Thema:
Klimawandel aus sich der Netzagentur flat
Autor: Sven Mittag
Datum:13.10.23 11:41
Antwort auf:Politik in Deutschland und Europa #25 von Pezking

Das wirklich Schöne bei Rotary ist, dass man immer wieder jede Woche einen erfahrenen Referenten hat, der einen Vortrag zu einem aktuellen Thema hält. Letzten Montag war dies ein langjähriger Mitarbeiter der Bundesnetzagentur, der über den Stand der Energiewende zu dem Thema referiert hat.

Der liebe Mann arbeitet schon seit Jahrzehnten im Energiesektor und hielt einen angenehm emotionslosen Vortrag zu dem Thema ohne erkennbar Partei-Referenzen zu haben. Kein „Ich-Google-Ich-Genie“-Depp, der sich im Internet zu Hauf findet, sondern jemand mit spürbarer Sachkompetenz.

Dabei fand ich einige Aspekte wirklich interessant. So war sein Urteil über die Energiewende der alten Merkelregierung gar nicht so furchtbar, wie es gerne in den Medien und vor allem hier im Forum dargestellt wird. In vielen Bereichen wie dem Sektor „Industrie“ und „Energiewirtschaft“ sind wir entweder über die Jahre voll im „Plan“ oder nur minimal schlechter als die Zielwerte, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Wo die Merkel-Regierung (absichtlich) geschlampt hat, sind die Sektoren „Gebäude“ und vor allem „Mobilität“ (hier weichen wir mal so richtig, richtig vom Ziel ab). Grund war dabei jedoch nicht der böse Wille, sonder das Verständnis, dass es hier in der breiten Öffentlichkeit kein Verständnis für nötige Massnahmen gibt und man so das „Wahlvolk“ - wie er es so schön formuliert hat- schonen wollte.

Wenn wir nämlich das Pariser Klimaabkommen einhalten wollen, geht dies nur mit einem enormen Wohlstandverlust. Realistische Schätzungen der Bundesregierung liegen bei 2-5 Billion Euro bis zero carbon. Je später die Massnahmen durchgeführt werden, desto teurer wird es halt. (Kosten für erhöhte Geschwindigkeit, bzw. Kostenzunahme durch den stetigen Konkurrenzdruck beim Beschaffen der Materialien mit den anderen Nationen)

Entsprechend sind dann auch Massnahmen wie der „Heizungshammer“ von Habeck - von teils obskuren Dummheiten wie dem Mangel bei der Betrachtung der Fern-/Nah-Wärme bei Altbauten oder die seltendämliche 80er-Grenze - leider der einzig realistische Weg gewesen, die Abkommen im Bereich „Gebäude“ noch einzuhalten. Die nun abgeänderte Fassung hat jetzt zwar die Fernwärme/Nahwärme deutlich besser im Fokus, wurde jedoch in anderen Teilen so stark abgeschwächt, dass man beim aktuellen Gesetz nicht mehr davon ausgeht, dass Paris einzuhalten ist.

Interessant fand ich den Einwand, dass unser Bestreben absolut klimaneutral zu werden, wirtschaftlich und ökologisch momentan jedoch absolut dämlich ist. Je näher wir zero carbon kommen, desto teurer wird jede Massnahme, die uns diesem Idealziel näher bringt. Sinnvoller wäre es eigentlich aus Umweltsicht einfach mal ein Fund zu gründen, wo Deutschland beispielweise eine halbe Billion investiert, um Länder wie Indien oder Nationen in Afrika finanziell bei Ihrem Industriewandel helfen. Hier würde man mit deutlich weniger Geld ein viel größeren Effekt erzielen als hier die Billionen zu verbraten, um an Ende 1-2 % des weltweiten CO2-Ausstoßes einzusparen. Politisch aber wohl ebenfalls reines Wunschdenken und nicht umsetzbar. Trotzdem wäre es wohl die einige realistische Lösung, um unseren Planten nicht abzufackeln.

Ansonsten fand ich noch interessant seine Aussagen zu den EE. Eine komplette Umstellung auf EE und die Pufferung über Akkumulatoren mag zwar auf dem Papier möglich sein, aber ist weder wirtschaftlich bei der aktuellen Akku-Technik, noch technisch realistisch. Sinnvoller ist das vorhalten von Gas-Kraftwerken (der deutsche Weg) oder Atomkraftwerken (ziemlich der Rest der Welt ohne geologische Benefits). Hierfür müsste sich der Bestand der vorhandenen Gaskraftwerke bis 2030 jedoch verfünffachen (!). Und dieser Bestand würde dann wirklich nur für ein paar hundert Stunden im Jahr benötigt werden. Ist aber halt selbst bei sehr gutem Ausbau der Netzstruktur erforderlich, um Blackouts zu verhindern. Alternativ wäre natürlich eine weltweite Netzstruktur. Die Sonne würde ja rein mengenmäßig genug Energie liefern, wenn wir sie nur transportieren könnten. Der Bau der Gaskraftwerke in dem Zeitraum ist dabei technisch nicht mal das Problem (2 Jahre Bauzeit wären realistisch im Gegensatz zu den AKWs), nur viel Spaß dabei eine Firma zu finden, welche diese bei den Rahmenbedingungen baut.

Lange Rede, kurzer Sinn: Paris ist Wunschdenken, es sei denn die Letzte Generation wird ne Partei, gewinnt die nächsten Wahlen und wir stellen unser Leben extrem um - im allgemeinen Einverständnis, dass wir massiv an Wohlstand verlieren. Und ganz nebenbei findet dies der Rest der Welt supercool und eifert uns nach (Stichwort: Vorbildfunktion).

We are fucked….


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