Thema:
Re:Eher nicht flat
Autor: PUH
Datum:23.02.23 14:41
Antwort auf:Re:Eher nicht von FS

>Und deswegen sehe ich es genau umgekehrt wie Du. Nicht nur ist es sinnlos über verschiedene Meinungen ohne Argumente zu streiten sondern selbst die tiefgreifendere Form, die argumentative Auseinandersetzung, ist schlussendlich fruchtlos.

Wie ich schon sagte, es gibt jede Menge Argumente, wenn man die Philosophiegeschichte betrachtet. Und wenn diese Auseinandersetzung fruchtlos ist, dann solltest du dringend ein kurze Notiz an die Wissenschaft schreiben, 3000 Jahre weltweite Debatte waren umsonst, ich hab das Problem gelöst ;)
Aus Neugier: Glaubst du, für ethische Fragen gilt dein Standpunkt alanog?


>Warum? Weil es trotz aller Argumente eine subjektive Empfindung ist.
>Nehmen wir mal an ich würde keine gotischen Bauten mögen. Selbst wenn ich alles über die Meisterhaftigkeit mit der sagen wir eine gotische Kirche wie der Kölner Dom erstellt wurde gelernt habe und wie viel Blut Schweiß und Tränen darin stecken, welche Bedeutung sie historisch, technisch, religiös, kulturell etc. hatte und hat. Auch mit all den Infos kann ich zwar die Leistung respektieren und auch die Menschen bewundern welche sie geschaffen haben, aber dadurch werde ich sie weiterhin nicht als schön empfinden, denn das ist und bleibt subjektiv.


Nein, bleibt es wahrscheinlich nicht. Geschmack ist extrem stark von Erfahrungen und Kenntnissen beeinflusst. Wer keine Musik kennt, kann verschiedene Stile gar nicht gut auseinanderhalten. Wenn die Hörerfahrung da ist fallen Geschmacksurteile ganz anders aus. Dein Beispiel simplifiziert viel zu stark. Durch reine Erklärung in 3 Minuten wird niemand subjektiv etwas mögen, was er vorher nervig fand. Wenn deine These stimmen würde, dann dürfte sich der Geschmack während des Lebens ja aber nie ändern. Früher mochte ich Musik aus den 90ern, jetzt nicht mehr. Ich mochte keinen Jazz, jetzt doch. Weil ich mich damit beschäftigt habe. Mich reingehört habe. Eine ästhetische Kenntnis entwickelt habe.

Zudem ist dein Gegensatz zwischen rationalen Argumenten und "allem anderen" viel zu simpel. Grade um diesen Gegensatz geht es unter anderem in der Ästhetik. Das mag dir nicht bekannt sein und du musst es auch nicht glauben, aber das ist der wissenschaftliche Stand. Wenn du dich aus irgendwelchen Gründen mit Kathedralen beschäftigen würdest, sagen wir für ein Uni-Seminar, dann geht das Schwuppdiwupp dass du etwas mit ganz neuen Augen siehst und auch empfindest! Das passiert mindestens jungen Leuten ständig. Ältere sind vielleicht eher festgefahren, aber auch da ändert sich der Geschmack. Denn der hängt auch am Umfeld, siehe Mode.

Zusätzlich ist Geschmack nicht gleich "Subjektive Emotion einer Einzelperson" - das ist nur der Alltagsgebrauch des Begriffs. So wird spätestens seit Bourdieu über die soziale Dimension von Geschmacksurteilen diskutiert.


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>>Zm anderen impliziert der Aussspruch eben zwei gegenteilige gefestigte Meinungen die sich argumentativ kaum ins Gegenteil überzeugen lassen, wenn die objektive Basis (think: axiomatische Herleitung) einer Beurteilung fehlt.


Das ist glaub ich hier quote von sui -> Was das Sprichwort sagen will ist die eine Sache (das weiß ich nicht, und es kann vielleicht gar nicht geklärt werden), aber es umschreibt in der Debatte sicher ungefähr so eine Problematik. Aber Vorsicht mit extremen Positionen: Nicht alles was rational-argumentativ ist, beruht auf Axiomatik (selbst wenn - welcher?) In der Musik gibt es diverse objektive Kriterien, die aber teils auf Konvention beruhen, welche aber wiederum Geschmackserfahrungen abbilden. ZB soll man eine penetrante Melodie nicht mehr als 8mal oder hintereinander wiederholt werden ("Schusterfleck"), weil das als nervig empfunden wurde in dem gegebenen Kontext. Vielleicht gibt es trotzdem 3 Leute, einer davon FS, denen das subjektiv gefällt. Der Umkehrschluss, dass deshalb ALLES subjektiv und unveränderlich ist, trifft aber nicht zu.

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>Das impliziert dass Geschmack eine objektive Basis hat. Das bezweifle ich und ich denke das will auch das Sprichwort ausdrücken.
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>>Damit ist nicht gemeint dass man das Gegenüber nicht doch durch weitere tiefere Einblicke nicht auf den Geschmack bringen kann, wie sich dein Absatz für mich liest.
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>Siehe oben. Man kann dann das was man nicht mag besser verstehen und Aspekte daran bewundern weil man mehr darüber erfahren hat, aber das negative (oder auch gerne positive) Gefühl das man dabei empfindet wenn man es sensorisch erfasst ändert sich dadurch nicht. Man kann es nur in einen anderen Kontext setzen.


Aber natürlich ändert sich das ständig. Nur nicht in 5 Minuten.


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