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| Autor: | token | ||
| Datum: | 27.12.20 08:36 | ||
| Antwort auf: | Kann dem Ganzen kaum folgen *edit* von Droog | ||
>Wenn token den schon nicht im geringsten gerafft hat, bin ich aber beruhigt. ;-) Ich hab ihn jetzt ein zweites mal gesehen, und jetzt mit mehr Verständnis festigt sich die Perspektive dass Tenet eine Art Nolan-Parodie auf sich selbst ist. Zum einen erschließt sich einem zunehmend warum man mit der Hetzjagd wo DURCHGEHEND irgendwelche Leute irgendwelche Erklärungen in den Raum rufen während halt irrsinniger bullshit abgeht der sich jedweder intuitiver Logik verschließt es einem derart schwer macht selbst trivialsten Handlungssträngen zu folgen. Das Erzählkonstrukt von Tenet ist eh schon hardcore aber es wird noch obendrein verschwurbelt. Warum es derart verschwurbelt wird, da hab ich auch einen Verdacht. Obwohl Tenet ein Film ist der einem die Rübe zerfräsen kann, man also eigentlich sehr konzentriert denken muss um folgen zu können, ist es ein massives Problem für Tenet wenn man zu viel denkt. Weil da tun sich in Sachen Spielregeln Abgründe auf. Fangen wir mal damit an, dass die zentralen Handlungsstränge ein Paradoxon darstellen, der Film sich aber nicht wirklich damit auseinandersetzen dass es ein Paradoxon ist, und das mit einem "du musst es fühlen" wegnebelt. Der ganze Film ist eine sogenannte temporale Zangenbewegung. Heißt, du hast einen Event zu einem Zeitpunkt x, und diesem Zeitpunkt x nähert man sich auf der Zeitachse von hinten und von vorne. Sehr konkret wird die Zangenbewegung beim finalen Manöver. Wir haben Team Rot das quasi auf das zukünftige Ereignis zusteuert, und Team Blau was dieses Ereignis aus der Zukunft heraus rückwärts ansteuert. Heißt, wenn Team Rot startet ist Team Blau schon fertig. Ergo sagt der Film, die Einsatzbesprechung von Team Rot bekommt Infos von Team Blau zugespielt. Aber, genau das gleiche gilt auch für die Perspektive von Team Blau. Genausogut könnte es heißen, die Einsatzbesprechung von Team Blau bekommt Infos von Team Rot, weil aus Perspektive von Team Blau ist Team Rot fertig und weiß was passiert ist. Es ist ein klassisches Paradoxon, wenn Team Blau an Team Rot berichtet, berichtet es über etwas was, als Team Blau Team Rot gesehen hat, Team Rot schon wusste. Nur dann müsste Team Blau auch nicht darüber berichten wenn es eh passiert ist. Dementsprechend ist es auch vollends schnuppe welches Team an welches berichtet weil das Grundsatzproblem identisch ist. Dass Team Blau an Team Rot berichtet ist ein Taschenspielertrick damit man gar nicht merkt wie paradox die ganze Situation ist. Dieses klasssische Zeitparadox lässt sich bei solchen Zeitreisegeschichten über die Schicksalskomponente aufbrechen. Was passiert ist, ist passiert, die Geschehnisse sind also fertig, alle Protagonisten folgen in sich aufgehenden Ereignissen, so etwas wie freien Willen gibt es nicht, sowas wie die Möglichkeit Ereignisse zu verändern gibt es nicht, was wir sehen sind in sich geschlossene Schleifen bei denen nicht bestimmbar ist wo der Anfangspunkt ausgemacht werden kann. Aber das will der Film ausdrücklich nicht erzählen. Es herrscht Krieg, die Zukunft will die Vergangenheit verändern, Antagonist und Zukunftscrew schicken sich auch lustig Zeitkapseln hin und her, heißt, der Antagonist buddelt etwas ein, dann buddelt er es wieder aus, und es ist was aus der Zukunft drin, was vorher noch nicht drin war. Aber wenn es einen Change gibt, so ist auch jede temporale Zangenbewegung eine potenzielle Endlosschleife. Nicht drüber nachdenken. Mit nicht drüber nachdenken geht es beliebig weiter. Etwa die Natur der Schleuse. Etwas womit ich bei der Erstsichtung echt Probleme hatte war was die Schleuse macht. Das Durchqueren der Schleuse erzeugt in der Zeitebene eine Kopie von dir. Das sehen wir beim Flughafenheist. Aus der Sicht des neutralen Betrachters wird die Schleuse von 2 Personen verlassen, wobei diese Person die gleiche ist, nur durch den Entropiewechsel doppelt existiert, einmal in der Version die rückwärts durch die Zeit läuft, und einmal in der Version die vorwärts läuft. Problem, diese Kopielogik tritt bei j-e-d-e-m durchqueren der Schleuse auf. Die ist nie vorbei, jeder Entropiewechsel erzeugt eine Kopie, jeder einzelne. Entropiewechsler erzeugen also immer mehr Kopien von sich. Stell dir vor du hast so eine Schleuse in deiner Wohnung, du benutzt sie dort, aber verlässt nie die Wohnung. Was passiert beim ersten mal, beim zweiten mal, beim dritten mal? Irgendwann ist deine Bude so voll dass du dir nicht mehr aus dem Weg gehen kannst. Jetzt kommen wir zu den Asspulls. Irgendwelche Pseudoregeln um sich mit argen Problemen des Erzählkonstrukts nicht befassen zu müssen. Etwa wie sich Entropiewechsler versuchen irgendwas zu verheimlichen