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Autor: | token | ||
Datum: | 14.01.24 14:10 | ||
Antwort auf: | Durchgezockt Nr. 40 - Vorhang zu und alle Fragen offen von Schlomo | ||
Auf der Suche nach nem Game wo ich hängen bleibe hat beim Zapping durch die Steamlib Iconoclasts gezündet, und dafür dass ich es bis zum Abspann gezockt hab gibt es gute Gründe, auch wenn meine initiale Begeisterung über die volle Laufzeit auch so manche Delle erfahren hat. Und wie zuletzt schon bei Grime vor allen Dingen auf den letzten Metern. Iconoclasts ist ein 1-Mann-Projekt und wie so häufig bei solchen Projekten ist man einfach nur erstaunt wie sowas geht. Man spürt auch einen hohen Ehrgeiz auf allen denkbaren Ebenen, Iconoclasts glänzt mit viel Feinschliff und Kreativität im Design. Schwierig sind 1-Mann-Projekte allerdings dort wo das Multitalent etwas vielleicht nicht so gut kann, und es vielleicht nicht merkt und durchzieht, statt über externe Reflektionen ein Stück weit aufgefangen zu werden und solche Dinge zu delegieren respektive zusammenzudampfen oder zu überarbeiten. Aber starten wir mal damit wo das Game ordentlich auftrumpft. Dies wäre zuerst der fabulöse 16-Bit-Look. Hatte ich das Spiel auch schon mal auf Playstation begonnen da es dort bei Plus bei war, war ich seinerzeit schon spielerisch angetan, fand es optisch auf großem TV aber recht anstrengend. Auf dem kleinen Deckscreen wo sich alles verdichtet ist's jedoch wie bspw. auch Owlboy ein herrlicher 16-Bit-Porno. Das bunte Artdesign der Stages verzückt, das Chardesign ist süffig und was hier an Detailverliebtheit bei Animationen abgefeuert wird ist einfach nur geil, da schlägt das Retroherz höher. Der Dudeltrack fügt sich gelungen ein, nicht brillant wie bei einem Messenger, aber ich fand's recht schmissig vom Soundtrack. Hinsichtlich Mechaniken sitzt alles fest im Sattel, sowohl die Actionelemente als auch der Traverse, ballern, jumpen, schwingen, alles fühlt sich gut und griffig und einfach richtig an. Das Leveldesign markiert einen Genremix der seine Schwerpunkte eher ungewöhnlich setzt. Es arbeitet viel mit Metroidvania-Elementen, hat aber keine offene seamless verbundene Welt, sondern Stages, die aber in sich kein Tunnel sind sondern offen erkundet werden. Wo Hindernisse auch mal Backtracking einfordern, der Weg zum nächsten Trigger Erforschungselemente mitbringt, und neue Fähigkeiten Zugang zu nicht erreichbaren Bereichen öffnen. In den Stages wird auch gekämpft, aber auch wenn nicht komplett trivial, so ist die Action im Traverse selten herausfordernd. Es sind eher Auflockerungen auf dem Weg die man oft genug nicht mal wegflext sondern wie Platforming-Elemente überspringt. Der Schwerpunkt im Traverse liegt eher in kombinatorischen Rätselelementen, wer also ein Start-Ziel-Run&Gun sucht ist hier falsch, wer gerne tüftelt wird hier recht gelungen gekitzelt. Die Rätselelemente bremsen also den Flow und lösen sich nicht von selbst, halten einen aber wenn man sowas mag auch nicht wirklich auf, sondern bieten kleine Zerstreuungen mit einigen kreativen Aufgabenstellungen. Richtig fett aufgefahren wird meines Erachtens in den Bossfights. Die Herausforderung hinsichtlich Geschick und Reaktion sind ist zwar vorhanden, aber weitestgehend äußerst gnädig...wenn man weiß wie es geht. Denn das herauszufinden ist der eigentliche Kern eines Bossfights. Also Patterns beobachten, wo muss man dodgen, wo sind die Optionen eine Schale zu knacken, sowas gerne auch über mehrere Phasen. Hier gab es gleich mehrere Begegnungen die ich für äußerst memorabel hielt, die Abläufe strotzen vor Kreativität, kaum ein Fight ist wie der andere. Dieses Pattern knacken durch Beobachtung muss man mögen, solche Fights sind halt auch ein Stück weit verkappte try&error-Rätsel, aber wenn man das mag erhält man ein tolles Feuerwerk unterschiedlichster Ideen, Abläufe und Inszenierungen. Kommen wir zu den Flaws die es leider auch gibt. Ich weiß noch als ich recht früh im Spiel von einem NPC als Hure und Schlampe betitelt wurde. Dieser Riss in der Tonalität, dieser harsche Kontrast zum musikalisch fröhlich untermalten und äußerst bunten Setting hat mich instant irritiert. Hab mich gefragt ob das eine Form von Humor ist, tatsächlich musste ich in dem Moment lachen weil es so schräg war, oder ob sich das Spiel tatsächlich an einer Art Dramatik versucht. Ich hab schon da gedacht, ui, storytechnisch wird das jetzt entweder richtig geil oder richtig schlimm. Es wurde leider schlimm, und das eben so richtig. Der Autor behandelt recht schwierige Themenkomplexe wie religiös verstrahlt faschistische Strukturen, hin und wieder erfahren Charaktere unschöne Schicksale die recht fies sind, das Ausmaß der Handlung streut gehäuft Textbox-Arien ein die auf dem Niveau eines laberischen JRPGs agieren, und abgesehen davon dass nichts davon so richtig zündet kommen noch Detailprobleme hinzu wie