Thema:
Gar nicht mal so soulsig flat
Autor: token
Datum:25.04.24 09:26
Antwort auf:No Rest for the Wicked - Neues vom Ori Entwickler von Bacardi

Nach den Gameplay-Vids hatte ich tatsächlich ein Souls aus Vogelperspektive erwartet und mich gefragt was das gezeigte mit Diablo zu tun hat. Außer der Perspektive natürlich.

Nach etwas Spielzeit ist aber klar dass dieser Schein trügt und es einen signifikanten Unterschied zu Souls gibt. Und ich als Souls-Fangirl hab da natürlich eine starke Meinung zu: If you're doing it different, you're doing it wrong! ;)

Worum es geht ist die Lootspirale. Souls hat diese handcrafted world mit handcrafted loot, im Explore machst du Entdeckungen die von den Entwicklern explizit so vorgesehen sind. Der "Ich lauf im Kreis Grind" hingegen ist eine optionale Verstärkungsschleife wo du nur die Währungen sammelst um ein bestehendes Setup irgendwie zu leveln, geht es da um Drops, so sind das halt Mats für's Waffenleveln, ansonsten Experience um den Char zu leveln.

Das ist hier, zumindest nach dem Eindruck der ersten Stunden, mal komplett anders.
Kisten sind Lootboxen, eine Kiste zu öffnen ist also ein Freilos am einarmigen Bandit. Diese Kisten resetten sich auch nach einiger Zeit, womit offenbar motiviert werden soll Bereiche immer wieder erneut zu spielen.

Diese Lotterie spuckt dann auch nach anderen Kriterien als in Souls. Beispiel, wenn ich in Souls eine Waffe finde, dann habe ich diese Waffe. Manche Waffen sind einzigartig, manche redundant, aber die redundante Waffe ist dann dennoch die gleiche Waffe die man schon hat. Hier hingegen führe ich bspw. Dolche, dann droppen diese Dolche erneut aus der Kiste, aber eben auch mit Varianzen wie "diese Dolche haben zwei Punkte Fantasieschaden mehr und wiegen zwei Fantasiekilos weniger als deine angelegten Dolche".

Ich verstehe die Motive dahinter, kann mich noch gut an die Community-Beschwerden bei Destiny 2 erinnern, wo moniert wurde, dass genau diese kleinen Varianzen im Vergleich zu Teil 1 im zweiten Teil fehlen, und man not amused war dass das im Kreis Gelaufe damit schwächer motiviert ist als im Erstling. Ich hingegen war schon damals ganz froh dass diese Art von "Beschäftigungstherapie" entfallen war, und ich einfach das spielen konnte was mir Spaß macht, nämlich die Raids im Team, und zwar nicht weil mich der Loot der Raids motiviert hat, sondern das Gameplay im Team. Der Loot im Raid war in erster Linie deswegen interessant, weil er oftmals im Raid selbst auf bestimmte Aufgabenstellungen zugeschnitten war.

Ich bin da auch echt nicht mehr die Zielgruppe für solche Schleifenmechaniken die auf Endlosgaming setzen und dieser überdrüssig, aber mir ist auch klar dass es ein großes Publikum dafür gibt, also hey. Aber für mich war es damit auch ein Stück weit demotivierend als klar wurde was hier der Loop ist. Hab ich anfangs wenn ich eine Kiste gesehen habe wo ich nicht wusste wie die erreicht werden kann, in den Explore-Modus geschaltet, und bin auch abseits der offenkundigen Spielziel-Route rumgelungert und hab geforscht, ist meine persönliche Abenteuerlust schon ein Stück weit kollabiert als ich gesehen habe dass die Kisten ein Random-Glücksspiel sind. Wo ich vorher noch auf Mauerwerken balanciert bin um eine Kiste zu erreichen, hab ich im weiteren Verlauf beim Erspähen von sowas nur noch gedacht, wayne, ist doch die gleiche Kiste wie die auf dem Weg, und die wird später eh wieder resetted.

