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| Autor: | Kilian | ||
| Datum: | 17.07.24 11:22 | ||
| Antwort auf: | Re:Addendum: von suicuique | ||
>>Der Fall ist insofern so brisant, da man hier wirklich die Büchse der Pandorra öffnen könnte, weil es darum geht ob man einem Ministerium die Möglichkeit einräumt unliebsame Medien einfach per Dekret ohne Einbezug der Legislative verbieten zu können. > >Welche Beispiele hast Du denn so im Kopf bei denen vor dem Verbot die Legislative eingebunden war? Häh, wieso der Legislative? Meint er die Judikative? >ehrlich: Ich bin beim Lesen dieses Threads baff erstaunt darüber was für Vorstellungen die Leute haben, wie Verbote abzulaufen haben. Dass ein Gericht ein mögliches Verbot eines Presseorgans prüft, bevor dieses durchgesetzt wird, finde ich gar nicht so abwegig angesichts der Rolle, die die "Vierte Gewalt" für eine funktionierende Demokratie spielt. Das ist in D aber offensichtlich nur bei Parteiverboten vorgesehen, insofern sei es eben so. Bleibt die Hoffnung, dass das Compact-Verbot auf festen Füßen steht und nicht von einem Gericht wieder gekippt wird. Dann wäre der Schaden enorm. Dass die Sache heikel ist, sieht die SZ übrigens auch so (Paywall): Es ist schwierig, sich zu freuen, wenn eine Zeitung verboten wird. Offiziell ist am Dienstag natürlich nicht eine Zeitung verboten worden, sondern „nur“ die hinter dem Monatsmagazin Compact stehende Geschäftsstruktur, was das Bundesinnenministerium zunächst nicht ganz säuberlich erklärt hat. Dies sind die Compact Magazin GmbH und die dazugehörige Conspect Film GmbH. Zeitungen kann man gar nicht so einfach verbieten. Der Grund ist der Artikel 5 des Grundgesetzes, Absatz 1, Satz 3: „Eine Zensur findet nicht statt.“ (...) Es ist noch immer recht neu, dass die Sicherheitsbehörden in Deutschland überhaupt versuchen, Medien mit den Mitteln des Vereinsverbots zu stoppen. Möglich ist es zwar: Vereinigungen, die sich „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ richten, können verboten werden, so steht es schon seit dem Beginn der Bundesrepublik in Artikel 9, Absatz 2 des Grundgesetzes. Aber es kommt noch nicht lange vor, dass dieses Mittel nicht bloß gegen militante rechte Baseballschläger-Kameradschaften herausgeholt wird, sondern auch gegen Redaktionsstuben mit ihren Tastaturen. (...) Bei Compact (...) ist das Erscheinungsbild sehr viel journalistischer – und der Beleg für eine Aufstachelung zu Gewalt womöglich sehr viel schwieriger zu führen. Darauf kommt es im Kern jetzt an. Hat das Compact-Magazin sich in „aggressiv-kämpferischer“ Weise für einen Umsturz der Demokratie hierzulande eingesetzt? Weil Verbote von Medien noch ein so junges Phänomen sind, haben sich höchste Gerichte bislang nur wenig damit befasst, was diese eher schwammige juristische Formel eigentlich bedeuten soll, wenn es um die Presse geht. Aber so viel hat das Bundesverwaltungsgericht im Fall von „linksunten.indymedia“ 2020 dann doch schon klargemacht: Zu einer freiheitlichen Demokratie passen keine Gesinnungsverbote durch die Hintertür. Pressefreiheit gilt auch für Finsterlinge. [http://www.sueddeutsche.de/meinung/compact-verbot-rechtsextremismus-meinungsfreiheit-kommentar-lux.hCSAGYSPHzaiaNyKsrbT1] >Warum sollte eine Gesellschaft besser vor Verbots-Missbrauch geschützt sein wenn diesen Entscheidungen Gerichte vorstehen? Weil Gerichte Recht sprechen und nicht nur Recht deuten (Exekutive). Und es stellt eine zusätzliche Hürde dar, die Missbrauch erschwert. Das sollte doch eigentlich einleuchtend sein. >Klappt das aktuell in den USA bei denen diverse Prozesse gegen Trump aus den fadenscheinigsten Gründen von Gerichten gekippt werden? Klappt das in Ungarn? Hat das in Polen geklappt? Wenn diese dysfunktionalen Demokratien, die schon erheblich an der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Gerichte gesägt haben, dein Anspruch sind, hast du natürlich recht - dann können wir es gleich sein lassen. Aber Gott sei Dank sind wir noch lange nicht in einem solchen Zustand. |
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