Thema:
Re:Warum so viel Skepsis bzgl. "Testoffensive"? flat
Autor: token
Datum:25.03.21 10:00
Antwort auf:Re:Warum so viel Skepsis bzgl. "Testoffensive"? von thestraightedge

>Wir hängen seit einem Jahr im Homeschooling-Lockdown. Reservier dafür die ersten 45 Min des Tages, alle 48 Stunden oder von mir auch NUR MITTWOCHS. Alles geht, alles wäre besser als es nicht zu tun.
>

Nehmen wir eine vergleichsweise kleine Schule mit 600 Schülern.
Die Leute die da arbeiten sind richtig gut, sie schaffen es pro Schüler nur 10 Sekunden für einen Abstrich zu benötigen. Alle Schüler sind diszipliniert und halten sich perfekt an den logistischen Entwurf und gehen da durch wie Roboter.

Selbst in diesem komplett illusorischen Szenario braucht es hier bei perfektem Durchlauf für die reine Abnahme 100 Minuten.
Und das ist die Variante "Prozessannahme komplett schöngesoffen", die reale Performance ist natürlich nochmal SIGNIFIKANT schlechter.

Aber gut, dann funktioniert das Konzept Schleuse nicht mit der schulärztlichen Vertretung, und wir müssen parallelisieren. Da wir nicht in 30k Schulen einfach mal eben so Personal einstellen können muss bestehendes Personal (Lehrer) geschult werden und führt das selber aus.

Jetzt machen Herr Müller und Frau Meier etc. lustiges Nasenficken mit den Kids.
Was meinst du was in der Elternschaft los ist wenn die Kinder dann Abends von dieser feuchtfröhlichen superangenehmen unprofessionell ausgeführten Erfahrung berichten die dann an ihnen "trainiert" wird.

Wir sind hier noch nicht mal an dem Punkt einer Auswertung von 600 Testkasseten.

Die Option "einfach mal machen" sehe ich hier nicht kommen ohne dass es mit Ansage in einem shitstorm enden würde. Und imo vollkommen zu Recht wenn man bei so einem Framework die erwartbaren Effizienzwerte betrachtet die so ein aus der Hüfte testen in so einem Scope folgerichtig produzieren würde, da sind die entsprechenden Negativschlagzeilen und Elternaufstände vorgezeichnet.

Selbst sowas wie eine Feueralarm-Übung hat einen ziemlich großen organisatorischen Unterbau der über Jahre gereift ist. Es gibt Wege die regulatorisch vorgeschrieben und gekennzeichnet sind, Zuständigkeiten im Personal und in Frequenzen vorgeschriebene Trockenübungen damit im Ernstfall alles funktioniert.

Da müssen wir mit Vorsorgemaßnahmen hinkommen, denn nach der Pandemie ist vor der Pandemie, es ist kein fiktionaler Ernstfall und man wird genau das tun müssen was andere Länder die jetzt besser performen schon getan haben, aus dem Schmerz lernen und für die Zukunft vorsorgen müssen.

Aber für eine Abwicklung innerhalb der Pandemie in einem sehr verkürzten Zeitrahmen sehe ich die Herausforderung als zu komplex für landesweite Maßnahmen an. Nicht für Pionierarbeit auf Inseln von denen man dann auch für die notwendigen Entwürfe lernen kann, aber sehr wohl für funktionale Generallösungen die zeitnah effizient greifen müssen.
Auch wenn die Krise überwunden wurde ist die Arbeit längst nicht vorbei, sie fängt da erst richtig an, die Versäumnisse sind fundamental. Trotz Warnungen war man komplett nackt.

Aber das ist jetzt halt so, jetzt muss man halt den Brand löschen, und das was hilft sind Impfungen und darüberhinaus ein keep it simple weil eh schon alle komplett durchdrehen. Wenn ich mir anschaue was alleine so eine Maßnahmenkorrektur wie die Gründonnerstagskorrektur für Wellen der Marke "die haben doch alle Lack gesoffen" schlägt will ich mir nicht ausmalen was los ist wenn man von Komplettlaien praktizierte Hauruck-Lösungen auf Kinder loslässt :D
Und auch diese Laien werden sicher nicht begeistert sein wenn man sie mit solchen Verantwortlichkeiten konfrontiert nach allem was man ihnen schon bislang zugemutet hat.

Das anzunehmen ist IMO kein Pessimismus sondern Realismus.
Optionen Schulen zu helfen sehe ich eher in einer Forcierung pragmatischer Raumbelüftung, also statt Prophylaxe die ich persönlich in so einem Schnellformat für unzureichend halte als das sie Infektionen vorab vermeiden kann, den Fall dass es Infektionen gibt akzeptieren und dafür die Infektionsquoten drücken um Ausbreitungen schneller einfangen zu können. Darüberhinaus könnte man in Schulen auf freiwilliger Basis Tests verfügbar machen und dazu motivieren sich regelmäßig selbst zu testen, why not. Hohe Kosten aber immerhin etwas das zu keinem Clusterfuck führt, da den Menschen nur ein Angebot gemacht wird zu helfen und dieses freiwillig ist, aber auch das sehe ich eher als Geldverbrennung aufgrund der geringen Trefferquote bei unsachgemäßer Ausführung.

>[https://www.rki.de/SharedDocs/Bilder/InfAZ/neuartiges_Coronavirus/Infografik_Antigentest.jpg]
>

Diese Rechnungen unterstellen mit Sicherheit keine von Laien ausgeführte Massenabfertigung.

>Hmm... weil wir andere Dinge nicht auf die Kette bekommen wäre mein Anspruch nicht, auch dieses zu lassen. Ich glaube weiterehin, dass Mobilität, Schule, Gewerbe damit sicherer gestaltet werden können.
>

Schule würde ich komplett streichen, siehe oben warum. Mobilität grundsätzlich vorstellbar weil diese Branche eh Abwicklungsprofis sind die tagein tagaus nichts anderes machen als Menschenmassen durch Schleusen abzufertigen, da ist die Infrastruktur und Erfahrungswerte beim Personal gegeben. Aber imo sollte auch hier gelten, keep it simple. Es ist Pandemie gottverficktnochmal, da hat man nicht nach Malle zu fliegen. Das hat mich echt kirre wie die Menschen ticken.
Pilotprojekte im Gewerbe halte ich für vorstellbar, eine Zentrallösung sehe ich aber auch da nicht kommen bis alle durchgeimpft sind.

>>Aber wir können hier auch gerne geteilter Meinung sein, nichts wäre mir lieber als mich hier komplett zu irren, allein es fehlt der Glaube.
>
>Wir werden sehen. Danke WIE IMMER für Deine ausführliche Perspektive. <3


Jo, dito.


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