Thema:
Re:Kann man nicht schönreden… flat
Autor: token
Datum:29.04.24 13:04
Antwort auf:Kann man nicht schönreden… von Derrick

>…oder relativieren. Da muss man anschauen wer vor Ort war und evtl ermitteln weil die demokratische Grundordnung abgelehnt wird. Sowas darf man nicht tolerieren.

Zur unbequemen Wahrheit gehört wohl auch, dass die aktuelle Sicherheitslage wohl auch Ergebnis von Geheimdienstarbeit ist. Es gibt immer wieder mal Meldungen, die dann aber weil nichts passiert ist, eher Fußnotencharakter erhalten, wo man von vereitelten Plänen spricht. Mein Eindruck wäre schon dass die Geheimdienste gelernt haben, ihre Infos untereinander teilen, die Szenen beobachten, V-Männer an signifikanten Schaltstellen haben usw.

Das wäre dann das was man dieser Scheiße irgendwie noch positiv abgewinnen könnte, eine Szene die im Untergrund agiert, oder gar eine mit Einzelkämpfern welche was in ihrem Zimmer ausbrödeln, die bekommst du kaum vernünftig beobachtet.

Durch diese öffentlichkeitswirksame Entblödung bewirbst du dich hingegen direkt für eine Aufnahme in einer potenziellen Gefährderkartei, und da mag auch manch Eigenbrödler durch solche Szenen ans Tageslicht gezogen werden, wo er sonst im Dunkeln vor sich hingeschwurbelt hätte, und ist damit zumindest auf dem Schirm.

Davon ab ist es natürlich dennoch schwer zu ertragen was sich hierzulande für Kräfte unter dem Schutzschirm der Redefreiheit inszenieren und womit diese skandieren, seien es die Galgenmännchen oder Kalifat-Plakate, da bleibt einem schon die Spucke weg wenn man sieht wie viele Menschen sich zu derlei Bewegungen mobilisieren lassen.

Den höchsten Handlungsbedarf sehe ich persönlich allerdings nicht in einer Nachschärfung der Gerichtsbarkeit von "Meinungen", denn das ist ja in der Tat ein zweischneidiges Schwert, wo man schnell Gefahr läuft das was man schützen möchte, mit der Schutzmaßnahme abzuschaffen.

Viel mehr besorgt mich weiterhin die Rolle der sozialen Medien in diesem Shitshow-Theater. Demokratie heißt, das Volk herrscht. Ein Volk kann aber nur dann vernünftig herrschen und die richtigen Impulse geben wenn es ein Mindestmaß an objektiver Aufgeklärtheit mitbringt.

Klassisch haben diese Rolle Bildungswesen und Medien ausgefüllt, beide waren mit alles andere als perfekten Kontrollmechanismen ausgestattet, aber diese Kontrollmechanismen waren zumindest da.

Social Media Algorithmen machen aber das genaue Gegenteil. Sie geben genau den Inhalten Bühne welche hochproblematisch sind. Dabei fungieren sie auch noch zunehmend als erste Anlaufstelle für Informationsbeschaffung. Als Beispiel, wenn ein 13jähriger Muslim in Social Media Channels nach Infos zum Ramadan sucht, dann ist daran überhaupt nichts verwerflich. Wenn er dann aber auf Seite 1 die ganzen Knallpfosten präsentiert bekommt, wird es eben kritisch.

Es gibt keine angemessene Redaktionsarbeit, keine Disclaimer, keine Filter, es zählt nur was Erfolg hat. Und was Erfolg hat ist das was in hohem Maße emotionalisiert.
Gehst du als User in einen social media feed, dann ist es schlicht und ergreifend _Arbeit_ diesen Stream von sowas sauber zu halten. Hierbei brauchst du einerseits Medienkompetenz bei der Einwertung von Inhalten, und andererseits geben dir die Plattformen obendrein auch kaum vernünftige Werkzeuge um das zu tun. Ein Klick auf das falsche Video und du hast wieder 2 Wochen Spaß.

Für unsere radikalen Menschenfreunde aus allen denkbaren Ecken ist social media im aktuellen Zustand ein einziges Wunderinstrument das diese auch gekonnt ausspielen, und diese radikalen Szenen befruchten sich dann auch noch schön gegenseitig, ein Perpetuum Mobile für asozialen demokratiezersetzenden Irrsinn.


< antworten >