Ich will dass meine Neugierde belohnt wird, nicht meine Ausdauer, Diablo als Vorbild war für mich nicht der Trigger sondern dass es ausschaute wie Souls, und es ist natürlich komplett legitim dass NRftW diese Karte ausspielt, aber im Hinblick auf das Erwartungsmanagement ist es vielleicht auch gut zu wissen dass es das tut, denn das dürfte das Game für diverse Spieler durchaus interessanter machen, aber für manche eben auch weniger interessant.

Was mir entsprechend auch etwas missfällt sind dann solche, ich nenne es mal, Tankstellenmechaniken die Schleifen aus sich selbst heraus motivieren. Als Beispiel, gehe töten um Geld zu sammeln. Benutze Geld um durch Töten verschlissene Ausrüstung zu reparieren.

Stört mich dann auch nicht groß, aber hat für mich in einem Spezialfall schon inneres Eskalationspotenzial. Ich brauche nämlich klassisch bei Bossen sehr sehr viele Anläufe, und wenn da meine Ausrüstung bei jedem Fail verschleißt, ich aber für genau diese Fails nicht die Währung verdiene um das zu kompensieren werd ich schnell rattig. Ähnlich bei der Heilung, auch consumables die gekauft oder gecrafted werden, und nicht wie bei Souls ein Stock an Heilzündungen der beim Ableben wieder aufgefüllt wird.

Zumindest im early access erschien vor dem Boss ein Händler der kostenlos repariert hat. Keine Ahnung ob dies das Zielbild ist, aber es gibt wenig was mich beim Gaming stärker auf die Palme bringt, als Ressourcen bei Bossfights zu verbrauchen und irgendwann an den Punkt zu kommen, erstmal wieder grinden gehen zu müssen um den Bossfight erneut spielen zu können.

Ich fühle mich durch die reine Wiederholung aufgrund meiner Unfähigkeit eigentlich schon genug bestraft und hab wenig Lust mir in meiner Freizeit den Neuanlauf beim Boss mit erneuten Grinds erstmal wieder verdienen zu müssen. Ob das zum Problem wird kann ich nicht beurteilen, aber das Potenzial ist natürlich da. Und auch wenn die Reparatur noch kostenlos war (auch wenn es für mich erstmal nicht danach ausschaut als sei das auch im finalen Game die Idee), Heilung musste gefarmt werden.

Von der Welt, den Kampfmechaniken, der Vertikalität, dem freien Traverse usw. bin ich hingegen entzückt. Das ist schon oberste Kajüte für meinen Geschmack. Was mir im Detail auch gefiel war wie der Boss funktioniert. Zwar fanden sich hier durchaus Momente die an Elden Ring erinnerten und wo ich jetzt weniger Fan von bin, also sowas wie das Hiebausführungen ein permanentes Timingtrolling sind, oder der Boss im Jump durchaus ein Stück weit Homing Missile spielt. Aber was ich geil fand war, dass ich nicht das Gefühl hatte dass der Boss mit einem No-Gravity-Cheat spielt, sondern ähnlichen Regeln unterworfen ist wie ich selbst. Ich also auf Agilität setzend durchaus mit ihm Torero spielen konnte wenn er wuchtige Attacken startete, das war geil, in Souls hast du ja eher oftmals das Gefühl ein Boss hat in seiner Wendigkeit die Physik eines Laserpointers ;)

Ich bin, auch wenn ich des Kernprinzips hinter einem Diablo überdrüssig bin, und nach den Vids etwas anderes erwartet habe, ziemlich zuversichtlich dass mir dieser Sachverhalt für ein reines Kampagnenerlebnis nicht allzu zu groß im Wege stehen wird, es ist auch nicht so dass mich ein Glücksmoment in so einer Random-Lotterie überhaupt nicht mehr erfreuen würde. Und hoffe einfach mal dass einen nicht schon die reine Kampagne allzu stark in diese Wiederholungsmühlen reinzwingen wird um gemeistert werden zu können. Und ich quasi genau da, wo für viele das "eigentliche Spiel" erst startet wie gewohnt weiterziehen kann ;)


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