Thema:
Die spröde Eleganz der Wüste (Spoiler) flat
Autor: HomiSite
Datum:17.10.21 12:52
Antwort auf:Dune von Denis Villeneuve von disap.ed

Ich habe DUNE jetzt zweimal gesehen mit ein paar Wochen dazwischen, beides mal synchronisiert und in 2D. Die Bücher habe ich nie gelesen, aber alle Verfilmungen gesehen und ein paar der Computerspiele gezockt.

Beim ersten Anschauen war ich insgesamt fasziniert und quasi von Anfang bis Ende gepackt und hätte noch ewig weiterschauen können. Ich hatte aber auch öfters ikonische Szenen von David Lynch' Verfilmung von 1984 im Kopf und war hier und da leicht enttäuscht, dass Villeneuve (typisch für ihn) einen, äh, bodenständigeren Ansatz gewäht hat.

Beim zweiten Mal hatte mich das nicht mehr so gestört, aber ich war überrascht, wie sehr mich der Film zumindest in den ersten zwei Dritteln wieder körperlich packt. Dank der "manipulativen" Musikuntermalung und der unaufgeregten Inszenierung ist DUNE ein definitiver Kinofilm! Und ich war erstaunt, wie (wertungsfrei) lang er dann wirkte bzw. wieviel dann doch drin ist ("ah ja, jetzt kommt ja noch das und das und das").

Wenn man kein Problem damit bekommt, dass quasi jede Szene durch Musik episch gemacht wird, ist für mich der große Schwachpunkt die Zweiteilung. Ich finde es zwar ganz witzig, dem gemeinen Blockbuster-Zuschauer einfach ein CGI-Finale vorzuenthalten, aber allzu befriedigend ist es nun nicht, wenn am Ende alle bloß in die Wüste latschen und Chani kitischig-doppeldeutig "Das war erst der Anfang" (oder so) sagt. Und wir können uns nicht einmal sicher sein, dass wir die Fortsetzung bzw. dne kompletten Film überhaupt bekommen - und wenn doch (gehe ich mal von aus), doch frühestens in zwei, drei Jahren. Schwer nachvollziebar, dass nicht wie bei DER HERR DER RINGE am Stück gedreht wurde.

Selbst die Sandwürmer treten fast nie auf, sind großteils von Sand bedeckt oder gegen Ende, als sich der Wurm vor Paul erhebt, in Dunkelheit getaucht. Bbeim zweiten Kinobesuch war die Projektion übrigens viel zu dunkel und man hat besonders in dieser Szene kaum etwas erkant - plus schmutzige Leinwand. Apropos Projektion: Es gibt eine Szene, wo die Ornithopter erstmals auf die Hauptbasis zufliegen und Gebirgszüge horizontal an der Kamera vorbeiziehen: Beides Mal eine unscharfe Ruckelorgie!

Was ich beim Zweitbesuch auch gemerkt habe: Da DUNE auf sehr reduzierte Beton-Sets (und meist auch im Konstrast zur endlosen Wüste eng und/oder dunkel) baut samt klarer Anordnung der anwesenden Figuren, gibt's im Hintergrund nicht viel zu entdecken.

Vielleicht hätte man die Chani-Traum-Insta-Storys etwas reduzieren können und ein paar der coolen Nebenfiguren mehr Raum geben? Dass es keine große Erklärung zum Universum gibt, fand ich gut, aber ich wusste halt auch die Basics. Zuschauer ohne Dune-Vorwissen könnten von der Retrotechnik etwas irritiert sein.

In Lynch' Film trat irgendwann die Navigatoren-Gilde vor den Imperator und das dortige "Monster" habe ich bei Villeneuve sehr vermisst (dafür fand ich das komische mehrbeinige Harkonnen-Haustier völlig überflüssig - was sollte das?). Mir ist auch nicht klargeworden, ob die Typen mit ihren großen und undurchsichtigen Helmen bei der Übergabezeremonie tatsächtlich die Navigatoren sind. Denn es wird IMO gesagt, dass die Reise drei Navigatoren erforderte, aber es stehen da viel mehr von den Maskierten.

Wie passiert eigentlich das Reise in DUNE bzw. hier? Es gibt ja diese gigantischen Röhrenschiffe und einmal scheint man am Ende einen anderen Planete zu sehen - also Wurmlöcher?

Was ich auch schade fand, wie sehr Villeneuve die Gewaltdarstellung scheut! Keine Harkonnen-Jünglinge, deren Herz mit einem Stopfen geöffnet wird, damit sich der Baron daran laben kann - geschenkt. Aber Blut sieht man ja quasi nie oder es passiert offscreen oder hinter Schutzschilden. Selbst das Ausbluten der Menschenopfer (?) bei der Sardaukar-Zeremonie ist nur kurz und quasi verschämt zu sehen.

Bevor jetzt der Eindruck aus meinem unstrukturierten Gemoser entsteht, ich mochte Villeneuves DUNE nicht so: Im Gegenteil! Als Kinosinneserfahrung war es grandios und steht für mich neben Filmen/Szenen wie MAD MAX: FURY ROAD, DER HERR DER RINGE oder auch INTERSTELLAR. Als reiner Film hätte man vielleicht hier und da etwas abgedrehter sein können (oder es war Absicht, um sich von Lynch abzusetzen) - und diese Zweiteilung nagt an mir.

PS: DUNE ist sicher kein Charakterdrama, aber Rebecca Ferguson hat echt alles und jeden an die Wand gespielt!


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