Thema:
Nach all dem Hype und positiven Stimmen hab ich ... flat
Autor: tHE rEAL bRONCO 2ND
Datum:28.05.18 12:39
Antwort auf:Wonder Woman (Film) - Trailer von odst-soldier

... den Film nun auch gesehen. Lief gestern auf Sky und ich dachte ich nehme den einfach mal mit. Der ein oder andere weiß vielleicht, dass ich keine Comic-Verfilmungen mag aber da selbst ein sehr guter Freund von mir Wonder Woman "als guten Film jenseits der Comic-Verfilmungswelle" bezeichnet und mir empfohlen hat, wollte ich mir den Film dann einfach mal ansehen. Und "gratis" via Sky ist ja kein Beinbruch :-)

Nachfolgend folgen wahllose Spoiler, als nicht weiterlesen falls das stört.

Ich hab mir vorher extra selbst gesagt: Schau ihn dir ohne Vorurteile an, ohne die innere Abneigung gegenüber dem Marvel-Zeug (ja, hab im Vorspann gesehen dass Wonder Woman von DC ist - für mich ist das aber dasselbe). Gegenüber dem Charakter der Wonder Woman hatte ich auch kein Ressentiment wie bei Captain America oder Superman, die ich einfach scheiße finde und mir die Filme mit denen schon alleine dadurch kaum gefallen können. Ich hatte nicht mal ein Bild vom Charakter im Kopf, nach dem Film habe ich nach Wonder Woman gegoogelt und finde Gal Gadot IST Wonder Woman - das Casting war hier perfekt.

Nun denn, was soll ich sagen? Wonder Woman ist echt kein schlechter Film. Aber auch kein besonders guter, ehrlich gesagt. In meiner Welt eine klassische 5/10, morgen wieder vergessen aber ich habe es nicht bereut ihn gesehen zu haben. Und ich bin nicht eingeschlafen, da mich der Film (abgesehen vom letzten Drittel, +/-) unterhalten konnte. Das liegt vor allem an den stellenweise ruhigen Szenen und dem doch recht frischen Setting. Ich denke ohne dem Finale hätte Wonder Woman in meiner Wahrnehmung sogar besser abgeschnitten, leider driftet der Film nach dem Tod von Chris Pine genau in jene Richtung ab, die ich in Comic-Verfilmungen so verachte: 08/15-Action in Farbe und bunt, mit viel CGI, Krachbumm und null Sinn für Ästhetik und einem befriedigenden Pay-off. Das ist sehr schade, weil vorher doch ziemlich viel richtig gemacht wurde.

Nachdem der Anfang etwas holprig war, hat mir vor allem der Mittelteil gut gefallen. Wie Wonder Woman durch die Kriegsszenerie stapft, ziemlich planlos und naiv, mit Chris Pine und der Sekretärin im Schlepptau, war stellenweise wegen der Absurdität schon ziemlich witzig. Grundsätzlich muss ich die Kamerarbeit loben: Die Einstellungen und Umsetzung einiger kreativer Ideen waren auf einem hohen Niveau. Auch die Bildsprache war phasenweise (für einen Blockbuster) eine erfrischende Wohltat. Dass Gal Gadot überzeugt habe ich ja schon geschrieben, sie passt in diese Welt und verkörpert die kraftvolle Amazone sehr überzeugend. Das hat mich bei der Stange gehalten (nein ihr Ferkel, nicht wie ihr denkt!), denn die restlichen Darsteller fallen da ein wenig ab. Allen voran fand ich Chris Pine blass, als Captain Kirk war er viel besser aber unterm Strich halte ich ihn für keinen allzu talentierten Schaupspieler. Auch die Sidekicks waren zwar nett, abgesehen von ein paar Onelinern wurden die Charaktere im Laufe der Geschichte zu wenig aufgebaut. Man sieht sie am Anfang und am Ende auf dem alten Foto (das sich Wonder Woman ansieht) aber der emotionale Impact bleibt aus.

Dass Robin Wright gleich nach 20 Minuten das Zeitliche segnet war aber der Startschuss zum guten Teil des Films. Ich gebe zu: Das war subjektiv, da ich die Schauspielerin einfach nicht mag. Wahrscheinlich bin ich wegen House of Cards vorbelastet :-)

Ich habe es danach auch größtenteils geschafft, die für mich zu absurde und Comic-hafte Geschichte auszublenden. Irgendwelche Krieger des Weltkrieges fliegen durch ein Portal auf die Amazonen-Insel? Okay. Später scheint es keinen wirklich zu stören was die gute Dame alles kann, da wird inszenatorisch eher Showing denn Telling bevorzugt. Ist ja alles gut, ein Independence Day etwa besticht ja auch nicht durch ausgefeilte Dialoge aber mir war das alles etwas zu beliebig. Ein paar euphorische Jubel-Posen hier, ein paar fragende Gesichter da, ein überraschter Chris Pine zu Beginn. Viel mehr habe ich da nicht wahrgenommen. Wonder Woman wird als Amazone einfach hingenommen, gerade in dem Setting hätte da man mehr machen können. Sie geht mit dem Schwert durch London? Lustig, haha. Eine Modenschau in der sie sich über die Klamotten der weltlichen Damen lustig macht? Nett. Aber über diese Küchenpsychologie geht der Film leider nie hinaus ("Everything it takes to save the world is ... love!" WAAAHHH), selbst die Nebencharaktere hauen im Gespräch selten mehr als nur ein paar Floskeln raus. Gerade weil sich der Film stellenweise um Tiefgang bemüht, ist das besonders schade. Aber gut, wir reden hier immer noch von einem Blockbuster, also geschenkt.

Der Film spielt zur Zeit des ersten Weltkrieges aber der fälschlicherweise für Ares gehaltene Bösewicht mitsamt Dr. Poison wirken in diesem Setting zu Comic-haft, die deutliche Nazi-Ästhetik der beiden war ... hmm ... überraschend. Ich möchte da keine Diskussion über historisch akkurate Fakten in Blockbuster-Filmen lostreten. Ich hätte mir sowas nur eher in einem Wolfenstein-Spiel um Frau Engel erwartet, ehrlich gesagt. Aber gut, das ist nur mein Empfinden.

Überrascht war ich auch über die stellenweise schwachen Production Values: Stellenweise war das wie ein Videospiel. Ich hatte in manchen Kämpfen (z.B. Wonder Woman gegen den richtigen Ares) das Gefühl, dass mich selbst das aktuelle God of War visuell mehr vom Hocker haut. Dadurch wirkt der Film stellenweise wie Billo-TV, gegenüber den teils ernsten Stellen war da für mich ein Bruch zu erkennen. Apropos Billo-TV: In meinem Gedächtnis habe ich mich oft an Xena erinnert gefüllt, und auch "Anleihen" aus anderen Filmen/Serien waren überdeutlich ("Der Soldat James Ryan", um ein Beispiel zu nennen). Nur halt nicht so gut wie die offensichtlichen Inspirationsquellen. Dadurch habe ich einen eigenständigen Charakter des Films vermisst.

Und zum Ende schreibe ich lieber nichts. Jo mei, wem es gefällt. Ich kann sowas einfach nicht mehr sehen.

Das klingt alles viel negativer als es eigentlich ist. Wonder Woman kann man sich durchaus ansehen, durchaus eine der besseren Comic-Verfilmungen. Ich habe es nicht bereut.


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