Thema:
Spaß mit AR-Brille: Xreal Air 2 flat
Autor: mat
Datum:18.07.24 14:25
Antwort auf:Die Gaming-Laberecke 4: Ort der inneren Einkehr von Lynne

Bin seit einiger Zeit Besitzer einer Xreal Air 2. Im Prinzip kann man sich das Teil wie einen externen Monitor in Form einer Brille vorstellen, den man per USB-C ans Handy oder eben das Deck steckt und den man dann in FullHD mit bis zu 120hz bespielen kann. Man hat dann den Eindruck, dass ein recht großer Screen etwa 1,5m vor sich in der Luft schwebt. Der Strom kommt dabei komplett vom Zuspielgerät, was das Setup deutlich vereinfacht, aber zumindest an meinem Handy (Samsung Galaxy S22) zu geringerer Akkulaufzeit führt. Da sind maximal ~4h drin und das Handy wird gut warm.
Das funktioniert alles schonmal super für YouTube-/Netflix-Gucken und ist sicher auch orthopädisch weit unbedenklicher als meine übliche Haltung dabei. Dank Samsung Dex macht das gerade auf Samsung-Geräten eine Menge Spaß, weil man direkt ein Desktop-System präsentiert bekommt und der Screen des Handys sich auf Wunsch automatisch in ein Touchpad wie am Laptop verwandelt.
Was Gaming angeht macht die Brille zumindest auf dem Steam Deck natürlich primär bei Spielen Sinn, die genügsam genug dafür sind - 1080p alleine ist schon gelegentlich mal eine Herausforderung, 120hz kann man sich meist komplett klemmen (wobei sowieso eigentlich 60hz der Standard und das oft auch völlig ausreichend ist).
Im Zusammenspiel mit Streaming zB via Moonlight geht da wiederum schon mehr. Elden Ring mit den Specs und allen Settings auf Anschlag mobil spielen zu können macht schon ne Menge Spaß, zumal Bildqualität und Farbdarstellung der Brille dank Sony-Micro-OLEDs zumindest in dunklen Räumen wirklich nicht verkehrt sind. Für hellere Umgebungen gibt es bei meinem Modell eine Kunststoffabdeckung zum Dranklemmen und beim Pro-Modell bei sonst gleichen Specs sogar Gläser, die man elektrochromatisch verdunkeln kann.
Lustigerweise verbraucht die Brille offenbar weniger Strom als das OLED des Decks, ergo ist die Akkulaufzeit über jeden Zweifel erhaben, da noch nicht mal ein Game berechnet, sondern nur der Stream dekodiert werden muss.
Nette Zweitfunktion: die Brille kann in einen Modus versetzt werden, in dem sie sich als Display mit 3840x1080px anmeldet. Jedes Auge bekommt davon einmal FullHD ab, so dass Side-by-side-3D Tür und Tor geöffnet werden. Habe mir so schon einige 3D-Filme reingezogen, aber auch das Gaming profitiert nach etwas Gefrickel, wenn denn das jeweilige Game SBS-3D unterstützt. Das tun, wie sich herausstellt, zB Citra für 3DS-Emulation, aber auch der Dolphin-Emulator für Wii und GC von Haus aus. Von letzterem würde man das wohl eher nicht erwarten, aber aktuell spiele ich tatsächlich das Windwaker vom Gamecube in echtem 3D auf dem fucking Steam Deck. :D Man merkt schon, dass das Game da nicht für gemacht ist, so sind bspw. die Sterne am Himmel von der Tiefenwirkung her teilweise vor erdgebundenen Assets, davon ab ist der Effekt aber saustark. Wenn es auf hoher See zu regnen beginnt oder auf Dragonroost Island Asche- und Glutpartikel durch die Gegend wehen, ist das schon nicht zu verachtendes Eyecandy. Natürlich ist die GC-Version von Windwaker nicht die allerbeste Art, heutzutage Windwaker zu spielen, aber für einen freundlichen Zock im Urlaub mit Wow-Effekt reicht es allemal, und da verzichte ich auch gerne auf QoL-Improvements wie das schnelle Segel. Und das Deck ist auch echt problemfrei in der Lage, das Game zu emulieren und dabei zweimal zu rendern (wegen Gefrickel nicht unbedingt in 2x FullHD, aber zumindest schärfer als auf der Originalhardware).
Ein großer Nachteil ist natürlich das Kabel, mit dem die Brille mit dem Zuspielgerät verbunden sein muss. Das nervt schon etwas, davon ab ist das Setup aber denkbar einfach.
Es gibt auch noch zusätzliche Hardware für die Brille ("Xreal Beam"), die auch die Verbindung zur Switch erlaubt und obendrein mehr Freiheit und AR-Haftigkeit bei der Platzierung des "Bildschirms" bietet, aber das ist mMn Firlefanz, den es nicht braucht. Von dem Gedanken, in Verbindung mit einer Android-App ("Xreal Nebula") ernsthafte AR-Anwendungen zu nutzen, sollte man sich mangels Nutzen und App-Qualität in meinen Augen auch schnell verabschieden. Auch die Windows-Anwendung, die eigentlich bis zu 3 virtuelle FHD-Monitore in die Luft zaubern kann, die man dank des Gyroskops in der Brille durch Wenden des Kopfes betrachten kann, ist nicht wirklich benutzbar. Laut Internet kann man höchstens am Mac dank besser Software einen Nutzen aus der Brille ziehen, das kann ich aber nicht ausprobieren, da mein olles MacBook noch von 2015 ist.
Am besten macht sich die Brille für mich sowieso als wirklich "trag"barer mobiler Monitor mit dem optionalen Sonderfeature SBS-3D. Wenn man das Teil mit dieser Erwartungshaltung ersteht, macht man nichts falsch.
Ich bin jedenfalls vollends zufrieden. Das ist besonders der Tatsache geschuldet, dass ich einen richtig guten Anwendungsfall für das Gerät habe, aber da bin ich sicher nicht der Einzige. Für Zug- oder Flugreisen würde ich das Teil zB auch einsetzen, wenn ich solche Reisen mal machen würde.
Von mir gibts 9/10 Nasenhalterungen und eine klare Empfehlung für das neue Spielzeug.


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