wann ich jeweils wieder Zeit zum schreiben haben werde).
TL/DR: Der erste Tag mit Tennis war unglaublich!
Kurzes Intro:
Ich liebe die Olympischen Spiele. Vor allem die Sommerspiele. Seit ich Kind war verfolge ich das. Ich liebe es, Sport zu schauen. Ich liebe es Sportarten zu sehen, die mich sonst vier Jahre nie interessieren und die nie in den Medien sind. Und so kam es, dass ich Anfang 2023 mit einer Freundin aus dem Nichts die Idee Paris 2024 zu machen hatte. Wir sind beide neben dem Fussball große Tennisfans und so war der Gedanke Roland Garros und die Olympischen Spiele zu verbinden natürlich der Aufhänger schlechthin. Also belesen, wie wir an Tickets kommen würden, für den Draw registriert, ein paar Monate nix gehört und auf einmal hatte wir gegen April die Nachricht im digitalen Postfach: Ihr wurdet gelost und habt zum Zeitpunkt X 48 Stunden Zeit Sessions zu buchen.
Zeitpunkt X war dann irgendwann Anfang Mai '23, genaueres Datum weiß ich gar nicht mehr. Wir haben uns also Gedanken gemacht welche Sessions wir sehen wollen und wieviel Geld wir ausgeben wollen würden. Fokus war ganz klar: Eine Tennissession, bestenfalls auf Philippe Chatrier und dann den restlichen Trip drum rumplanen.
Tag X kam, wir haben uns um 10 Uhr eingeloggt und waren erstaunt wieviele Tickets für unterschiedlichste Sportarten es noch gab (Tennis, Volelyball, Wasserball, Beachvolleyball, Leichtathletik, Fussball) und welche schon zu dem Zeitpunkt weg waren (Schwimmen bspw.). Also Tennistickets durchgegangen und dann ploppte da die vorletzte Session auf: Samstag, 2.8.2024, Goldmedaillen Match Damen Einzel, Goldmedaillen Match Herren Doppel, Bronzemedaillen Match Herren Einzel.
Spaßeshalber drauf gedrückt und erwartet, dass dort nur Preise bzw. Kategorien im obersten Preissegment verfügbar sein würden. Aber dem war nicht so. Die billigste Kategorie war zwar schon weg. Die zweite Kategorie war aber noch verfügbar. 195€. Aua. Aber erstmal zwei in den Warenkorb gelegt und dann 20 Minuten bei ablaufenden Timer darüber geredet, ob man das machen soll. Goldmedaillenmatch Frauen: Hey cool, wir könnten Iga oder Sabalenka sehen, das schon cool. Bronzemedaillenmatch Männer sowieso die Wahrscheinlichkeit hoch etwas cooles zu sehen und Doppelherren: Sie ist seit Jahren unglaublich großer Fan von Matthew Ebden und seinem Doppelspiel. Haben spaßeshalber den Gedanken ausgesprochen wie cool es wäre ihn zu sehen. Ich bin sowieso einfach nur sehr großer Australienfan im Allgemeinen und daher bei dem Gedanken direkt dabei gewesen.
Also auf Bestellen gedrückt, denn "man gönnt sich ja sonst nichts".
Verrückt. 195€ ausgegeben für einen Tag. Und man ist noch nicht mal in Paris. Wer weiß, wie viel tausende von Euro man für ne Unterkunft noch bezahlen müsste. Aber egal, was man hat, hat man erstmal.
Aber hey, wenn man schon mal dabei ist und jetzt einen Ankerpunkt hat. Lass uns doch mal schauen, was wir sonst noch machen könnten. Ey, da bauen die wohl ein Beachvolleyballstadion vor den Eifelturm. Sind die Franzosen komplett bescheuert? Das müssen wir machen! (Klick, 2 Achtelfinalspiele am Montag, 5.8.2024, in der spätesten Nightsession waren gekauft).
Und hey, Olympia ohne Leichtathletik geht nicht. Stade de France bestimmt cool. Boar, aber super teuer... Aber Weitsprungfinale der Frauen, Speerwurf Herren. Da könnten Deutsche was holen. Stell dir vor wir sehen Malaika zu Gold springen. (Klick, auch das für den Donnerstag, 8.8.2024, gekauft).
