Thema:
Final Fantasy VII flat
Autor: Leviathan
Datum:07.08.22 11:40
Antwort auf:Mein allerliebstes Lieblingsspiel aller Zeiten von Leviathan

Es ist 1997. Der 11-jährige Levi muss seit Kurzem nicht mehr die Playstation seines Bruders in Beschlag nehmen, die ohnehin nur noch auf dem Kopf liegend halbwegs zuverlässig Lebenszeichen von sich gibt. Neben den Lucasarts-Adventures war Zelda: Link’s Awakening sein absolutes Lieblingsspiel und permanent war er auf der Suche nach ähnlichen Spielen für den Game Boy. Mystic Quest sah so ähnlich aus, aber gekauft hat er’s dann doch nie. Plötzlich ist da dieses Final Fantasy. Der siebte Teil? WTF? Hier ein bisschen Hype in Maniac, Fun und Mega Games, da tolle Previews. Das muss ihm doch gefallen! Geld war knapp, also muss die Videothek-Version als Dauerleihgabe her.

Er ahnte ja nicht, was ihm bevorstand.

Final Fantasy VII war nicht nur mit riesigem Abstand das längste Spiel, das ich bis zum damaligen Zeitpunkt gespielt. Ich weiß gar nicht mehr so genau, was ich damals alles begriffen und vor allem nicht begriffen habe, da ich über die Jahre sicherlich mehr als zehn Durchgänge gemacht habe, aber da ist echt ne Menge hängengeblieben und hat viel bewirkt.

Wie das Spiel schon beginnt! Video! Zack! Blumenmädchen! Zack! Kamerafahrt! Zoom raus! Zoom rein! Ein Zug! Aufs Maul! Bin ich jetzt im Spiel? Das hat, glaube ich, damals echt hart reingehauen. Drei Schritte gelaufen, erster Kampf. Die Musik! Was mach ich hier? Angriff? Angriff! Magie? EIS! Keine Ahnung, was passiert, aber sie sind weg. Bin ich EX-Soldat*? Der bärige Mann will was von mir. Wer ist er? Egal, weiter. Kampf. Kampf. Kampf.

Der Einstieg von FFVII gehört für mich immer noch zu dem Besten, was die Spielelandschaft zu bieten hat. Perfektes Pacing, in 25 bis 30 Minuten ist man durch und man bekommt schon ne Menge Basics vermittelt, mit denen selbst blutjunge JRPGs-Noobs wie ich damals etwas anfangen können. Im direkten Vergleich ist da die Bombenmission im Remake schon wieder viel zu lang geraten. Warum ich hier gerade irgendeinen Reaktor in die Luft gejagt habe, wusste ich damals wohl nicht, aber war ja auch ein Videospiel. Da fliegt ja dauernd irgendwas grundlos in die Luft. Ob mir damals wirklich bewusst war, dass das hier gerade der Beginn von etwas ganz Großem war? Ich bezweifle es.

Überhaupt: Ich würde so gerne nochmal in den Kopf des Levi vor 25 Jahren zurückreisen und schauen, was da eigentlich gerade so passiert. Wie hab ich damals eigentlich den zu Beginn recht unsympathischen Cloud wahrgenommen? Hat mich das Öko-Thema berührt? Mochte ich lieber Tifa oder Aeris (bestimmt Tifa!). Vom Tode Aeris‘ war ich wahrscheinlich nicht mehr so geschockt, da ich mir einen Guide [https://i.imgur.com/zn0ReGt.png] gekauft hatte und auch permanent drin rumgeblättert hatte. Erinnere mich auch, dass ich bei meinen Großeltern am Küchentisch saß und das Teil dabei hatte und dort die Tabellen der Waffen und Materien studiert habe. Ganz gerafft habe ich das Level-Materia-AP-System aber wohl nicht, da ich definitiv noch weiß, dass ich im Temple of the Ancients an diesem blöden Wandmonster verzweifelte, während ich mit Clouds Nagel-Baseballschläger auf ihn draufkloppte. Ob mich die Tipps und Übersichten im Lösungsbuch weiterbrachten? Ich weiß es nicht.