Dialoge die wie ein Fiebertraum wirken weil irgendwie wild und unkontextuiert und ansatzlos Themen im Gespräch gewechselt werden. Ich hatte beim Lesen das Gefühl im Kopf von jemanden zu stecken der irgendwie nicht merkt dass das was für ihn irgendwie Sinn ergibt für einen Zuhörer nun dann Sinn ergäbe wenn er diesem Informationen gäbe die er ihm vorenthält. Der einfach einen recht wirren Film fährt und Null merkt was genau daran wirr ist. Das ist insofern megaschade weil das rein stereotypische Chardesign mit seinen Eckpunkten und wie die Figuren grundsätzlich rüberkommen supergut ist. So richtig. Wenn man sich hier mit irgendeinem inhaltlich möglichst reduziertem Erzählschema das der Heldin ein Ziel gibt, also sowas wie your prince is in another castle, begnügt hätte, es hätte so gut gepasst und gezündet eben weil im Kern so vieles hervorragend umgesetzt wurde und das Spiel vom Gameplay getragen wird. Und es tut mir auch leid mit dieser Komponente derart hart ins Gericht zu gehen weil man merkt wie viel Mühe sich da jemand gemacht hat ein interessantes und spannendes und überraschendes Abenteuer mit Tiefe zu entwerfen. Aber es ist nun mal Scheiße, und auch wenn diese Textarien skipbar sind, hab ich beim Versuch es komplett zu ignorieren nach dem skippen von Sequenzen immer wieder in der Luft hing worum es als nächstes geht, mich also letztlich doch durch diese Boxen im Schnellverfahren gequält habe um diesen Kontext mitzukriegen. Einen weiteren Kritikpunkt hab ich beim Upgrade-System. Die Metroidvania-Fähigkeiten sind Teil des roten Fadens und nicht verpasspar. Optional kann man sich mit Perks verstärken die man über Rohmaterial das in optionalen Kisten versteckt ist bauen kann, dazu gibt es auch Baupläne zu finden. Diese Perks steckt man in drei verfügbare Slots. Dabei deaktivieren sich diese Slots auch wenn man getroffen wird, und per Kills kann man die Slots wieder aktivieren. Im Grundsatz erinnert das System etwas an Hollow Knight, aber im Gegensatz zu Hollow Knight funktioniert einfach fast gar nix daran. Dadurch dass man nicht mehr Slots freischalten kann und die einzig wirklich auch nur halbwegs interessanten Perks an Material hängen dass RICHTIG gut versteckt sind, ist der Impact von Kistenfunden auf den Spielverlauf so gut wie überhaupt nicht gegeben. Entsprechend ist dieser Aspekt des Spiels ungenügend motiviert. Solche Secrets sucht man also um ihrer selbst Willen. Spüren tut man nix davon. Wahrscheinlich hätten schon weitere freischaltbare Slots gerreicht um zumindest ein wenig Power Fantasy ins Feld zu führen, da hätte es nicht mal unbedingt interessantere Fähigkeiten gebraucht. So wie es ist, ist das System imo ein Totalausfall, ich hab nicht mal mehr weitere Eigenschaften gekauft obwohl ich das Material dazu gehabt hätte weil es so fucking egal ist, das sagt denke ich alles. Hier lässt das Game imo komplett ohne Not eine Menge an möglicher Motivation liegen. Ein Stück weit bizarr. Ein letzter Aspekt der mich genervt hat, waren wie zuletzt schon bei Grime die letzten Meter. Wo vorher alles gut in Balance ist und Flow hat mit griffigem Pacing, wird es am Ende einfach hochgradig nervig. Ein Beispiel, ich irre in einem Bereich 20 Minuten rum und raffe einfach nicht was das Spiel jetzt von mir will. Mir platzt der Kragen, ich starte Youtube und erwarte eigentlich dass ich mir gleich an die Stirn klatsche weil ich etwas komplett offensichtliches übersehe, tatsächlich sehe ich beim Streamer genau das was ich auch alles gemacht hab, irgendwann bricht der Streamer seine Session deswegen ab und bei der nächsten Episode hat er es dann nachgelesen und quittiert dieses "Rätsel" mit dem Fazit "Puh". Und diese Situation hatte ich auf den allerletzten Metern noch zwei weitere Male. Wie auch der Streamer bei dem ich dann auch gespinkst habe. Das ist dann auch kein Zufall wegen Brett vor Kopf sondern schlechtes Design wo man was abfragt was man vorher nicht etabliert. On Top darf dann auch nicht der überlange Bossfight fehlen, der schwer zu lesen ist, wo plötzlich zu viele Sachen gleichzeitig passieren, und wo man nach dem Fail wieder auf Anfang gesetzt wird statt aufgrund der Länge Checkpoints zu spendieren. Ich merke das ist doch ein Haufen Kritik, entsprechend will ich auch nochmal betonen, wenn ich bei einem Spiel bis zu den Credits zocke ist das im Grunde schon ein ziemliches Qualitätsmerkmal. Ich hatte eine super Zeit mit Iconoclasts, es macht einfach nur paar dumme und vermeidbare Dinge wo es sich statt der 9/10 irgendwie selbst ohne Not in die Eier tritt. Dennoch würde ich das Game empfehlen, unterm Strich macht es so viele Dinge derart gut dass diese Stärken die Ecken und Kanten überkompensieren. Und für Steam gibt es die Nummer in Keyshops für 2 Euro, wer da als 16-Bit-Freund keinen Blick riskiert ist mit dem Klammerbeutel gepudert ;) |
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