Thema:
FIFA, Barbie, Kulturkampf und woke Konzerne flat
Autor: lovecraft
Datum:28.07.23 15:17
Antwort auf:Die Gaming-Laberecke 2: Jetzt erst recht! von phaxy

Ich spiele gerne FIFA von EA und treibe mich deshalb auch öfters in den zugehörigen Foren herum. Es geht speziell um den Modus „Ultimate Team“, bei dem man sich aus Spielern und Ex-Spielern aller Welt eine Mannschaft zusammenstellt und online damit antritt.
Seit EA vor ein paar Wochen angekündigt hat, dass es ab dem neuen Teil, der Ende September erscheint, auch Frauen in Ultimate-Team geben wird, geht ein Aufschrei durch die Community. Neben der Tatsache, dass überhaupt Frauen vertreten sein werden, ist offensichtlich eine der großen Ängste dabei, dass die Frauen im Spiel von den Werten her mit den Männern mithalten könnten, also im Spiel gleichberechtigt sind. Die Kommentare schäumen vor Wut. Was man dabei so liest, ist teilweise richtig übel und macht mich wütend und traurig. Ich bin vielleicht naiv, aber ich dachte, unsere Gesellschaft wäre doch schon ein Stück weiter. Da werden Frauen zurück an den Herd gewünscht und die Programmierer von EA entweder „klassisch“ beschimpft oder aber als queer und woke bezeichnet, was in diesem Fall diffamierend gemeint ist. Allein das stimmt schon bedenklich, dass diese für mich positiv konnotierten Begriffe von gewissen Kreisen abwertend verstanden und gebraucht werden. Wir befinden uns da gesellschaftlich anscheinend tatsächlich in einem Kulturkampf, der offensichtlich leider tiefer geht, als ich bisher dachte.
Wie gesagt, richtig ekelhaft, was da so an Kommentaren abgelassen wird.
Viele wollen das Spiel nun boykottieren. Wegen den Frauen, die dann dabei sind. Echt jetzt?
Ich feiere das, dass EA Frauen so offensiv in Ultimate-Team implementiert und von den Werten her gleichberechtigt werden, damit sie auch spielbar sind. Sonst würden eh alle nur mit den männlichen Spielfiguren spielen, wenn diese die besseren Attribute haben. Ich kenne mich ehrlich gesagt nicht so gut im Frauenfussball aus, freue mich aber darauf, durch das Spiel nun die Spielerinnen und weiblichen Ex-Stars kennenzulernen. Vielleicht hilft das ja auch ein Stück weit dabei, Frauenfussball bekannter zu machen.
Natürlich macht EA das in erster Linie nicht, um gesellschaftlich etwas zu bewegen, sondern da werden auch Profitgründe dahinterstecken, z.B. die Erschließung neuer Käuferschichten. Auch der genannte Aufschrei und dass die Medien vielleicht vermehrt berichten, ist dabei wahrscheinlich Kalkulation. Trotzdem reche ich EA diesen Schritt hoch an, vor allem, dass sie das so offensiv und konsequent umsetzen und auch die Wut der Konservativen in Kauf nehmen. Dass die Spieler mit dem Thema Gleichberechtigung konfrontiert werden, finde ich wichtig und begrüßenswert. Nicht zuletzt auch, weil ich eine 12-jährige Tochter habe, und mir deshalb auch vermehrt Gedanken darüber mache, in was für einer Gesellschaft sie lebt bzw. in Zukunft leben wird.
Dank meiner Tochter habe ich übrigens neulich auch den Barbiefilm sehen dürfen. Und der hat mich total positiv überrascht, da er so woke, feministisch und damit gesellschaftskritisch ist. Und sich Mattel nebenbei noch gehörig selber aufs Korn nimmt. Auch wegen des Barbiefilms geht ein Aufschrei durch konservative Medien, und die Nutzerbewertung bei Google beträgt gerade mal 2,5. Viele Leute wollen diese gesellschaftskritische Message nicht, fühlen sich durch den Film offenbar angegriffen und aus der Komfortzone geholt.
Ich bin stolz, dass meine Tochter den Film verstanden und gut gefunden hat. Sie guckt mir auch bei Fifa manchmal über die Schulter, und ich bin mir sicher, wenn es Frauen im Spiel gibt, wird sie das noch viel mehr tun.
FIFA (bzw. EA FC, wie es ja beim nächsten Teil heißen wird) von EA und der Barbiefilm von Warner bzw. Mattel sind da also meiner Meinung nach auf dem gleichen Dampfer. Ist das ein neuer (meiner Meinung nach positiver!) Trend, das große Konzerne offensive gesellschaftliche Wokeness (positiv gemeint!!) betreiben? Ist der Aufschrei dabei einkalkuliert? Was haben die Konzerne davon? Medienrummel und Aufmerksamkeit? Prestige? - Ich habe diese Fragen weiter oben ja bereits für mich beantwortet, aber ist euch das auch aufgefallen? Wie seht und bewertet ihr das? Oder interpretiere ich da zu viel hinein?
Würde mich freuen, wenn hier eine kleine Diskussion zu dem Thema in Gang kommen würde, weil mich das momentan sehr beschäftigt und mich die Reaktionen teils sehr erschrecken.


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