Ja scheiße, jetzt müssen wir da echt ne Woche Parisurlaub machen? Ähm... Warum haben wir das gemacht? Das wird doch bestimmt schweineteuer. ABER EGAL, SOWAS IST NUR EINMAL.
Was die Unterkunft angeht, kürze ich kurz ab. Bereits ein paar Tage später hatten wir eine bestätigte AirBnb Unterkunft. Ein Höllenloch außerhalb Paris. 12qm, kein Fenster, kein richtiges Bad, Küchenzeile. Aber naja, es war billig (350€ für 8 Nächte). Ich spule hierbei mal vor bis zum Juni diesen Jahres. Immer wieder geschaut, aber alles nur unfassbar teuer. Im Frühjahr hat man aber gemerkt, dass die Preise sinken, denn die Pariser bekommen ihre Wohnungen nicht los zu den gewünschten Preisen. Auf einmal tauchte dann eine Wohnung auf. 2 Zimmer im 20. Arrondisment, richtige Küche, richtiges, kleines Bad. Metrostation keine 5 Minuten entfernt. Aber keine Bewertungen. Die Gastgeberin zwar verifiziert, aber letzte erfolgreiche Miete Ende 2022. No Risk no fun, stornierbar bis 1 Tag vor Reiseantritt (genau wie unser Höllenloch). Vielleicht gibt es ja noch Bewertungen bis wir da sind.
Ich bin ehrlich. Als ich letzten Freitag dieses Haus erreichte, durch 2 Zugangsschlösser musste, deren Codes mir eine Nachbarin der Vermieterin durchgab, hatte ich durchaus Angst, dass ich gleich einkassiert und mir die Organe entnommen werden würden.
Aber: Die Wohnung war kein Fake, sie existiert, sie ist so wie auf den Fotos, die Nachbarin war nett und naja, auf einmal begann der Trip, den man 1 1/2 Jahre zuvor fast als Spaß geplant hatte.
So, genug Intro. Springen wir also zu unserer ersten Veranstaltung. Tennis. Auf Philippe Chatrier. Medalmatches. Wow. Kindheitstraum alter.
Ihr erinnert euch, dass ich oben schrieb, was für ein riesiger Fan hier von einem australischen Doppelspieler mit mir nach Paris gereist ist? Exakt. Dieser Matthew Ebden spielt im Doppelfinale um Gold. Exakt die Idee, die das Zünglein an der Waage war das Geld für das Ticket auszugeben würde um Gold spielen. Nachdem wir beide etwas traurig darüber waren kein Sir Andy Murray oder Nadalcaraz im Finale zu sehen. Dass diese Idee wirklich wahr werden würde. Verrückt!
Und, um den Tag noch interessanter zu machen, kam am Freitagabend noch ne Pushbenachrichtigung in der Ticket App, dass die Session angepasst wurde. Statt drei Matches würden wir nun sogar vier sehen, denn auch das Herren Doppelmatch um Bronze wurde noch in unsere Session gelegt. Crazy. Den ganzen Tag also auf der Anlage sein.
Springen wir also zum Tag:
Was sehr cool ist, ist das, was man mitnehmen darf: Essen mitnehmen ist überhaupt kein Problem, eine Wasserflasche bis 750ml ebenfalls. Kostenlose Wasserstellen an Allen Sportstätten. Ich fasse das Drumhherum mit einem Wort bisher zusammen und das steht für alles hier bis jetzt: Die Volunteers, die Organisation des ÖPNV, die Polizisten, die Wasserstellen, die Einlass- und Sicherheitskontrollen. Das ist wirklich alles unfassbar gut. Man fühlt sich sicher, ohne dass es zu krass wirkt. Alle sind unglaublich nett. Und selbst die Preise, wenn man doch mal was bei ner Veranstaltung an Verpflegung kaufen will, halten sich in Grenzen (0,5l Cola für 5€ bspw.). Wir hatten Essen und Flasche dabei und haben den ganzen Tag auf der Anlage genau 6€ ausgegeben. Zu zweit. Und das war für 2 Eis :D
Zum Sportlichen:
4 Matches standen also auf dem Plan:
Doppelherren Finale: Ebden/Peers - Krajicek/Ram. Rein auf Doppel bezogen ein Traumfinale. Auf beiden Seiten reine Doppelspieler.
