Thema:
Re:Paar Punkte flat
Autor: tHE rEAL bRONCO 2ND
Datum:18.10.21 11:53
Antwort auf:Paar Punkte von suicuique

>Zunächst mal: Ich teile einen Großteil deiner Kritikpunkte am Film selbst. Er ist zu lang, der Bösewicht zu blass und einerseits zu eindimensional, gleichzeitig aber auch nicht wirklich dechiffrierbar (auch ne Leistung!), der ganze Part mit der Inhouse Konkurrenz mit der neuen 007 unnötig usw usf.

Erst mal danke für deine Ausführungen und dass du dir die Zeit genommen hast - fand ich sehr interessant zu lesen. Sowas mag ich hier im Forum :-)

>Das alles war aber nicht der Punkt warum ich vor zwei Wochen bei der Kritik an der fehlenden "exotischen Erotik" eingehakt habe. Ich finde diese Bezeichnung durchaus griffig und will bei dieser bleiben, weil er all das was Bond mal ausgezeichnet hatte auf den Punkt bringt. Es ist nicht das Männer-Frauenbild das man aus dem Alltag kennt, es ist aber eins das man irgendwie ganz gern hätte egal wie verklärt, verbittert, unreif es auch sein mag. Exotisch eben. Der Bacardi Sonnenschirm unter den Cocktails halt.

>Mein Punkt war: Warum das jetzt als Kritik bringen? Bond hat sich schon vor laaanger Zeit von einem Großteil der exotischen Erotik verabschiedet die die Serie eins ausgezeichnet hatte. Schon Timothy Dalton turnte nicht mehr durch die Betten. Es wurde (genau!) EIN Bond Girl pro Film gefeautured. Immerhin eine Verbesserung. Die toughe (schein? )selbstbewusste Agentin an seiner Seite wurde schon in Licence to kill mit Carey Lowell eingeführt. Und auch da hat sie sich letztlich Bond ergeben. Etwas "Exotik" muss dann doch sein!
>
>Dieser Punkt ist keine Kritik an "no time to die". Das ist ein Prozess der vor knapp 30 Jahren gestartet wurde und begründet wurde im senilen Moore der im hohen Alter noch junge Damen in Octopussy (sic!) und A view to a kill beglücken durfte. Das war selbst gestandenen Bond Fans zu viel. In den 80ern wohlgemerkt!
>
>Aber genug des Ausflugs.


Gut formuliert. Da kann und will ich gar nicht widersprechen und ich denke wir sind von der Wahrnehmung her auch gar nicht weit voneinander entfernt. Und warum das JETZT als Kritik bringen? Nun, da kann ich ehrlich gesagt keine konkrete Meinung anbringen. Ich kann nur Vermutungen anstellen. ICH bringe es als Kritik an weil ich diesen von dir angesprochenen Wandel in No Time to Die das erste Mal als RICHTIG störend empfand. Unpassend, gewollt, erzwungen - such dir da was aus. Jedenfalls wurde für mich der Charakter des James Bond zu sehr von seinen Wurzeln entfernt.

Andere kritisieren dies möglicherweise als Trotzreaktion auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und die damit verbundene Rolle des Mannes (#MeToo, Diversität, die Reaktion Hollywoods darauf, Twitter-Mobs etc.). No Time to Die könnte man als Analogie sehen, und dieser Wandel als Höhepunkt der Dekonstruktion Bonds passt einigen natürlich gar nicht. Zur Sicherheit: Nicht meine Position, nur eine Vermutung meinerseits.

>Bond als Papa: Leute, es ist nicht so als ob Craig beim Windelwechseln oder Einkaufen im Supermarkt gezeigt worden ist. Es wird bestenfalls der leise Schimmer vom Hauch einer Ahnung angeteasert was 007 denken/handeln/reagieren würde wenn er mal mit den Konsequenzen seiner Beziehungen konfrontiert worden wäre. Wenn er mal realisiert dass aus Lust auch mal "Last" und Verantwortung entstehen kann. Bei seinem promiskuitiven Lebensstil eigentlich ein Wunder dass da nie jemand an seiner Tür klingelte und ihm eine schreiendes kleines Etwas in die Arme gedrückt hatte. "Geheim" ist der Agent eh nicht. Jeder im Casino wusste schon seit jeher Bescheid wenn Bond in de house ist. (Wieder eine Form der "Exotik" die nicht wirklich Sinn ergibt). Ich jedenfalls fand das weder schlecht gespielt noch schlecht inszeniert und teile die Kritik an dieser Andeutung von Bond als Papa nicht.

Verstehe ich und will dir deine Meinung nicht madig machen. Ich sehe das halt anders. In einem Bond-Spionage-Film will ich von den Konsequenzen seiner sexuellen Handlungen, seiner Verantwortung und seinen Fehltritten nichts sehen. Das ist für mich eine Grenze, die überschritten wurde. Nicht falsch verstehen: Ich bin jetzt nicht empört deswegen oder aufgebracht, nein, ganz und gar nicht. Es ist für mich eher ein Frage der Immersion: Ein Kind und alles was damit einhergeht reißt für mich die Illusion des Geheimagenten mit dem Holzhammer ein.

>Ana de Armas als Sidekick: Ich habe hier jetzt mehrfach gelesen wie das als starkes Frauenbild wahrgenommen wurde. Echt jetzt? Weil sie ihn abblitzen ließ? Ich teile diese Wahrnehmung zu keinem Zeitpunkt. Ganz im Gegenteil ist diese Sequenz ein kurzer Glimpse in die Bondvergangenheit. Das war wieder mal das Frauenbild der 70 und 80er. Im Abendkleid, roten Lippen und ner Uzi in der Hand. Ich mein, viel juveniler kann die Vorstellung einer Agentin kaum sein. Da spielt ihre Naivität als sie Bond ne Abfuhr erteilt doch überhaupt keine Rolle. Sie ist das wahrgewordene Abziehbild einer Pinup-Agentin. Hey, nicht falsch verstehen, ich mochte die Sequenz in ihrer revisionistischen Absurdität. Aber stark war an dem Frauenbild nun in meinen Augen wirklich nichts.

Die Frage lautet: Ist das schlecht? :-D

Beide Charaktere fanden sich dennoch auf Augenhöhe, zollten sich gegenseitig Respekt. Wenn Bond ein lässiger Agent sein darf (den einigen Frauen sicher auch scharf finden), dann kann das eine heiße Agentin durchaus auch für das männliche Publikum liefern ohne gleich wieder die Sexismuskeule auspacken zu müssen (was du natürlich NICHT gemacht hast).


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