Thema:
Danke (mit Text) flat
Autor: Kilian
Datum:06.02.24 11:49
Antwort auf:Re:Interview zu den aktuellen Demos & zum Umgang m d AfD von _bla_

>Naja. Ich würde insofern mitgehen, als das ich es für falsch halte, das die Demos teilweise als "gegen Rechts" statt "gegen Rechtsextremismus" beworben wurden.

Ja, das war ja einer der Punkte der Interviewpartnerin: Dass Viele gegenwärtig evtl. vergessen, dass es für eine funktionierende Demokratie auch eine Gruppe „Rechts der Mitte“ geben muss, und dass Konservative nicht gleich Nazis sind. Viele fühlen sich da angegriffen - ich hatte erst neulich so eine Diskussion in einer WhatsApp-Gruppe meiner Schulfreunde. Da sind viele FDP- und CSU-Wähler, und da fühlen sich gegenwärtig einige in die Nazi-Ecke gedrängt.

>Andererseits finde ich Kritik an dieser sprachlichen Ungenauigkeit mutig, wenn sie gleichzeitig die Ampel pauschal als linke Regierung bezeichnet.

C‘mon! Natürlich kann man diese Regierung als „links“ bezeichnen, wenn SPD und Grüne die größten Fraktionen darstellen.

>Eine Koalition mit der FDP, die keinerlei Steuererhöhungen macht, eine grüne Partei, die hauptsächlich von Besserverdienenden gewählt, und der nicht völlig zu Unrecht vorgeworfen wird, das sie neben dem Klimaschutz aus dem Auge verlieren, dass sie Menschen mit kleinen Einkommen überfordern und einem Bundeskanzler, der aus dem rechten Flügel der SPD stammt.

Alles richtig, aber dennoch kann diese Regierung IMO - trotz FDP - getrost als „links“ bezeichnet werden. Was denn sonst? Joschka Fischer war im Kabinett Schröder auch ein Realo, trotzdem war das damals eine „linke“ Regierung (und trotz Hartz IV).

>Und die AfD einfach so als normale Opposition zu bezeichnen finde ich halt eben auch fragwürdig, wo die AfD doch massiv auf Desinformation setzt und andere Parteien und Medien praktisch ununterbrochen versucht zu delegitimieren.  

Ja, der Trump-Kurs halt. Ich fürchte, diese Art wird sich in der politischen Landschaft leider weiter ausbreiten - auch in anderen Parteien. Bisher ist der Umgang miteinander in Deutschland ja relativ vernünftig, aber wenn das auch bei uns zu Wahlerfolgen führen sollte, werden sich andere daran orientieren. Keine Ahnung, wie man da wieder rauskommt.

Und was die politische Haltung der AfD angeht: Ja, Höcke ist ein Nazi und die Partei in Thüringen so weit rechts, dass sie als rechtsextrem bezeichnet werden muss und ihr dementsprechend begegnet werden sollte. Aber gilt das auch für die anderen Länder?

Und was ist mit den Wählern? Will man 20% der Bevölkerung pauschal als „Nazis“ deklarieren, mit denen nicht mehr diskutiert werden darf und die demnach verloren sind? Das können wir doch nicht ernsthaft tun! Daher fand ich die Aussage „Ausgrenzung führt immer zu Radikalisierung“ so bemerkenswert.

>"Also Herr Höcke, erinnerungspolitische Wende um 180 Grad, das klingt ja sehr interessant, das müssen wir drigend mal diskutieren. Das ist ja eine völlig normale politische Forderung, die wir natürlich besprechen müssen." Stellst du dir das ungefähr so vor?

Siehe oben: Die AfD ist mehr als nur Höcke. Wir tun gut daran, da genauer hinzuschauen und nicht alle - insbesondere deren Wähler - nicht über den Nazi-Kamm zu scheren. Es gibt Gründe, warum die Partei so stark geworden ist. Einige, für viele Wähler wichtige Punkte, werden dort offensichtlich eindeutiger und klarer behandelt als von anderen Parteien.

Und als regelmäßiger Wähler der Grünen ergänze ich noch: Wäre die aktuelle Regierung nicht so eine Katastrophe al laufenden Band (Ausnahmen bestätigen die Regel), wäre die AfD nie dort wo sie jetzt ist.

>Die Radikalisierung ist doch längst da und manche radikale Forderungen kann man nicht ernsthaft diskutieren.

Wir müssen uns sicher nicht um Höcke & Co bemühen. Aber um einen Großteil der Wähler und vor allem die politischen Themen, die die AfD so stark gemacht haben. Wenn bspw. die Migrationspolitik seit 2015 weite Teile der Bevölkerung überfordert, dann kann man das nicht ignorieren.

>Zudem sollte man sich diese Professorin auch mal etwas genauer anschauen:
>
>Sie gehört zur Leitung des umstrittenen "Netzwerk Wissenschaftsfreiheit", das eher eine konservative Lobbygruppe ist und von dem auch ein Mitglied bei Treffen in Potsdam dabei war.
>[https://de.wikipedia.org/wiki/Netzwerk_Wissenschaftsfreiheit]
>[https://table.media/berlin/news-ber/netzwerk-wissenschaftsfreiheit-berliner-akademie-geht-auf-distanz/]


Oha. Danke für die Aufklärung. Was dieses Netzwerk konkret macht, habe ich mir jetzt noch gar nicht angeschaut. Aber alleine, dass sie Teil der Führung ist und einer ihrer Kollegen auch bei dem Treffen dabei war, sollte sie als Interviewpartnerin disqualifizieren (oder der Dlf benennt diese Tatsache im Interview). Das lässt mich etwas enttäuscht vom Dlf zurück - ich hätte gedacht, diese journalistische Sorgfalt hier auf jeden Fall erwarten zu können. :(

PS: Danke für deinen Input! Genau für so eine sachliche Auseinandersetzung habe ich mein Posting verfasst. Für sowas taugt das Forum nach wie vor sehr gut. :)


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