um sich bloß nicht gegenseitig zu beeinflussen, um aus der Falle der Endlosschleife und dem Paradoxon zu kommen, wenn es keine Endlosschleife geben sollte sondern eine Linearität von Handlungsabfolgen. Blöderweise besteht der ganze Film daraus dass Entropiewechsler Einfluss aufeinander nehmen, nicht zuletzt damit, sich bei einer temporalen Zangenbewegung Infos zuzustecken darüber was "passieren wird". Asspull der Annihilation wenn man sich quasi selbst berührt. Es gibt unzählige Kopien von Entropiewechslern? Naja, dann müssen sie sich halt gut organisieren um sich da nicht selbst über den Weg zu laufen. Aber das gilt nicht wenn man einen Kampfanzug trägt der das Gesicht verdeckt, dann darf man auch gegen sich selbst kämpfen. Ach, es nimmt kein Ende. Im Grunde ist der ganze Film auch ein Zangenangriff auf den Verstand des Betrachters. Zu einer Seite wird man zugeschissen mit Pseudoregeln die einen so zuspammen dass man gar nicht an den Punkt kommt sich gewisse Fragen zu stellen. Etwa sowas wie Feuer bei Entropiewechsel funktioniert. Erfüllt im Film keinerlei Zweck, dennoch wird auch sowas draufgepackt, du wirst regelrecht zugeschissen von Regeln und Gelaber während irgendein Irrsinn passiert. Auf der anderen Seite wirst du neben dieser technokratisierung der Handlung wo 80% der Regeln für das eigentliche Geschehen egal wären, mit esoterischen Exit-Texten zugeschissen. Jetzt denken Protagonisten selbst laut, und kommen mit so Sprüchen wie "What happened happened" und "Don't think, you have to feel it!" Muahaha. Okay, ich denke nicht darüber nach warum Kugeln die aus der Zukunft kommen mit korrektem Winkel in die Knarre des Protagonisten reingeballert werden. Mit SOWAS sollte man hier überhaupt nicht erst anfangen. Oh, Zeitreisefilm isse foll unlogisch? Breaking News? Naja, ich LIEBE den Scheiß mit Zeitreisen und kniepse all das normalerweise weg, wobei "all das" von normalen Erzählern nicht so zugeschissen überkompliziert wird und normalerweise versucht wird den Zuschauer mitzunehmen, anstatt ihn mit sowas wie der letzten Actionszene zu konfrontieren wo zwischen Schnitten zwischen Perspektiven und Schnitten zwischen Zeitebenen nicht unterschieden wird, und man nicht weiß wo man ist und warum und was passiert und warum ausgerechnet der 5-Minunten-Punkt der Nullpunkt der Begegnung darstellt wo die Erzählstränge zusammenlaufen und ein Gebäude zwei mal explodiert. Und Pattinson dann nochmal die Entropie wechselt...ach, egal. Worum es geht ist, dass Filme eigentlich deswegen interessant sind, weil irgendwas an ihnen im Inhalt interessant ist, und nicht die Erzähltechnik als solches den einzigen showcase stellen. So hast du bspw. Menschen die dich interessieren, weil diese Menschen auch irgendwas interessiert. Unser Protagonist ist aber ohne jedwede Bindung. Er fokussiert sich etwa auf die Trulla, aber warum bleibt ein Geheimnis, zumal er auch transparent macht, dass er Menschen im Sinne der Sache als Werkzeug nutzt. Der Typ ist einfach da und ist einfach irgendwas, was ihn antreibt ist unklar, es ist im Grunde einfach nur das Ende der Welt zu verhindern, persönliche Bindungen gibt es keine nachvollziehbaren. Die Trulla wird im Grunde gebunden durch ihren Sohn. Die Beziehung zu ihrem Sohn wird so gezeigt, dass der Sohn Sohn ist, die Mutter "SAGT" dass er für sie superduperwichtig ist, und ihn glaube ich in einer der zwei Szenen wo er durch's Bild läuft in den Arm nimmt. Ich bin mir nicht mal sicher ob das wirklich passiert, also dass sie ihn ein mal in den Arm nimmt. Der Sidekick pflegt eine tiefe Freundschaft von der er nur selbst weiß und die er am Ende des Films als "Ich bin dein bester Freund" in den Raum klatscht. Der Antagonist ist halt so der "Wenn ich das nicht haben kann, soll es auch niemand haben"-Typ, kennste kennnste, und wird auch veranschaulicht über den Umgang mit der Frau. Ja, voll einnehmend. Aber bloß nicht darüber nachdenken dass der Einriss des Antagonisten ja nicht das Ende von allem wäre, denn da gäbe es ja jemanden der das bekommt was er nicht haben kann, nämlich Entropiewechsler aus der Zukunft. Wie sagt der Wendler? Egal! Auch die Handlung ey. Der Protagonist kommt in den inneren Kreis weil die Olle von ihrem wegen einem Kunstwerk erpresst wird, was gefälscht war und was sie abgesegnet hat und was er dann selbst gekauft hat. Crazy shit. Noch geiler wäre nur gewesen, wenn sich der Protagonist als Steuerberater eigeschlichen hätte. Wer denkt sich sowas aus? Ich schreib wieder viel zu viel, aber ich könnte ewig so weitermachen. Schlimmer Scheißfilm, Nolan's Tiefpunkt, quasi die Subsummierung aus allen seinen Schwächen als Erzähler in Kombination mit der Entfernung aller seiner Stärken, etwa Zuschauer auf komplexe Erzählkonstruktionen mitzunehmen. |
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