Thema:
Re:Nee, ich bin nur immer noch dabei… flat
Autor: token
Datum:31.03.24 21:12
Antwort auf:Re:Nee, ich bin nur immer noch dabei… von kellaabaa

>Geht mir aber ähnlich, da jetzt was Längeres zu zu schreiben würde mir in Anbetracht der frischen Eindrücke auch sehr schwer fallen.

Um paar Adjektive aufzulisten die mir ob des Films in den Sinn kommen:
Kindisch, Tiefsinnig, Ekelhaft, Wundervoll, Verstörend, Erheiternd, Deprimierend, Geisteskrank, Erotisch, Künstlerisch, Pervers, Saulustig…ich könnte so weitermachen.

Hier wurde Wes Anderson genannt, aber das sehe ich Null, eher Tim Burton gone wild.
Das märchenhafte mit dem geschaffenen Monster, angelehnt an Frankenstein, was bei Burton schon Edward mit den Scherenhänden war und hier natürlich noch klarer. Die ganze Bildsprache mit den Kunstkulissen wo es einerseits bspw. heißt Lissabon, aber das Märchenversionen sind mit kuriosen Wolken, diesen weirden Kulissen angelehnt an die Vorlage der Realität aber eben zu einer Märchenversion verfremdet, wie ein Theaterbild.
Im Grunde auch da viel Burtonvibes wie bei Big Fish oder Sleepy Hollow.

Visuell alles betörend und bezaubernd, jedes Bild bis zum Synapsenknall durchgestyled, dazu auch noch die ganzen Kostüme, was ein Aufwand, was ein Können.

Aber da wo Burton in seinen Filmen zurück zieht dreht Poor Things einfach frei, sei es der Gore, sei es das Ficken, da ist einfach eine ganz andere Konsequenz drin und so vermengen sich einfach komplett unterschiedliche Filmwelten zu einem außerordentlichen Cocktail.

Und das setzt sich vor allem auch inhaltlich fort. Zum einen diese Schmerzfreiheit wenn man überlegt was dir da vorgesetzt wird. Allein der Aufsatzpunkt das Gehirn des Babies der eigenen Mutter einzuflexen die Suizid begangen hat. Ein herrlich perverser Kunstgriff. Auch in der Aufarbeitung so hart, denn im Grunde ist Bella ein Kleinkind, auch wenn es im Körper einer Erwachsenen steckt.

Ich wüsste wenn ich darüber nachdenke auch keine Satire welche das Rollenbild Mann-Frau-Tochter-Vater derart virtuos durch den Kakao zieht, einerseits einfach nur zum Johlen wenn der Frauenheld zum Klammeraffen wird der mit seinem eigenen Verhalten konfrontiert das Objekt der Begierde besitzen möchte und in einen Käfig sperren möchte und darüber den Verstand verliert. Und andererseits so unverschämt kaputt was da passiert, gezeigt und unverhohlen ausgesprochen wird wenn es bspw. um sowas wie Begierde geht und wie so ein Verlangen auf das was sich geziemt scheißt aber halt auch dann stattfindet wenn es nicht ausgesprochen werden darf.

Der Film geht in wirklich vielen Punkten an Orte wo es, wenn man darüber nachdenkt was da eigentlich passiert, richtig weh tut. Und doch tut er es unheimlich elegant, verspielt, amüsant und visuell betörend. Und über bzw. unter allem liegt dieser Soundtrack der wie aus einer anderen Welt zu kommen scheint und einen dennoch oder gerade deswegen in diese faszinierende Zwangsjacke wickelt wo man diesem Cocktail geradezu ausgeliefert ist.

Es ist auch so krass dass dieser Streifen parallel zu Barbie kam.
Denn das ist im Grunde doch das was Bella repräsentiert, das kleine Mädchen das mit einer Barbie-Puppe (Frau) spielt, das ist doch im Grunde das was Bella repräsentiert.

Und beide Filme widmen sich auch ähnlichen Themen, Rollenbilder, Macht, der Wunsch danach, das Gefälle, das Patriarchat, die Unbeholfenheit an allen Fronten mit sich selbst und dem was um einen herum geschieht klar zu kommen, wie ungerecht alles ist, wie schön alles ist, wie hässlich alles ist, wie hoffnungslos und gleichzeitig vielversprechend.


Als ich Lobster gesehen hab, hab ich nach gefühlt 20 Minuten ausgemacht. Ich hab überhaupt nicht verstanden was das alles soll und es ging als gekünstelte Scheiße irgendwie alles an mir vorbei.
Dann eher durch Zufall „The Favourite“ gesehen und da hat einfach alles gezündet, ich war _richtig_ begeistert.
Und jetzt Poor Things, je mehr ich darüber nachdenke was da alles da war umso mehr flasht mich das, wie frech und unverschämt und schmerzlos und gleichzeitig bezaubernd, saukomisch und clever das war.
Ich war beim Schauen in so einem ungreifbaren Zustand, gefesselt, aber komplett unfähig das was das in meinem Kopf passiert in ein geordnetes Muster auseinander zu dividieren.
Aber worauf ich hinaus möchte, ich werde mir nun auch das restliche Werk von Lanthimos reinzuppern und mit einem Neuanlauf von Lobster fange ich an :)
Gut möglich dass ich meinen neuen Lieblingsregisseur gefunden habe.


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