Doppelherren Bronze: Fritz/Paul - Machac/Pavlasek. Fritz/Paul super Einzelspieler, die wir sehen wollten, aber rein als Paarung gab uns das Match nix.
Einzeldamen Finale: Absolute Überraschung. Kerber und Swiatekbesiegerin Zheng gegen Außenseiterin Vekic. Durch ihre starke Leistungen gegen Angie und Iga hatten wir ein eindeutiges Spiel erwartet.
Einzelherren Bronze: Musetti - Auger-Alissime. Kurzum: Ebenfalls überraschend, beide Spieler aber mit einem super Jahr bisher und demnach erwarteten wir ein geiles Spiel.
(Sehen Sie mich hier vor der Paarungsanzeige. Für wen ich gerootet habe wohl offensichtlich: [https://i.ibb.co/TM2qqnh/PXL-20240803-085707581-MP.jpg])
Dieses Doppelfinale war schlicht und ergreifend der absolute Oberhammer. Bewaffnet mit unseren beiden Boxing Kangaroos am gefühlten Arsch der Welt im Eck der Anlage ging es los.
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Satz 1 im Tiebreak verloren, Satz 2 direkt 0:2 hinten, dann 1:3, 2:4, Rebreak. Ein für Doppelverhältnisse sehr langes Match, enge Ballwechsel, keiner mit großem Vorteil. 6:6. Wieder Tiebreak. Und unsere Aussies holen sich den klar mit 7:1.
Also Matchtiebreak. Ein Tiebreak bis 10, da im Doppel und Mixed kein dritter Satz ausgespielt wird. Und es läuft alles überragend. 9:5. 4 Goldmedal Points. 9:6. 9:7. 9:8. Und dann verwandeln sie ihn. Mit 6:7 7:6 10:8 gewinnen Ebden/Peers die Goldmedaille für Australien. Wir im Eck des Stadions am Austicken. Der Moment, der der Auslöse für unseren ganzen Trip war, ist eingetreten. In der ersten Session, im ersten Match unserer Reise. Verrückt. Einfach verrückt. Dass die beiden uns sogar da oben fahneschwinkend gesehen haben und uns zugewunken haben, als sie ihren Sieg auf dem Court feierten, war dann noch das i-Tüpfelchen.
Schlicht: Unfassbar.
Gefühlt da schon komplett im Eimer gewesen. Erstmal runterkommen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn wir sind erstmal vom Court runter. Wir brauchen ein Eis. Wir müssen erstmal klar kommen.
Wir gehen vom Court und sehen dann, wie auf einem der Nebenplätze gerade Auger-Aliassime sich einspielt für Abends. Zusammen mit Novak Djokovic. Ih... Novak... Aber ich würde lügen, würde ich sagen: Es ist cool ihn auch mal live zu sehen. Kurz en Foto von den beiden beim Training gemacht und auf zum Eis. Und wen sehen wir da? Musetti trainiert ebenfalls auf einem der Nebenplätze. Nur, für den interessiert sich quasi keiner. Alle wohl zu gebannt auf Djokovic. Also auf der Tribüne Platz genommen, das Training beobachtet, Autogramm abgeholt, ihm viel Glück für abends gewünscht.
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Mist, das Doppelspiel um Bronze läuft bereits und Fritz/Paul sind kurz vorm Gewinn erster Satz. Und wir haben immer noch kein Eis. Verdammt. Schnell Eis kaufen. Eis gekauft und auf zurück zu unseren Plätzen. Auf den Weg dort hin werden wir angesprochen von einem australischen Radioreporter. Er freut sich, dass er Leute in australischen Farben sieht und fragt, woher wir kommen würden. Als wir mit "Germany" antworteten war er stutzig und hat gefragt, wieso wir denn dann so australisch rumlaufen würden. Dem sind die Augen aus dem Kopf gefallen, als wir kurz erzählten, dass wir Ebden Fans sind und die Karten seit 1 1/2 Jahren hätten und uns das immer vorgestellt haben. Was ist also passiert? Kurzerhand haben wir dann noch ein mehrminütiges Interview mit einem Reporter eines Radiosenders aus Sydney gemacht, der meinte, dass das die coolste Story sei, die er heute haben würde.