Warum ich das nun alles schreibe? Ich habe zuletzt das Remake in nem Story-Run mit Trainer gespielt und hatte im Anschluss gleich Bock, das Original nochmal zu spielen. Also mich mal umgesehen, was es so an Mods gibt (s. Emulation-/Mod-Thread) und ständig in 1h-Portionen gespielt – und währenddessen Sport gemacht. Das hat dann auch dafür gesorgt, dass ich mich tatsächlich drauf gefreut habe, denn FFVII hatte mich wieder bei den Eiern. Aber so richtig!

Durchs halbwegs regelmäßige Spielen über all die Jahre, waren die Erinnerungen auch immer noch ziemlich frisch und es funktioniert immer noch so viel, obwohl das ja damals ne ziemliche Experimentier-Phase für die Entwickler war – CD-Rom, Cutscenes, 32-Bit-Superpower! Ich habe da insgesamt sehr wenig zu mäkeln. Die Story ist auch für heutige JRPG-Maßstäbe immer noch sehr gut und wirkliche Länge existieren kaum bis gar nicht. Stattdessen darf man immer wieder die offene Welt erkunden und sich austoben. Zusätzlich ist das Spiel mit so viel optionalen Content gefüllt, dass es einem nicht langweilig wird. Chocobo-Rennen, Chocobo-Züchten, etliche Minigames, versteckte Cutscenes, U-Boot, Luftschiff. Ich war hin und weg.

Diese vermeintlich zusammengewürfelte Truppe ist ziemlich perfekt zusammengesetzt. Alle verfolgen zwar ein gemeinsames Ziel, aber aus völlig verschiedenen Gründen. Cloud auf der Suche nach sich selbst; Barrett, weil Shinra sein Heimatdorf zerstört hat; Tifa als Mitläuferin; Aeris als Cetra; Cait Sith, weil er als Reeve bei Shinra kein Gehör findet, … Und auch wenn ich ohnehin immer nur mit Cloud, Tifa und Aeris/Barrett unterwegs war, finde ich die Szenen in der großen Truppe echt schön.

UND DIE MUSIK!!! Ansich war das damals schon ziemlich schlimmes Gedudel, nachdem man sich schon fast an Audio-Tracks gewöhnt hatte, aber die Melodien sind beinahe durch die Bank fantastisch. Tifa’s Theme, Aeris‘ Theme, Shinra, Chocobo, Jenova und der finale Bossfight! Alter Schwede! Ich bin echt froh, dass da bis heute immer mal wieder was erscheint. Orchester-Versionen, Remixe, alles. Und mein Rumgepfeife- und Rumgesumme zuhause.

Anyway: Als ich damals durch war, musste ich’s gleich meinen Eltern im Wohnzimmer erzählen. Ich habe ein Videospiel um die 50 Stunden lang gespielt, mit viel Text, also quasi wie Lesen! Es hat sie nicht allzu stark interessiert, aber ich war mächtig stolz. Nicht, dass ich sonst nix gelesen hätte, aber das war irgendeine neue (und geile) Form, die letztlich dazu geführt hat, dass JRPGs zu meinem Lieblingsgenre wurde. Final Fantasys nachgeholt, über 100 Stunden in Dragon Warrior VII gesteckt (und im Anschluss viele weitere durchgespielt), Suikoden, Chrono Trigger/Cross, Xenogears, Suikoden, …. Ich hab alles aufgesaugt und find’s echt schade, dass das Genre seit der PS2 eigentlich nur noch sporadisch richtig gute Genrevertreter hatte.

Nichts, wirklich gar nichts, hat mich auch bei diesem Run genervt und da ist mir klar geworden: Es ist mein allerliebstes Lieblingsspiel.


*Damals habe ich in einer Deutsch-Klassenarbeit, als es tatsächlich um einen ehemaligen Soldaten ging, „Ex-Soldat“ geschrieben und es wurde rot angestrichen. Ich war fassungslos!


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