Thema:
Aua. flat
Autor: Karotte
Datum:29.06.24 20:25
Antwort auf:Schweiz vs. Italien, 29. Juli um 18 Uhr von Bacardi

Mittlerweile munkelt man, dass das katastrophale Auftreten gegen Kroatien gar nicht auf Spallettis Kappe geht, sondern die Mannschaft ihm eine möglichst konservative Aufstellung und defensives Spiel auf Unentschieden aufgedrückt hat. Wenn das stimmt, liegt in dem Laden noch viel mehr im Argen, als bisher erkennbar war. Denn letztlich heißt das, dass man null Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und, vor allem, null Vertrauen in den Trainer und sein Konzept hatte.

Imho hat das Spiel gegen Spanien dem Team psychisch das Genick gebrochen. Wobei ich das unverständlich finde. Moderner Fußball ist mehr denn je ein Teamsport. Die Zeiten, in denen ein Maradona im Alleingang den Pott holen konnte, sind vorbei. Man muss sich nur mal Frankreich anschauen: Topspieler überall, aber das Team funzt nicht und wurschtelt sich mit Elfern und Eigentoren durch.

Wie kann man da als Italien, durch die eigene Fussballpolitik komplett verkrüppelt UND als Team noch eine wandelnde Baustelle, nachdem Mancini nach der letzten EM den totalen Stillstand verordnet und sich von einem Tag auf den anderen in den Orient verpisst hat, erwarten, gegen fucking Spanien irgendwas zu reißen? Nichts von dem, was da passiert ist, war irgendwie verwunderlich. Augen zu, durch, abhaken, weitermachen.

Wie kommt Buffon auf die Idee, dass man davon ausgehen konnte, „sehr viel weiter zu sein“? Mit einem verkackten Generationswechsel in der Abwehr, der ein klaffendes Loch hinterlässt, wo mal Chiellucci gestanden hat? Mit Joerginho Biden als Mittelfeld-Mastermind, der das Wembley-Stadion von vor drei Jahren mental nie verlassen hat? Wie genial und seelenverwandt müssten die anderen Spieler gewesen sein, um da irgendwie Land zu sehen? In einer Welt, in der andere Nationen ihre Talente fördern und z.T Leute mit 16(!) in die großen Turniere schicken, während die eigenen Zwanzigjährigen noch Runden durch die Serie B drehen?

Ich hoffe, dass dieses eklatante Ausscheiden dafür sorgt, dass es endlich keine heiligen Kühe mehr in der Mannschaft gibt. Dass sie Spalletti behalten und ihm jetzt die Möglichkeit geben, ohne Qualifikationsdruck „seine“ Mannschaft zusammenzustellen.

Ja, ich bin ziemlich wüst mit ihm ins Gericht gegangen, aber:
1.) s.o., evtl. war die Aufstellung gegen Kroatien nicht sein Fehler
2.) es bleibt die Tatsache, dass er ins kalte Wasser springen und schnell irgendwas aus dem Hut zaubern musste, mit einem Team, wohlgemerkt, dass sein Vorgänger in einem üblen Zustand hinterlassen hatte. Bevor man ihn in die Wüste schickt, verdient er die Chance, jetzt sein Ding zu machen.

Meine Befürchtung ist allerdings, dass diese Konstellation verbrannt ist und nur ein ganz harter Schnitt wieder die Moral heben kann. Wobei auch Spalletti die strukturellen Probleme im italienischen Fussball nicht wird lösen können. Manchmal glaube ich, Fussball-Italien ist ein Ding der Vergangenheit. Eine der Nationen, von denen man in Zukunft sagen wird: „Die waren mal richtig groß.“ Hoffentlich irre ich mich.

Props an die Calvinisten, btw. Die haben das Teil sauber und diszipliniert runtergespielt. Kann man nichts sagen.


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