Nummern mit ihm ausgetauscht, er hat uns auch noch direkt das Interview mit uns geschickt und auch noch seins mit Ebden/Peers nach dem Spiel. Wie cool ist dieser Tag?
AUSSIE AUSSIE AUSSIE - OI OI OI
Ja, aber scheiße. DOPPEL BRONZE LÄUFT. Ähm ja... Wir haben dann immerhin das letzte Spiel im zweiten Satz und den Matchball gesehen. Sonst aber von dem Spiel absolut gar nichts. Naja, passiert. Dafür schon wieder die verrücktesten Sachen erlebt.
Der Tag ist nur zur Hälfte rum und wir sind schlicht schon komplett im Eimer. So viele Eindrücke, große Hitze, die Sonne ballert uns ins Gesicht.
Aber: Damenfinale nun! Und das wollen wir komplett sehen.
Ich kürze hier dann doch ein bisschen ab. Es war uns eigentlich egal, wer gewinnen würde. Dachten wir zumindest. Jedoch war sehr schnell klar: Wir sind für Vekic, auch wenn sie keine Chance haben würde. Denn es gab zwei so nervige Dinge in diesem Match. 1. Die chinesischen Fans. Sehr laut, aber auch leider sehr nervig. Sowohl im Auftreten als auch im immergleichen Anfeuerungsruf, der bereits nach den ersten 2 Spielen anstrengend war. Und 2. das Verhalten von Zheng beim Aufschlag. Ich weiß nicht, wie viele abgebrochene oder unterbrochene Aufschlagsbewegungen es bis zum Ende des Matches waren, aber 20-30 definitiv. Dazu noch ein paar nervige Diskussionen mit der Schiedsrichterin. Es hat uns zur Weißglut gebracht. Und so ging es nicht nur uns beiden sondern auch dem Rest des Stadions, die nicht erkenntlich zu China standen. Immer lauter wurden die "Donna, Donna" Sprechchöre als Antwort auf chinesische Anfeuerungen.
Das Spiel war dann leider trotzdem so klar, wie erwartet. Zheng die erwartet bessere und zielstrebigere Spielerin und dann letztendlich die verdiente Olympiasiegerin.
Und hey, bei der Siegerehrung konnten wir dann doch noch Iga sehen, die sich dann doch sichtlich über ihre Bronzemedaille freuen konnte <3
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Boar sind wir im Eimer. Bald 10 Stunden auf der Anlage und es kommt noch ein Spiel. Aber och ne, es kommt eine Regenfront. Dabei nach Hause zu gehen auch keine gute Idee (wir hatten echt überlegt früher zu gehen). Dass aber viele Leute zu kämpfen hatten, merkte man krass. Das Match war nicht mehr gut besucht. Unsere Sitznachbarn sagten bspw., dass Ihnen das nun schlicht zu spät werden würde und sie nach Hause gehen. So erging es vielen. Dementsprechend war das Spiel wirklich nicht mehr gut besucht.
Aber naja, auf Regen hatten wir keine Lust. Also dann halt doch zuschauen, wie das Dach zufährt und wir schauen das Spiel komplett und hoffen, dass danach der Regen vorbei ist (war er)
Super geiles Match. Brutal starker erster Satz von Musetti, völlig von der Rolle in Satz 2, mega Tennis in Satz 3 mit glücklicherem Ende für den Italiener. Wir haben zwar eher für Felix gehofft, aber mit Lorenzo waren wir dann auch zufrieden.
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Tja, und dann war es also vorbei... Nach knappen 13 Stunden auf der Anlage. Der Moment und Tag, für den man eigentlich den ganzen Trip geplant hatte. Und er war noch so viel besser, als wir beide je erwartet hatten.
Kann das überhaupt im Rest der Woche noch getopt werden?
Ihr werdet es sehen, wenn die nächsten Berichte kommen (vielleicht werden diese aber etwas kürzer, denn holy shit was ist das denn hier geworden. I'm sorry.)
Achja, noch ein paar weitere Impressionen vom Tag :-)
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